DHL und Co. im Weihnachtsstress
Das Jahr neigt sich dem Ende zu, doch für die Logistikdienstleister in Deutschland wird die Weihnachtszeit alles andere als beschaulich und ruhig. Das traditionell hohe Paketaufkommen vor den Feiertagen wird durch den Boom im Online-Handel gestärkt. Der Blick auf die Lieferdienste DHL, Hermes, DPD, GLS und UPS offenbart einen außergewöhnlich harten Konkurrenzkampf – und ungewöhnliche Allianzen.

Das Jahr neigt sich dem Ende zu, doch für die Logistikdienstleister in Deutschland wird die Weihnachtszeit alles andere als beschaulich und ruhig. Das traditionell hohe Paketaufkommen vor den Feiertagen wird durch den Boom im Online-Handel gestärkt. Der Blick auf die Lieferdienste DHL, Hermes, DPD, GLS und UPS offenbart einen außergewöhnlich harten Konkurrenzkampf – und ungewöhnliche Allianzen.
Als Spross der Hamburger Otto Group kennt sich Hermes mit Schwankungen im Geschäft je nach Jahreszeit bestens aus. Der Handels- und Logistikdienstleister hat nun eine Prognose für den Jahresendspurt abgegeben, die alle Rekorde bricht. Während schon 2014 für Hermes alte Bestmarken fielen, sollen es in der diesjährigen Weihnachtszeit noch einmal rund 15 Prozent mehr Sendungen werden als im Vorjahr. In absoluten Zahlen bedeutet das: 36 Millionen Lieferungen. Für derlei Optimismus sorgen zwei wesentliche Faktoren, nämlich die weiter steigende Zahl von Online-Bestellungen bei Amazon, Zalando und Co. sowie das generell positive Geschäftsklima in Deutschland.
Der Handelsverband Deutschland (HDE) rechnet für den weihnachtlichen Online-Handel mit einem ein Volumen von 11,2 Milliarden Euro, das sind ganze zwölf Prozent mehr als noch 2014. Dirk Rahn, Geschäftsführer Operations der Hermes Logistik Gruppe Deutschland, erwartet keine leichte Aufgabe: „Das diesjährige Weihnachtsgeschäft wird für die Paketdienste zu einer der bislang größten Belastungsproben in der Geschichte des deutschen E-Commerce werden. Schließlich entwickeln sich die Paketmengen hierzulande weiterhin nur in eine Richtung – nach oben. Wir erwarten eine Paketflut.“
10.000 Weihnachts-Aushilfen allein bei DHL
Bewältigen wollen die Lieferdienste diese Flut vor allem durch zusätzliche Arbeitskräfte. Hermes stellt für die kritische Zeit von November und Dezember in Zusammenarbeit mit seinen 360 Servicepartnern rund 5.400 Personen ein, den Großteil davon für die Auslieferung. An Spitzentagen sollen insgesamt 12.500 Zusteller pro Tag für das Unternehmen mit dem göttlichen Namensvetter unterwegs sein. Bei DHL, der Tochter der Deutschen Post AG, bewegt man sich in ganz anderen Dimensionen.
Schon im letzten Jahr stieg die Zahl der Aushilfskräfte zu Weihnachten um 10.000 Personen an. Mit Blick auf die genannten Prognosen dürften es 2015 deutlich mehr sein. „Die Zeit vor Weihnachten ist traditionell die Zeit mit den höchsten Paketvolumen des Jahres“, sagte Unternehmenssprecherin Dunja Kuhlmann jüngst dem Handelsblatt. „Im vergangenen Jahr haben wir in der Woche vor dem Heiligen Abend mehr als 7,5 Millionen Sendungen pro Tag bearbeitet.“ 2015 könnten es nach Schätzungen der Post bis zu acht Millionen Lieferungen werden.
Ein besonderes Aufkommen musste die Post auch nach dem Streik im Sommer bearbeiten. Als der Ausstand Anfang Juli endete, mussten ebenfalls etliche Aushilfen eingestellt werden. Ein Sprecher des Konzerns damals in Berlin: "Das ist quasi wie Weihnachten." Doch während die süße Weihnachtszeit auch für die Lieferdienste eine echte Leckerei ist, bleibt vom sommerlichen Streik ein bitterer Nachgeschmack. Wie am vergangenen Montag bekannt wurde, hat die Post nachhaltig Kunden verloren – und zwar an Hermes. Dessen Geschäftsführer Frank Rausch sagte dem Handelsblatt, dass die meisten der 50 Großkunden, die während des wochenlangen Streiks zu Hermes gewechselt hätten, auch geblieben seien. Rausch rechnet für das laufende Geschäftsjahr mit einem Umsatzplus von 15 Prozent und einer Gewinnsteigerung.
