100-Tage-Bilanz: DAX 2017 mit überraschendem Champion
Die ersten 100 Tage des Jahres 2017 sorgen für einige Überraschungen im DAX. BMW und Daimler verlieren, VW schwächelt. Die lange gedrückte Lufthansa-Aktie fliegt dagegen in lange nicht gesehen Höhen und gewinnt 21,4 Prozent,bärenstark präsentiert sich auch der Anteilsschein des Sportartikelherstellers Adidas. Mit einem Kursgewinn in Höhe von 29,5 Prozent seit Jahresbeginn führt die Aktie des sehr bodenständigen rheinisch-westfälischen Energieversorgers RWE den deutschen Leitindex an.

Die ersten 100 Tage des Jahres 2017 sorgen für einige Überraschungen im DAX. BMW und Daimler verlieren, VW schwächelt. Die lange gedrückte Lufthansa-Aktie fliegt dagegen in lange nicht gesehen Höhen und gewinnt 21,4 Prozent,bärenstark präsentiert sich auch der Anteilsschein des Sportartikelherstellers Adidas. Mit einem Kursgewinn in Höhe von 29,5 Prozent seit Jahresbeginn führt die Aktie des sehr bodenständigen rheinisch-westfälischen Energieversorgers RWE den deutschen Leitindex an.
Für den deutschen Leitindex hat das Jahr 2017 angenehm begonnen. Um gut fünf Prozent ging es für das Aktienbarometer nach oben. Innerhalb der ersten 100 Tage des Jahres weisen zudem 21 Werte eine positive Entwicklung auf, nur neun eine negative. Und deren Verluste halten sich mehrheitlich in Grenzen, bewegen sich größtenteils in einem Bereich von gerade einmal ein bis zwei Prozentpunkten. Dennoch klafft im Jahresvergleich bereits jetzt eine ordentliche Lücke zwischen den am besten und am schlechtesten performenden Titeln, was deren Kurszuwachs beziehungsweise Kursverlust angeht.
So eilt die Adidas-Aktie von Rekordhoch zu Rekordhoch, die Lufthansa fliegt auch am Aktienmarkt wieder und der Energieversorger RWE erahnt allmählich Licht am Ende eines wohl immer noch langen Tunnels. Genau einen Tunnel hinein könnten dagegen die deutschen Autobauer fahren. Ein amerikanischer Präsident, der Freihandelsabkommen kündigen und Strafzölle für ausländische Firmen einführen möchte, eine schwächelnde Weltwirtschaft und Rekordabsatzzahlen vom kalifornischen E-Auto-Konkurrent Tesla - dieser Cocktail an Neuigkeiten ist nicht unbedingt stimulierend. Hinzu kommt der Brexit, dessen Folgen immer noch wenig vorhersehbar erscheinen, für den deutschen Autobauer aber sicher nicht übermäßig positiv ausfallen werden.
Der Motor stottert
Trotzdem verwundert es ein wenig, dass gerade BMW und Daimler mit einem Minus von acht und sechs Prozent die Negativliste anführen. Schließlich waren die beiden Fahrzeugproduzenten aus München und Stuttgart im vergangenen Jahr die weltweit profitabelsten Hersteller. Dementsprechend stimmten eigentlich auch Umsatz und Rendite. Das erste Quartal 2017 war für Daimler gar das Beste aller Zeiten. Im Vergleich zum Vorjahresquartal steigerten die Schwaben ihr Ebit um 86 Prozent von 2,1 auf knapp über 4 Milliarden Euro. In China läuft das Geschäft zudem glänzend. Und auch die frisch auf den Markt gekommene E-Klasse greift. Doch es steht ein Minus von zwei Prozent für Daimler zu Buche. Anleger mögen das nicht.
Ähnlich gut sieht es bei der Münchner Konkurrenz aus. 2016 war für die Autobauer von BMW mal wieder ein Rekordjahr. Der Gewinn stieg um acht Prozent auf 6,9 Milliarden Euro. Beim Umsatz legte die Premiummarke um 2,2 Prozent zu. Auf 94,2 Milliarden Euro ging es nach oben. In diesem Jahr erscheint außerdem der neue 5er, der die Absatzzahlen in die Höhe treiben dürfte. Wieso nur greifen da die Anleger nicht zu? Weil sich bei genauerem Hinsehen Schwächen zeigen. Die Rendite des bayerischen Konzerns ist 2016 um 0,3 Prozent gesunken. Auch das Ebit war gefallen. BMW drohen desweiteren Streiks in Großbritannien, da man dort unter anderem bei der Altersvorsorge sparen möchte.
