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Kein neues Nest: Larry stürzt ab

Donnerstag platzte die Bombe. Gleich mehreren Kaufinteressenten sind bei Twitter abgesprungen. Das hat die Aktie mit knapp 20 Prozent zum Wochenschluss tief ins Minus gestürzt. Nun ist wohl nur noch ein möglicher Käufer übrig, und es ist eher ein struppiger Geselle. Doch Larry braucht offenbar sehr dringend ein neues Nest; Twitter will die Sache schnell zum Abschluss bringen.

BÖRSE am Sonntag

Donnerstag platzte die Bombe. Gleich mehreren Kaufinteressenten sind bei Twitter abgesprungen. Das hat die Aktie mit knapp 20 Prozent zum Wochenschluss tief ins Minus gestürzt. Nun ist wohl nur noch ein möglicher Käufer übrig, und es ist eher ein struppiger Geselle. Doch Larry braucht offenbar sehr dringend ein neues Nest; Twitter will die Sache schnell zum Abschluss bringen.

Für Anleger der Twitter-Aktie waren die vergangenen zwei Wochen wie im Rausch. Nach Bekanntwerden der Verkaufsgerüchte schnellte die Aktie nach oben. Über 25 Dollar war das Papier wieder an der New Yorker Börse wert. Das sind knapp 80 Prozent mehr als beim bisherigen Jahrestief Ende April, als die Aktie nach verheerenden Quartalszahlen auf eine Allzeittief von 14 Dollar gefallen war. Bei dem Kurzachrichtendienst für Jederman hakte es derzeit an gleich zwei zentralen zwei Faktoren: Nutzerzahlen und Gewinn.

Twitter konnte in den vergangenen Monaten immer wieder Nutzer hinzugewinnen, mit einem Wachstum von drei Prozent waren die Aktionäre allerdings bei weitem nicht zufrieden. Außerdem fällt es dem Unternehmen immer noch schwer, aus seinem Potential Kapital zu schlagen. Während bei den Platzhirschen Google und Facebook die Werbeeinnahmen sprudeln, machten mögliche Inverstoren aus der bunten, schönen Internetwelt um den blauen Twittervogel Larry lange einen weiten Bogen. Darum freute es die Anleger umso mehr, als vor zwei Wochen brandneue Verkaufsgerüchte die Runde machten.

Kein Bieterwettkampf

Vor allem die lange Liste der Interessenten ließ aufhorchen: Google, Apple, Disney und Salesforce sollten Interesse an dem Kauf haben. Nicht wenige spekulierten daher auf einen Bieterwettkampf, der die Aktie kräftig steigen ließ. Doch gestern gab es dann einen harten Dämpfer für die Aktionäre. Das Techportal re/code berichtete nach Handelsschluss, dass sowohl Apple als auch Google aus dem Rennen ausgeschieden sein. Während Google schlicht das Interesse verloren habe, zitierte Recode eine Quelle bei Apple mit der Aussage: „Twitter sollte seine Hoffnungen nicht zu hoch hängen.“ Zudem wurde aus dem Umfeld des Unternehmens bekannt, dass wohl auch Disney keine Übernahme-Ambitionen hegt.

Als einzig möglicher Investor bleibt damit die E-Commerce-Plattform Salesforce übrig. Und für sie macht eine Übernahme von Twitter durchaus Sinn. Denn CEO Marc Benioff will gerade mit einer neuen Software für künstliche Intelligenz namens „Einstein“ die Vertriebsorganisation der Welt revolutionieren. Dafür braucht das Programm jedoch Daten, aus denen es Vorschläge generieren kann. Doch hier tauchen die Probleme auf: Eine der wichtigsten Quellen für solche Geschäftsdaten, die Plattform LinkedIn mit über 450 Millionen Kontaktkarten von Geschäftsleuten, wurde gerade für 26 Milliarden von Microsoft gekauft. Und der Software-Gigant möchte diese Daten, auch wenn er das bisher abstreitet, voraussichtlich nur für seine eigene Software nutzen, statt sie mit der Konkurrenz wie etwa von Salesforce zu teilen. Daher wäre es für Salesforce wichtig, neue Quellen, wie etwa Twitter, zu erschließen. Nicht umsonst sagte Benioff daher laut dem Wall Street Journal über Twitter, dass es ein „ungeschliffenes Juwel“ sei.

Larry stürzt um 16 Prozent

Allerdings fehlt Salesforce, anders als Apple, Disney oder Google, wohl das nötige Kleingeld. Twitter wird aktuell zwischen 13 und 17 Milliarden Dollar bewertet. Medienberichten zufolge fordert der Aufsichtsrat aber wohl mindestens 30 Milliarden für einen Verkauf. Dabei wird Salesforce gerade einmal selbst mit rund 48 Milliarden an der Börse gehandelt. Hinzu kommt, wie die Analysten von Mizuho Securities vorrechnen, dass eine Übernahme Twitters rund 25 Prozent der kombinierten Marktkapitalisierung in Höhe von knapp 64 Milliarden Dollar ausradieren könnte. Diese Verluste würden wohl erst nach etwa drei Jahren egalisiert worden sein. Zudem sehen die Analysten keinerlei Synergien bei Kosten und Umsatz. Entsprechend skeptisch sind die Aktionäre von Salesforce.

Daher reagierte die Börse sofort, als der Absprung der Mitbewerber um Twitter bekannt wurde. Das Papier des Kurznachrichtendienstes stürzte in die Tiefe und hängt aktuell mit Minus 16 Prozent bei einem Wert von rund 18,30 Euro. Dazu passt auch ein aktueller Analystenkommentar vom Investmenthaus Susquehanna Financial, dass seine "Neutral"-Einstufung bei einem Kursziel von 15 Dollar erneuerte. Nichtsdestotrotz will Twitter selbst wohl schnell Klarheit schaffen. Noch in dieser Woche will das Unternehmen dem Wall Street Journal zufolge die Übernahmeangebote sondieren. Und die Zeit drängt. Wie ein Insider der Nachrichtenagentur Reuters berichtete, sollen die Gespräche über eine mögliche Übernahme noch vor der Verkündung der aktuellen Quartalszahlen am 27. Oktober abgeschlossen sein. Robin Schenkewitz