Daimler-Aktie sinkt trotz Rekordgewinnen
Daimler fährt einen Rekordgewinn ein. Die Zahlen sind mehr als eine Genugtuung für Dieter Zetsche. Mit der S-Klasse überholte der Vorstandschef BMW und Audi – und das nächste Spitzenmodell steht in den Startlöchern. Nur die Aktie sinkt seit etwa acht Wochen ständig, ja, sie lag zuletzt unter 60 Euro. Warum nur?

Daimler fährt einen Rekordgewinn ein. Die Zahlen sind mehr als eine Genugtuung für Dieter Zetsche. Mit der S-Klasse überholte der Vorstandschef BMW und Audi – und das nächste Spitzenmodell steht in den Startlöchern. Nur die Aktie sinkt seit etwa acht Wochen ständig, ja, sie lag zeitweise unter 60 Euro.
Der Stuttgarter Autobauer mit dem guten Stern, der sich auf so manchem Hochhaus oder Hauptbahnhof dreht, hat im vergangenen Jahr einen Rekordgewinn eingefahren. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) stieg 2015 gegenüber dem Vorjahr um 36 Prozent auf 13,8 Milliarden Euro, wie der Autobauer am Donnerstag mitteilte. Der Konzernumsatz stieg um 15 Prozent auf 149,5 Milliarden Euro.
„2015 war ein gutes Jahr für Daimler“, zog Vorstandschef Dieter Zetsche Bilanz. Daimler habe erneut Bestwerte bei Absatz, Umsatz und Ergebnis erreicht. Das Unternehmen schnitt damit in etwa so ab wie von Analysten erwartet: Von Reuters befragte Experten hatten ein bereinigtes Ebit von 13,8 Milliarden Euro bei einem Umsatz von 147,6 Milliarden Euro vorhergesagt.
Das Nettoergebnis schoss um fast ein Viertel auf 8,9 Milliarden Euro in die Höhe. Daraus will Daimler eine Dividende von 3,25 (Vorjahr: 2,45) Euro je Aktie zahlen. Die Rendite im Pkw-Geschäft war 2015 erstmals seit Jahren wieder zweistellig. Im laufenden Geschäft verdiente Mercedes-Benz operativ glatte zehn Prozent vom Umsatz und erreichte damit seine Zielmarke.
Die guten Zahlen sind ein Mix aus vielen günstigen Faktoren: Der niedrige Ölpreis und die gut laufende Autokonjunktur in den USA und Europa sind ein Grund. Dass der schwache Euro den Export von Autos in den Dollarraum besonders attraktiv macht, treibt die Rendite zusätzlich. Hinzu kommt der günstige Modellzyklus bei Mercedes.
S-Klasse macht das Rennen
Die seit 2013 eingeführte neue S-Klasse hatte es bis Ende 2015 nur mit Auslaufmodellen bei BMW und Audi zu tun und konnte so den Markt voll abschöpfen. An jeder verkaufter S-Klasse, so schätzt man in der Branche, bleiben bei Daimler bis zu 30.000 Euro im Ergebnis hängen. Auch wenn die S-Klasse in diesem Jahr mit dem neuen Siebener aus München mehr Gegenwind bekommen dürfte, bleibt Mercedes seinen Wettbewerbern überlegen. Denn die in Detroit vorgestellte neue E-Klasse dürfte 2016 die Konkurrenzmodelle aus Ingolstadt und München auch im Bereich der Dienstwagen-Limousinen ausstechen.
Es läuft eigentlich gut bei Daimler. Das gilt auch für das Geschäft mit Lastwagen: Die Konjunktur in den USA läuft weiter rund, in Europa zieht das Geschäft wieder an. Die herben Einbrüche der Verkäufe in Brasilien und Russland konnte Lkw-Chef Wolfgang Bernhard somit ausgleichen und kommt somit seinen Ertragszielen immer näher.
Nach dem starken Wachstum 2015 wird Daimler für dieses Jahr aber etwas vorsichtiger. Der operative Konzerngewinn soll 2016 nur noch leicht steigen. Nach der Lesart von Daimler bedeutet das ein Plus von 2,5 bis zehn Prozent. „Alles deutet darauf hin, dass 2016 ein weiteres gutes Jahr für Daimler wird“, sagte Zetsche. „Aber Erfolge muss man sich immer wieder neu erarbeiten.“ Ein Grund für die leiseren Töne ist der inzwischen größte Einzelmarkt für Daimlers Pkw-Geschäft China. Nach einem Absatzplus von 41 Prozent dank neuer Modelle werde die Wachstumsrate in der Volksrepublik in diesem Jahr moderater ausfallen. Ist es das? Ist ein „weiteres gutes Jahr" den Anlegern nicht genug? Dämpft eine Mixtur aus China-Sorgen, schwächelnden Schwellenländermärkten, EU-Konjunkturängsten und den indirekten Schockwellen des Wolfsburger Dieselgate die Daimler-Aktie? Könnte sein.
Anleger sollten dies trotz der eigentlich doch wunderbaren Daimler-Zahlen, die die aktie eigentlich zu einem glasklaren Kauf machen, immer im Hinterkopf behalten. Der operative Konzerngewinn soll zudem nach dem sprunghaften Anstieg um 36 Prozent auf 13,8 Milliarden Euro in diesem Jahr nur noch leicht steigen. Der vorsichtige Ausblick Daimlers hat bei Anlegern jedenafalls für lange Gesichter gesorgt. Die Aktien fielen in der Spitze um 5,4 Prozent auf 59,54 Euro und waren größter Verlierer im Leitindex Dax. Sie notierten damit auf dem niedrigsten Stand seit mehr als fünfzehn Monaten. sig / mit Material vom Handelsblatt / fas / rtr / dpa