Analysten fahren sehr vorsichtig
Michael Punzet von der DZ-Bank sieht die Münchner aber eigentlich gut aufgestellt, um weiter Wachstum zu generieren. Bis 2018 will BMW zirka 40 neue Modelle auf den Markt bringen. Ein ehrgeiziger Plan, doch auch ein gefährlicher. Zeigen die neuen Modelle Wirkung? Lohnen sich die hohen Investitionen? Fragen, auf die es noch keine Antworten gibt. Und genau das mochten Anleger noch nie besonders gerne. Nicht vergessen werden darf zudem, dass es sich bei Aktien aus der Automobilbranche traditionell um konjunkturabhängige Titel handelt. Und vielleicht sind es so gerade diese Aktien, die zeigen, dass in der Realwirtschaft bei weitem nicht alles so rosig ist, wie der Aktienmarkt es derzeit darstellt.
Auch scheint der Dieselskandal um Volkswagen ein schlechtes Bild auf die gesamte deutsche Automobilindustrie geworfen zu haben. So haben in der Folge wohl auch deren Aktien an Momentum verloren. Das mediale Tamtam um Tesla, deren Erfolg und Innovationen, die gern als bahnbrechend und zukunftsweisend bezeichnet werden, lässt die deutschen Premiumhersteller alt und unattraktiv aussehen, ohne dass sie es wirklich sind. Passend dazu weißt mit einem Minus von 3,5 Prozent auch die VW-Aktie eine vergleichsweise schlechte Perfomance für das bisherige Jahr 2017 auf.
Energie-Dino kann wieder voRWEggehen
Mehr als attraktiv war in den ersten Monaten des Jahres dagegen das Papier des Energieversorgers RWE. Mit einem Kursgewinn von 29,5 Prozent stieg dessen Aktie auf 15,70 Euro. Anfang Dezember lag der Kurs noch bei 11,20 Euro. Seitdem ging es steil nach oben und der seit Juli 2016 bestehende Abwärtstrend konnte eindrucksvoll gestoppt werden. Mitverantwortlich dafür waren unter anderem eine positive Erhöhung des Gewinnziels für 2017 von 0,8 Milliarden auf eine Milliarde oder sogar vielleicht 1,3 Milliarden Euro. Der Atomkompromiss mit der Bundesregierung und das Tochterunternehmen Innogy, das im europäischen Energiesektor vergleichsweise gute Zahlen aufweisen konnte, halfen zusätzlich.
Geht es nach Stephan Wulf, Analyst bei der Investmentbank Oddo Seydler, könnte der Kurs noch weiter steigen. Die Strompreise dürften sich positiv entwickeln , was vor allem Innogy stärken würde, so Seydler. Und der französische Versorger war im vergangenen Jahr immerhin für knapp 80 Prozent des operativen Ergebnisses von RWE verantwortlich. Ein nachhaltiger Ausbruch erscheint bei den immer noch massiven Problemen hinsichtlich des Atomausstiegs und des Strompreisverfalls, aber fraglich. Immerhin stand 2016 ein Verlust von 5,7 Milliarden Euro zu Buche. Hinzu kommt, dass das RWE-Papier schon im Juli 2016 daran gescheitert war, die 16 Euro-Marke zu überqueren und genau an dieser Linie hängt der Kurs jetzt wieder fest. Die 250-Tage-Volatilität mit einem Wert von 36,37 verspricht dazu eher starke Schwankungen als eine nachhaltige Erholung.
Einen Anstieg der Dividende wird es indes in naher Zukunft nicht geben. Immerhin will der Konzern die 0,50 Cent pro Aktie ab 2017 über die kommenden Jahre konstant halten. „Durch unsere erfolgreiche Neuaufstellung und massive Kosteneinsparungen haben wir die Weichen dafür gestellt, im nächsten und in den folgenden Jahren wieder verlässlich eine Dividende zahlen zu können.“, sagte Finanzvorstand Markus Krebber. Zunächst einmal aber, muss man im Juli diesen Jahres eine stolze Summe von 6,8 Milliarden Euro in den staatlichen Atomfonds einzahlen. Dafür übernimmt der Staat die Haftung für den Atomausstieg.
Der Kranich auf Steigflug
RWE auf den Fersen, was die bisher beste Performance 2017 anbelangt, ist die ebenfalls lange Zeit leidgeplagte Aktie der deutschen Lufthansa, der nach Umsatz größten europäischen Fluglinie. Über 20 Prozentpunkte legte ihr Kurs seit einem Tief Mitte Januar schon zu, die drei Prozent Kursverlust zum Ultimo vor dem Osterfest haben den Aufwärtstrend nicht gebrochen. Über den Zeitraum der letzten sechs Monate trug die Börsen-Thermik den Kranich sogar mehr als 60 Prozent nach oben. Damit kletterte der Kurs der Aktie von 9,10 Euro pro Anteilsschein im Oktober letzten Jahres auf inzwischen 15,20 Euro. Ein durch Sondereffekte aufgemotzter Rekordgewinn, steigende Passagierzahlen durch den Brussel-Airlines Zukauf und vor allem die Einigung im Tarifstreit mit den Piloten um höhere Löhne und die Betriebsrenten wirkten wie Schübe aus dem Düsentriebwerk und trieben den Kurs in ungeahnte Höhen.
