Sechs Gründe, warum chinesische Aktien wiederkommen werden
Ein Traumstart sieht anders aus: Das neue Jahr begann mit einem Mini-Crash. Der Grund für die Kursstürze an den Börsen weltweit lag erneut in China. Der DAX verlor einen Großteil seiner Vorjahresgewinne, in New York war die Stimmung unter den Anlegern gedrückt. Steven Bell, Chef-Ökonom bei BMO Global Asset Management, beeindruckt das nicht: „Trotz eines schlechten Auftakts dürfte China die Pessimisten 2016 überraschen!“ Warum? Lesen Sie hier weiter!
Ein Traumstart sieht anders aus: Das neue Jahr begann mit einem Mini-Crash. Der Grund für die Kursstürze an den Börsen weltweit lag erneut in China, wo die Veröffentlichung schwacher Industriedaten den Aktienmarkt in Shanghai einbrechen ließ. Der DAX verlor einen Großteil seiner Vorjahresgewinne, und auch in New York war die Stimmung unter den Anlegern gedrückt.
Steven Bell, Chef-Ökonom bei BMO Global Asset Management, beeindruckt das nicht. „Trotz eines schlechten Auftakts dürfte China die Pessimisten 2016 überraschen!“ Wir fragten nach. Bell nannte sechs Stzenarien für ein Erstarken der chinesischen Märkte:
1.) Herr Bell, was stimmt Sie hinsichtlich China generell so optimistisch?
Steven Bell: Sowohl die Einzelhandelsumsätze als auch die Sachanlageninvestitionen in China haben sich deutlich von der ausgeprägten Schwächephase Mitte des Jahres 2015 erholt. Diese Entwicklung spiegelt die umfassenden geldpolitischen Anreize wider, deren Auswirkungen 2016 noch deutlicher spürbar sein werden als bisher.
Keine Frage, China steht vor bedeutenden wirtschaftlichen Herausforderungen: Die Trendwachstumsrate ist zurückgegangen, die Ein-Kind-Politik hat zu einer erheblichen Alterung der Beschäftigten geführt, und es kam zu einem beunruhigenden Zuwachs der Kredite, von denen der Großteil in verlustbringende staatliche Unternehmen sowie in eine exzessive Immobilienentwicklung in Sekundär- und Tertiärstädten geflossen ist. Diese Probleme sind jedoch hinlänglich bekannt. Und da die meisten Prognosen pessimistisch ausfallen, rechnen wir damit, dass Chinas Konjunkturdaten in 2016 viele Marktbeobachter positiv überraschen werden.
2.) Wie hängen China und die Märkte im Rest der Welt zusammen?
Bell: Einkaufsmanagerindizes sind die besten Echtzeit-Konjunkturindikatoren, und die weisen darauf hin, dass die Weltwirtschaft langsam an Fahrt gewinnt. Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank sorgt für erhebliche Impulse in Europa. Die Zeit des fiskalpolitischen Sparkurses ist vorüber, und die negativen Auswirkungen der Krise in der Eurozone schwächen sich ab. Die US-Wirtschaft dürfte nach wie vor langsam, aber stetig wachsen: Die Lage der Verbraucher in den USA ist gut, die Fiskalpolitik ist expansiv, und der Wohnungsmarkt gewinnt an Fahrt.
Die Zinserhöhung der Fed und die Stärke des US-Dollar sorgen zwar für Gegenwind, die zugrunde liegenden Fundamentaldaten in den USA bleiben jedoch positiv. Die Schwellenmärkte außerhalb Chinas stehen weiterhin vor Herausforderungen. Allerdings weist die Arithmetik darauf hin, dass das weltweite BIP im Jahr 2016 um fast drei Prozent wachsen wird.
3.) Die Schwäche im verarbeitenden Gewerbe beunruhigt Sie nicht?
