DAX 476 Punkte im Minus – weltweiter Crash?
In China stürzen die Börsen in den Keller, in den USA gab es einen deutlich Drei-Prozent-Rücksetzer. In Frankreich verlor der CAC 40 ebenfalls 4,5 Prozent. Der Schweizer SMI musste ein Minus von 3,9 Prozent hinnehmen. Der griechische ASE General krachte 5,9 Prozent ins Negative. In Frankfurt war der Xetra-DAX satte 4,7 Prozent ins Minus: 9.648,43 Punkte war der Endstand. Wie geht es weiter an den Börsen?
Die Furcht vor einer deutlichen Abkühlung der chinesischen Wirtschaft den Dax am Montag deutlich unter die psychologisch wichtige Marke von 10.000 Punkten gedrückt. Der Deutsche Aktienindex musste gleicht zur Eröffnung massive Verluste hinnehmen. 4,7 Prozent notierte der Dax tiefer. Nachbörslich wurden die Verluste des Leitindex etwas eingedämmt. Unter dem Einfluss der sich vorüberhend fangenden US-Märkte, die zunächst auch sechs Prozent im Minus gestartet waren, stieg er auf knapp 9.900 Punkte, was aber immer noch ein deutliches Minus von 2,2 Prozent bedeutet. Der schlechteste DAX-Wert war einmal mehr RWE.
Zur Besonnenheit mahnt Carsten Roemheld, Kapitalmarktstratege bei Fidelity Worldwide Investment: „Die Schwankungen an den Aktienmärkten dürften zunehmen – ehrlich gesagt waren sie in den vergangen zwölf Monaten auch fast zu niedrig." Solange die US-Wirtschaft stabil bleibe, würde die Welt aber wohl kaum nicht in eine Rezession rutschen. „Was wir sehen, ist eine Korrektur und nicht der Start eines Bärenmarkts.Für den Kurssturz am chinesischen Markt sind mehrere Faktoren verantwortlich. Einerseits mehren sich die Zeichen für eine Wachstumsabkühlung."
Für die chinesische Volkswirtschaft analysiert Roemheld: „Etliche Indikatoren wie der Autoabsatz, Stromverbrauch und Einkaufsmanagerindex bewegen sich im negativen Terrain. Andere Indikatoren wie die Einzelhandelsumsätze und die Kreditvergabe wachsen langsamer. Auch der Reformmotor ist ins Stottern geraten. Beim Umbau der Staatsbetriebe scheint der Eifer der Privatisierung und für mehr Wettbewerb zu erlahmen und einer Konsolidierung von Wirtschaftszweigen Platz zu machen." Als dem Herzstück der Reform solle den Marktkräften eine größere Rolle zugebilligt werden: „Diesen Grundsatz scheint man in den letzten Wochen fallen zu lassen zugunsten verstärkter Eingriffe in den Markt. Trotzdem gehe ich davon aus, dass wir es in China mit einer Abkühlung und nicht mit einem Einbruch zu tun haben."
Doch der Strudel wird stärker. Die Shanghaier Börse hat den schlimmsten Einbruch seit acht Jahren erlebt. Der wichtige Shanghai Composite Index verlor am Montag um 8,5 Prozent auf 3209 Punkte. Auch der kleinere Shenzhen Component Index fiel um 7,8 Prozent auf 10.970 Punkte. Der ChiNext für Technologiewerte, der dem Nasdaq in den USA ähnelt, verlor 8,1 Prozent auf 2152 Punkte. Die Verluste wurden anscheinend nur durch die Notbremsregelung limitiert, nach der einzelne Werte nicht mehr als zehn Prozent pro Tag fallen dürfen. Nach Berechnungen der Nachrichtenagentur Reuters waren 80 Prozent der Aktien in Schanghai und Shenzen bis auf das Limit gefallen. Viele Werte wurden vom Handel ausgesetzt.
Der China-Crash wirkt sich auch auf die Prognosen zum möglichen Zeitpunkt der Fed-Leitzinsanhebung aus. Börsianer rechnen vereinzelt nun, dass die Zinswende frühestens im Dezember oder sogar erst 2016 eingeleitet werden könnte. Der Euro steigt um 0,9 Prozent auf 1,1486 Dollar. Die Logik hinter der Dollar-Schwäche sei klar, schreibt Commerzbank-Analystin Esther Reichelt in einem Kommentar. „Die Risiken in China und die dadurch ausgelösten Turbulenzen an den Finanzmärkten sollten die Fed dazu bringen, einen Zinsschritt im September zu verschieben.“
Deutsche Werte unter Druck
Hierzulande geriet vor allem der TecDax unter die Räder. Am Montag musste der Technologieindex zeitweise Verluste in Höhe von knapp fünf Prozent hinnehmen. Zuletzt notierte er 3,6 Prozent schwächer. Der MDax rutschte drei Prozent ins Minus. Der MSCI-Index asiatischer Märkte außerhalb Japans verlor knapp fünf Prozent. In Tokio schloss der 225 Werte umfassende Nikkei -Index 4,6 Prozent niedriger bei 18.540 Punkten. Das ist der größte Tagesverlust seit Juni 2013. Der breiter gefasste Topix verlor 5,86 Prozent auf 1480 Zähler. Mit dem Dax im Abwärtssog sind jetzt im übrigen die Jahrestiefststände unter 9.500 Punkten nicht mehr weit.
Am Freitag hatte der wichtigste US-Index, der Dow Jones bereits 3,1 Prozent abgegeben und schloss auf 16.459 Punkten. Der breiter gefasste S&P-500 war 3,2 Prozent auf 1.970 Zähler eingebrochen. Damit fiel das Marktbarometer erstmals seit dem 2. Februar unter die psychologisch wichtige Marke von .2000 Punkten. Für den S&P-500-Index war es der größte Rückgang an einem Tag seit knapp vier Jahren. Belastend könnte sich am Montag auch der wieder festere Euro auf den Dax auswirken. Die Gemeinschaftswährung kletterte bis auf ein Sechseinhalb-Monats-Hoch von 1,1497 Dollar
Düstere Prognosen für China
Die Stimmung im einstigen Wachstumstreiber der Volksrepublik ist im August auf den tiefsten Stand seit der Finanzkrise im Jahre 2009 gefallen. Mit 47,1 Punkten lag der Wert auf dem tiefsten Stand seit März 2009, wie das Wirtschaftsmagazin „Caixin“ auf Grundlage einer vorläufigen Schätzung mitteilte. Im Juli lag der wichtige Konjunkturindikator für die Industrie nach endgültigen Zahlen noch bei 47,8 Punkten. Ein Wert unter 50 Punkten zeigt ein Schrumpfen der Industrie an.
Der Rückgang der Industrie ist, so scheint es, von der Pekinger Führung gewollt. Peking will weniger auf Schwerindustrie und dafür stärker auf den Dienstleistungssektor setzen. Die Umwandlung ist im vollen Gange. Der Indikator für den Dienstleistungssektor lag mit einem Wert von 53,8 Punkten auf dem höchsten Wert seit elf Monaten. Das heißt, Chinas Industrie schrumpft, aber der Dienstleistungssektor wächst. Handelsblatt / rtr / seu