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Commerzbank: Ist die Talfahrt noch zu stoppen?

Folgen auf sieben magere jetzt sieben fette Jahre? Nach gewaltigen Kurseinbrüchen und Missmanagement im Unternehmen scheint die Commerzbank nun den Turnaround geschafft zu haben – sogar eine Dividende ist wieder im Gespräch. Trotzdem sind Anleger bislang zögerlich, und auch die hohen Kosten werfen Fragen auf.

BÖRSE am Sonntag

Folgen auf sieben magere jetzt sieben fette Jahre? Nach gewaltigen Kurseinbrüchen und Missmanagement im Unternehmen scheint die Commerzbank nun den Turnaround geschafft zu haben – sogar eine Dividende ist wieder im Gespräch. Trotzdem sind Anleger bislang zögerlich, und auch die hohen Kosten werfen Fragen auf.

Die Commerzbank ist wieder da. Jahrelang war die zweitgrößte deutsche Bank mit einer Marktkapitalisierung von derzeit 14,6 Milliarden Euro so etwas wie die Desasteraktie des DAX. Während der Finanzkrise im Gefolge der Insolvenz von Lehman Brothers hatte die Commerzbank ums nackte Überleben zu kämpfen, die Aktien sind seit Mai 2007 in sieben „mageren“ Jahren um mehr als 90 Prozent eingebrochen. Um die Bank mit Hauptsitz in Frankfurt in der Finanzkrise zu stützen, musste sogar der Staat eingreifen. Bis heute ist die öffentliche Hand mit rund 15 Prozent der Unternehmensanteile Großaktionär. Auch die von Anlegern immer wieder neu erhofften Kurssteigerungen, von denen viele Unternehmen konjunkturell bedingt profitieren konnten, blieben weitgehend aus. Die Aktie dümpelt seit Jahren dahin. Gute Nachrichten blieben eine Rarität.

Dies scheint sich mit den in dieser Woche vorgelegten Quartalszahlen geändert zu haben. Die Commerzbank konnte ihr operatives Ergebnis im ersten Halbjahr auf 1,07 Milliarden Euro steigern. Im ersten Halbjahr 2014 waren es nur 581 Millionen – die Commerzbank konnte binnen eines Jahres das Ergebnis fast verdoppeln. Der Vorstandsvorsitzende Martin Blessing blickt mit Zufriedenheit auf seine Geschäftsentwicklung: „Das deutlich gestiegene operative Ergebnis im ersten Halbjahr ist ein klarer Beleg für den erfolgreichen Turnaround der Commerzbank.“ Auch Analysten der US-Investmentbank Morgan Stanley testieren positiv: „Das zweite Quartal hat die allmähliche Rehabilitierung der infolge der Finanzkrise teilverstaatlichten Bank untermauert“, schrieb Analyst Huw van Steenis in einer am Mittwoch veröffentlichten Studie. Er stützt sich dabei auch auf die Zahlen für den Nachsteuer-Gewinn des ersten Halbjahres.

Der beträgt 646 Millionen Euro, und er konnte im Vergleich zum Vorjahr – da waren es 300 Millionen – mehr als verdoppelt werden. Die Rendite liegt aktuell bei 55 Cent pro Aktie. Besonders bemerkenswert ist der Erfolg im Privatkundengeschäft, denn trotz der niedrigen Zinsen steigerte dieses Segment seinen operativen Gewinn um fast die Hälfte, auf 171 Millionen. Vor allem das boomenden Baufinanzierungsgeschäft ließ die Gewinne steigen. Auch die offensive Werbekampagne im Privatkundensektor trägt offenbar Früchte, denn im abgelaufenen Quartal ist die Kundenzahl der Commerzbank um 68.000 gestiegen. Seit Ende 2012 hat die Bank sogar 666.000 neue Kunden gewonnen und zielt bis Ende 2016 eine Zahl von mehr als 300.000 weiteren Neukunden an. Vor allem der Mittelstand bleibt bei der Commerzbank eine solide Ertragsquelle. In diesem Bereich wuchs der operative Gewinn um neun Prozent auf 294 Millionen.