Bell: Eine solch breite Kluft zwischen dem verarbeitenden Gewerbe und dem Dienstleistungssektor ist außerhalb von Rezessionsphasen in der Tat überaus selten zu beobachten. Auch wir sind zugegebenermaßen von diesem Phänomen verblüfft. Jedoch sind wir der Ansicht, dass die Erklärung hierfür in China zu finden ist, denn hier führte die Kombination aus einer deutlichen Wachstumsverlangsamung und einem Anstieg in der Wertschöpfungskette zu einer Verlagerung der Produktion ins Ausland.
4.) Exakt vor einem Jahr begann die Talfahrt der Rohstoffpreise. Was erwartet die Anleger 2016?
Bell: Ein ordentliches globales Wachstum, ein Aufschwung im verarbeitenden Gewerbe und niedrige Preise werden die Nachfrage nach Rohstoffen erheblich steigern. Wenn sich das Angebot schließlich langsam verringert, werden die Rohstoffpreise deutlich anziehen. Insbesondere Eisenerz wirkt überverkauft, Öl ist derzeit jedoch so entscheidend wie alle anderen Rohstoffe zusammengenommen, und auch hier steigt die Nachfrage, während nun ein Rückgang des Angebots einsetzt. Ein Problem ist es jedoch, dass die Ölvorratsbestände überaus hoch sind und die Preise vor einer Erholung zunächst noch einmal weiter fallen könnten. Nichtsdestotrotz gehen wir davon aus, dass der Ölpreis in einem Jahr bei rund 60 US-Dollar pro Barrel liegen wird.
5.) Wie profitieren die Aktienmärkte von dieser Entwicklung?
Bell: Seit Anfang 2013 eilen die Aktienkurse den Gewinnen voraus. Dies schien sinnvoll, da zahlreiche Krisen zunehmend in den Hintergrund rückten, während die Geldpolitik in Europa und Japan gelockert und in den USA an der expansiven Politik festgehalten wurde. Allerdings ist eine weitere Aufwertung unwahrscheinlich. Die Bruttogewinne in den USA haben ihren Höhepunkt schon überschritten. Das spiegelt zwar zum Teil die Stärke des Dollars wider, ist jedoch in dieser Phase des Zyklus, in der die Gehälter tendenziell steigen und die Unternehmen Investitionen für eine Kapazitätsausweitung tätigen müssen, auch üblich.
Im Gegensatz dazu ist der Zyklus in Europa noch nicht so weit fortgeschritten und die Währung bringt positive Auswirkungen mit sich. Am japanischen Arbeitsmarkt herrscht eine geringe Überkapazität, wobei jedoch der stärkere Fokus auf dem Shareholder-Value einen bedeutenden Pluspunkt darstellt. Japan zählte zu den wenigen Märkten, die im Jahr 2015 mit ihren Gewinnen positiv überraschen konnten – ein Trend, der sich unserer Ansicht nach fortsetzen.
6.) Welche Chancen bieten sich in China für Anleger nach dem aktuellen Crash?
Bell: Trotz des schlechten Jahresauftakts könnten die H-Aktienmärkte Chinas im Jahr 2016 die besten Ergebnisse erzielen. Wir haben bereits auf den Konjunkturaufschwung hingewiesen. Die jüngsten Daten deuten darauf hin, dass sich dieser Aufschwung durch Gewinne im Industriesektor niederschlägt. Diese konnten Ende 2015 gegenüber dem Vergleichszeitraum einen massiven Zuwachs verzeichnen. Ausländische Verkäufe führten zu einer Untergewichtung und der Offshore-H-Aktienmarkt weist gegenüber dem Festland-Markt einen kräftigen Abschlag auf. Der Markt leidet derzeit zwar unter der Schwächephase der chinesischen Währung, aber so wurden auch Kaufgelegenheiten geschaffen.
China ist sicherlich kein Markt für zaghafte Anleger, denn er ist geprägt von Risiken und hoher Volatilität. Allerdings handelt es sich hierbei um den einzigen Markt, der realistische Aussichten auf eine Rendite von rund 20 Prozent bietet. Gewinne sollten jedoch mitgenommen werden: Wir rechnen nicht mit einer langfristigen Hausse für China.