Der helle Stern am deutschen Autohimmel
Daimler eilt derzeit in Höchstgeschwindigkeit von Erfolg zu Erfolg. Die jüngsten Quartalszahlen untermauern die wilde Jagd der Stuttgarter über die internationale Überholspur der hartumkämpften Automobilwelt eindrucksvoll. Daimler will auch künftig mit seiner Modelloffensive begeistern und tüftelt neuerdings sogar an einem selbstfahrenden LKW. Spannend wird zudem, wie sich der China-Crash auswirkt.
Daimler eilt derzeit in Höchstgeschwindigkeit von Erfolg zu Erfolg. Die jüngsten Quartalszahlen untermauern die wilde Jagd der Stuttgarter über die internationale Überholspur der hartumkämpften Automobilwelt eindrucksvoll. Daimler will auch künftig mit seiner Modelloffensive begeistern und tüftelt neuerdings sogar an einem selbstfahrenden LKW. Spannend wird zudem, wie sich der China-Crash auswirkt.
Absatzrekord! So lautete die freudige Botschaft aus dem Hause Daimler bei der Präsentation der Zahlen zum zweiten Quartal. Dank dieser Bestleistung in der Sparte Mercedes-Benz Cars, die auf einen Zuwachs von 20 Prozent auf 500.700 verkaufte Fahrzeuge in den Monaten April bis Juni zurückblickt, steigerte Daimler seinen Gesamtumsatz um 19 Prozent auf 37,5 Milliarden Euro. Dabei gelang es dem Stuttgarter Traditionskonzern, sein Ergebnis um satte 54 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro nach oben zu schieben. Besonders erfreut zeigte man sich bei dem Unternehmen mit dem legendären Stern über die signifikant verbesserte Umsatzrendite, die mit 10,5 Prozent den Vorjahreswert von 7,9 Prozent klar in den Schatten stellen konnte. Somit liegt Daimler nun auch hinsichtlich dieser viel beachteten Kennzahl auf dem Niveau der beiden Erzrivalen BMW und Audi. Besonders großen Anteil an dem Margensprung haben neben der neuen C-Klasse und der erweiterten Kompaktwagenklasse auch die zuletzt eingeleiteten Effizienzmaßnahmen.
Angesichts dieser Zahlen scheint Daimler aktuell kaum zu bremsen. Die Modelloffensive schlägt voll ein. Während die Autos mit dem Stern in den vergangenen Jahren im Vergleich zu den Fahrzeugen von BMW und Audi lange Zeit als eher alt und bieder galten, hat sich das grundlegend geändert. Die Mercedes-Pkw und –SUV stehen wieder für Innovation und Zukunft. Auch dieses Jahr feuert Daimler mit der zweiten Generation der GLK-Reihe oder mit den neuen C-Klasse-Coupés wieder aus allen Rohren. Vielversprechend dürfte auch der Marktstart der neuen A-Klasse im September werden. Des Weiteren sollen im Herbst zwei weitere SUV-Modelle den Absatz ins Rollen bringen. Zusätzliche Impulse erwarten sich die Schwaben auch von den neuen smart-Modellen, die in ihren Preiskategorien für Furore sorgen sollen. Aber auch bei den Trucks und Vans sind Absatzsteigerungen zu erwarten, sodass das Rekordjahr 2014 schon bald getoppt werden könnte. Langfristig sorgt die Vision eines selbstfahrenden LKW für Spannung bei Daimler. Schon in zwei bis drei Jahren könnte diese Phantasie bereits Serienreife erlangen. Bis dahin müssen aber noch einige rechtliche Hürden übersprungen sowie ausreichend Testfahrten durchgeführt werden. Daimler geht davon aus, dass die Genehmigung zum Testen von autonomen LKW bereits in wenigen Wochen erteilt werden wird, sodass die deutschen Autobahnen schon sehr bald in den Genuss dieser Innovation kommen könnten.
Trotz dieser glänzenden Aussichten reagierten die Anleger an der Börse zuletzt eher vorsichtig, wenn es um Daimler-Papiere ging. Vielen nahmen ihre Gewinne nach der starken Entwicklung der vergangenen Monate und Jahre mit, andere blicken skeptisch in die Zukunft, weil sie Angst vor einer Ausweitung des China-Crashs haben, der insbesondere die deutsche Automobilbranche hart treffen könnte. Bereits jetzt ist zu erkennen, dass nach vielen Jahren der zweistelligen Wachstumsraten ein deutlicher Abschwung einkehrt. Auch das Premiumsegment, in dem Daimler aktiv ist, betrifft diese Entwicklung. Im ersten Halbjahr 2015 verzeichnete es nur noch ein Wachstum von drei Prozent, was angesichts einer Steigerung von 26 Prozent im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres alarmierend erscheint. Dennoch bleibt Daimler gelassen und geht davon aus, weiterhin deutlich mehr als 300.000 Autos im Gesamtjahr im Reich der Mitte verkaufen zu können. „Sofern sich die Börsenlandschaft bald wieder stabilisiert, gehe ich davon aus, dass das nur einen vorübergehenden Effekt und keine dauerhafte Wirkung auf den chinesischen Automobilmarkt haben wird“, erklärt Daimlers China-Chef Hubert Troska. Allerdings steht derzeit noch in den Sternen, ob, wann und in welchem Umfang diese Stabilisierung vonstatten gehen wird.
Und genau diese Ungewissheit wirkt sich aktuell lähmend auf den Kurs der Daimler-Aktie aus. Trotz des leichten Abwärtstrends der vergangenen Wochen zeigt sich das Papier momentan relativ stabil, und notiert bei einem Wert von rund 80 Euro. Falls die Aktie in den kommenden Tagen wieder anzieht und die 83-Euro Marke erreicht, könnte sich seit Juni eine Bodenbildung vollziehen. Im weiteren Verlauf wäre eine Erholung mit dem Ziel 86 Euro zu erwarten, was eine Bodenbildung vollendet könnte. Ziel wäre dann das bisherige Jahreshoch von knapp 96 Euro verbunden mit der Chance auf eine Fortsetzung des langfristigen Aufwärtstrends. Sehr optimistisch sehen die Analysten der US-Investmentbank Goldman Sachs die Zukunft des Daimler-Papiers. Sie führen das schwäbische Traditionsunternehmen auf ihrer berühmten Conviction Buy List und trauen der Aktie sogar ein Kursziel von 113 Euro zu. Falls diese Prognose tatsächlich eintritt, dürfte es so manch feucht-fröhliche Feierlichkeit bei Daimler geben. Die Frage, wer sich beim Alkohol zurückhalten muss, könnte dann folgendermaßen beantwortet werden: Keiner. Die neuen LKW können ja ohne Fahrer auskommen, der Innovation bei Daimler sei Dank.
WIM