Für gute Presse sorgt nun die Ankündigung von Vorstandschef Martin Blessing, im laufenden Geschäftsjahr wieder eine Dividende zu zahlen. Wegen der Finanzkrise und der daraus folgenden Teilverstaatlichung mussten die Aktionäre seit 2008 auf jegliche Barausschüttung verzichten. Das soll sich noch im laufenden Jahr ändern: „Für das Geschäftsjahr 2015 planen wir eine Dividende zu zahlen und wollen dafür quartalsweise entsprechende Rückstellungen bilden. Ob es am Ende reichen wird, müssen wir abwarten“, erklärte Blessing. Um das ambitionierte Ziel zu erreichen, wurden im ersten Halbjahr 125 Millionen Euro für die Dividende reserviert.

Die aktuellen Zahlen der Commerzbank lassen bereits einige Analysten jubeln – aber nicht alle. Überzeugt von den Quartalszahlen haben Analysten der französischen Großbank Société Générale die Commerzbank auf „Buy“ eingestuft. Das von ihnen für realistische gehaltene Kursziel liegt bei 17 Euro und damit weit über den momentanen Kurs von knapp zwölf Euro. Die Französische Investmentbank BNP Paribas hingegen hat das Kursziel der Commerzbank auf 13,50 Euro gesenkt und die Einstufung auf „neutral“ belassen. Es sei zwar aufgrund des zufriedenstellenden Kapitalaufbaues eine Kurssteigerung wahrscheinlich, der Analyst Guillaume Tiberghien wies allerdings auf Bilanzrisiken hin. Und ein solches Bilanzrisiko hat sich offenbar prompt aufgetan. Das große Unternehmen Imtech, das im Bereich der technischen Gebäuderichtung tätig ist, meldete Insolvenz an. Banken gewähren dem Unternehmen keine Kredite mehr, das Unternehmen ist pleite – alleine der Wert des Commerzbank-Anteils an Imtech soll um mehr als 50 Millionen Euro im Wert gefallen sein. Solche versteckten Risiken sind für Anleger undurchsichtig und bilden einen großen Unsicherheitsfaktor bei dem Kauf der Aktie.

Es gibt aber noch weitere Baustellen im Unternehmen. So zum Beispiel die hohen Kosten. Die Analysten des Düsseldorfer Bankhaus Lampe, die das Kursziel bei 14 Euro einstufen und somit eine positive Entwicklung prognostizieren, beschreiben die Jahreskostenprognose als enttäuschend. Und richtig: Das Unternehmen wird das vorgegebene Ziel der Ausgaben von unter sieben Milliarden Euro wohl im Gesamtjahr nicht erreichen. Die erstmals fällige Europäische Bankenabgabe von rund 170 Millionen belastet die Bank zusätzlich. Der fundamental gute Weg der Commerzbank spiegelt sich daher auch in dem Aktienkurs nur bedingt wieder – die Aktie konnte in den letzten drei Monaten keine Kursgewinne verbuchen. Zwar konnte das Papier im vergangenen Jahr ein Plus von 13 Prozent erzielen, war damit aber in einem guten Aktienjahr nur halb so erfolgreich wie der Durchschnitt des DAX.

Auch das Missmanagement vergangener Jahre in Form von Altlasten machen dem Unternehmen noch immer zu schaffen – allerdings wird erkennbar an der Bewältigung dieser Lasten gearbeitet. So schaffte es das Geldhaus, Immobilienkredite im Wert von 2,9 Milliarden loszuwerden. Auch risikoreiche Wertpapiere im Bereich der Schiffsfinanzierung von insgesamt 1,8 Milliarden Euro verkaufte die Bank. Der in Vergangenheit viel kritisierte Vorstandsvorsitzende Martin Blessing, der die Commerzbank mitten in der Finanz- und Bankenkrise übernahm, scheint wieder fester im Sessel zu sitzen. Nach den Informationen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, die sich auf „Aufsichtsratskreise“ beruft, soll ihm ein neuer Vertrag angeboten werden. Sein laufender Kontrakt läuft noch gut ein Jahr bis Oktober 2016. Nach turbulenten Jahren soll in das Unternehmen wieder Ruhe und Kontinuität einkehren.

Die Commerzbank hat spätestens mit den aktuellen Quartalszahlen gezeigt, dass sie wieder konkurrenzfähig ist und wichtige Weichen für die Zukunft gestellt hat. Um das Anlegervertrauen zurückzugewinnen, ist es aber noch ein langer Weg. Die biblischen sieben fetten Jahre müssen hart erarbeitet werden. Derzeit jedenfalls kriecht die Commerzbankaktie noch wie eine Raupe langsam voran. Bis sie wieder zum leuchtenden Börsenschmetterling wird, muss noch einiges passieren.

VAL

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