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Ein Berührungspunkt der Paket-Schwergewichte hierzulande findet sich aber auch anderswo: Hermes hat gemeinsam mit GLS, das zur britischen Royal Mail gehört, und DPD aus dem Hause der französischen La Poste Gruppe eine Allianz für Paketkästen geschmiedet. Im Zentrum des Konzepts steht das sogenannte „Parcellock System“, das ab Sommer 2016 eingeführt werden soll. Ist der Paketempfänger nicht anzutreffen, kann der Lieferant die Sendung einfach in einem eigens installierten Kasten deponieren. Die Idee ist zwar nicht neu, DHL baut schon seit 2014 Anlagen dieser Art. Der Unterschied: Die Paketkästen der Post-Tochter sind eine geschlossene Lösung, also den eigenen Zulieferern vorbehalten; Hermes, GLS und DPD hingegen wollen ein offenes System schaffen, das jeder Lieferdienst nutzen darf – sogar DHL. Die Post will das Angebot jedoch offenbar ausschlagen und „Parcellock“ boykottieren.
Auch an anderer Stelle verbünden sich deutsche Paketdienstleister, um DHL entgegenzutreten. Nachdem bekannt wurde, dass die Post zum Jahreswechsel erneut das Porto für Standardbriefe anheben will, prüfen mehrere Konkurrenten gemeinsam, „ob wir das Bundeskartellamt gegen eine mögliche Quersubventionierung und Dumpingpraktiken einschalten“, so Boris Winkelmann, Geschäftsführer von DPD, gegenüber der F.A.Z. Der Hintergrund: Briefzustellung und DHL-Paketdienst liefen bei der Post im selben Geschäftsbereich zusammen, sodass die Verwendung von Zusatzeinnahmen schwer nachzuvollziehen sei, so die F.A.Z. Die Post bezeichnet die Vorwürfe hingegen als haltlos.
Eine eher unrühmliche Position nimmt aktuell der US-Lieferdienst UPS ein. Zwar haben die Amerikaner ein eigenes Transportnetz in über 200 Ländern, das in der Größenordnung von DHL liegt. Auch der Gewinn im internationalen Paketgeschäft konnte in den ersten drei Quartalen um über 10 Prozent gesteigert werden. Aber in einer aktuellen Untersuchung des Marktforschungsinstituts „Deutsches Institut für Service-Qualität“ (DISQ) belegt UPS mit Abstand den letzten Platz. Neben den größten Konkurrenten auf dem deutschen Markt (DHL, Hermes, GLS und DPD) steht UPS vor allem mit hohen Preisen, beispielweise bei Lieferungen ins Ausland, schlecht da. In puncto Service hingegen sind die braun gekleideten Lieferkräfte auf Platz zwei, knapp hinter DHL. GLS, Hermes und DPD ernten hier nur ein „Befriedigend“.
Aktien im Auftrieb: Wie viel Potenzial steckt im Weihnachtsgeschäft?
Auch an den Börsen dieser Welt sind einige Paketdienstleister vertreten. DHL rückte am Freitag als Tochter der Deutschen Post AG in den Fokus der US-Investment-Bank Morgan Stanley. Diese senkte das Kursziel der Post-Aktie von 35 auf 34 Euro, beließ die Einstufung jedoch auf „Overweight“. Analystin Penelope Butcher empfiehlt dem Konzern, sich auf das entscheidende DHL-Geschäft zu konzentrieren. Die Post-Aktie stand zum Handelsschluss am Freitag mit einem leichten Plus von 0,46 Prozent bei rund 27 Euro. Auch UPS ist an der Börse im Aufwärtstrend. Seit exakt drei Monaten zeigt der Aktienkurs steil nach oben. Bei einem überzeugenden Weihnachtsgeschäft auch in Deutschland könnte hier noch Potenzial für eine weitere Steigerung vorhanden sein.
Der britische Mutterkonzern von GLS durfte sich zuletzt ebenfalls über ein Plus an der Börse freuen. Nach der Ankündigung der nächsten Halbjahresdividende am vergangenen Freitag verbesserte sich die Aktie der Royal Mail um 2,62 Prozent auf 4,89 britische Pfund. Der Konzern, der erst seit gut zwei Jahren an der Börse notiert ist, beschenkt seine Aktionäre zu Weihnachten mit einer Zwischendividende von sieben Pence – das sind knapp zehn Euro-Cent. Wer seinen Liebsten mehr gönnen möchte, sollte sich bei den Online-Händlern seines Vertrauens umsehen. Die Weihnachtsprognose der Paketdienstleister erfüllt sich schließlich nicht von allein.
Marius Mestermann