Wie auch beim Energiekonzern RWE sind die Probleme der Airline aber nicht von der Hand zu weisen, womit sich der Start ins Jahr 2017 zwar schön anhört, aber für eine Kaufempfehlung lange nicht ausreicht. Zum einen ist der Konzernumsatz 2016 im Vergleich zum Vorjahr um 1,2 Prozent auf 31,7 Milliarden Euro gesunken. Bei den beförderten Passagieren musste man zudem 2016 den ersten Platz räumen und an die irische Billigfluglinie Ryanair abgeben. Zum anderen erwartet die Kranich-Airline für das aktuelle Jahr einen leicht sinkenden operativen Gewinn, was in erster Linie an den steigenden Treibstoffkosten liegen dürfte. Ebenso könnte sich der Wettbewerb zwischen den Fluggesellschaften untereinander erhöhen, meint DZ-Bank Analyst Dirk Schlamp.
Die Marke mit den drei Kondensstreifen
Ebenfalls deutlich mehr Spaß macht da die Adidas-Aktie. „Creating the New“ lautet der Name des strategischen Geschäftsplans bis 2020, den das Unternehmen im März 2015 vorgestellt hatte. Seitdem haben sie im fränkischen Herzogenaurach ziemlich viel kreiert. Unter anderem einen Hype auf die eigene Aktie, die sich von 2014 bis heute in ihrem Wert verdreifacht hat, sowohl 2015 und 2016 der beste Anteilsschein des DAX war und nun auch in diesem Jahr mit einer Wertsteigerung von 17,3 Prozent immerhin auf Platz drei liegt. Und Europas größter Sportartikelhersteller tut sein Bestes den Hype am Laufen zu halten. Im vergangenen Jahr lieferte Adidas mit knapp über einer Milliarde Euro einen Rekord-Gewinn ab. Ebenso stieg der Umsatz um 18 Prozent auf ein neues Rekord-Niveau von 19,3 Milliarden Euro.
Und dann durfte Vorstandsvorsitzender Kasper Rorsted auch noch die Anhebung der eigenen Ziele bis 2020 verkünden. „Unsere Resultate für das Geschäftsjahr 2016 und unser positiver Ausblick auf 2017 beweisen, dass unsere Strategie greift. Wir liegen nach dem ersten vollständigen Geschäftsjahr, das im Rahmen von „Creating the New“ umgesetzt wurde, über unserem ursprünglichen Plan“, freut sich der Däne, der schon beim Konsumgütergigant Henkel über Jahre glänzende Arbeit geleistet hatte, ehe ihn Adidas im Herbst 2016 nach Herzogenaurach holte. Nun hätte man zusätzliche Maßnahmen entwickelt, welche die Umsetzung von „Creating the New“ beschleunigen und es erlauben, die „für 2020 angestrebten Ziele deutlich zu erhöhen“, so Rorsted weiter. In Zahlen drückt sich das wie folgt aus: Der Gewinn soll bereits in diesem Jahr auf über 1,2 Milliarden Euro steigen. Bis 2020 dann sollen Umsatz und Gewinn um zehn bis zwölf Prozent und 20 bis 22 Prozent anwachsen.
Einen großen Teil zum Erfolgsmärchen mit drei Streifen beitragen soll der Onlinehandel. 2016 hatte man mit diesem eine Milliarde Euro erwirtschaftet, 2020 soll es das Vierfache sein. Der optimistische Geschäftsausblick, die zunehmende Beliebtheit der Marke Adidas, eine immer bessere Positionierung auf dem US-Markt, ein florierender Onlinehandel und bei Industrie 4.0 vorn dabei. Bereits im Herbst will Adidas mit der Fertigung von Schuhen aus 3D-Druckern beginnen. Das hört sich nicht nur gut an, das ist gut. Im Kurs scheint viel von dem schon enthalten, womit sich das Warten auf einen Rücksetzer anbietet. Grundsätzlich dürfte die Adidas-Aktie aber ein gern gesehener Gast in jedem Depot sein.
Eine Dividendenrendite von einem Prozent untermauert die Attraktivität des Adidas-Papiers zusätzlich.
Derweil liegt das KGV bei fast 30. Kein besonders niedriger Wert, bei den erwartenden Gewinnsteigerungen wohl aber noch kein Grund, die Finger von Adidas zu lassen. Auch die meisten Analysten sehen weiter Potential nach oben. So hob die Deutsche Bank erst kürzlich ihr Kursziel auf 200 Euro an. Adrian Rott, dort analyst, rechnet mit einem guten ersten Quartal für den Konzern. Die Marke mit den drei Streifen dürfte unter anderem bei den Marktanteilen weiter zugelegt haben, so prognostiziert er. Doch Anleger, die bei Adidas nocht einsteigen wollen, sollten trotzdem die schnellen Treter schnüren. Jeder Hype ist schließlich irgendwann vorbei. OG