Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
>

„The rarest of beasts“: Jeff oder Elon?

Sie revolutionieren ganze Branchen und ihr Hobby sind wiederverwendbare Raketen: Jeff Bezos und Elon Musk gehören zu den wichtigsten Unternehmern der Gegenwart und Zukunft. Jüngst hatten sie beide Grund zum Feiern - Zeit für einen nicht ganz ernst gemeinten Vergleich.

BÖRSE am Sonntag

Sie revolutionieren ganze Branchen und ihr Hobby sind wiederverwendbare Raketen: Jeff Bezos und Elon Musk gehören zu den wichtigsten Unternehmern der Gegenwart und Zukunft. Jüngst hatten sie beide Grund zum Feiern - Zeit für einen nicht ganz ernst gemeinten Vergleich.

„Launch. Land. Repeat“ - es klingt so einfach. Blue Origin zeigt in einem hollywoodreifen Imageclip, dass man eine Rakete nicht nur ins All schießen, sondern auch heil wieder auf die Erde bekommen kann. Die von Amazon-CEO Jeff Bezos gegründete Firma hat große Ambitionen: Sie will es künftigen Weltraumtouristen ermöglichen, in rund 100 Kilometern Höhe einige Minuten Schwerelosigkeit zu erleben - schon in zwei Jahren. Die bisherige Bilanz spricht für die „New Shepard“, die ganz bescheiden nach dem ersten US-amerikanischen Astronauten Alan Shepard benannt wurde. Dreimal wurde das Manöver bereits erfolgreich durchgeführt - mit demselben Gerät. 

Das sind gute Nachrichten für den Mann, der als Hauptbeschäftigung eigentlich den weltweit größten Konzern für Online-Handel führt. Zwischen 2009 und 2015 hat sich der Umsatz von Amazon.com mehr als vervierfacht, heute steht er bei 107 Milliarden Dollar - die Erfolgsstory ist schier unglaublich. Jeff Bezos nutzte jedenfalls den Anlass der ersten „New Shepard“ Landung Ende November 2015, um seinen Twitter-Account zu aktivieren. Sein erster Tweet lautete: „The rarest of beasts - a used rocket. Controlled landing not easy, but done right, can look easy“ - „Das seltenste aller Tiere - eine benutzte Rakete. Kontrollierte Landung ist nicht leicht, aber wenn man es richtig macht, sieht es leicht aus.“

Zoologische Nachhilfe von Elon Musk

Doch Halt: Ein amerikanischer CEO, der über sein Raketen-Hobby twittert? Das gibt es doch schon! Und prompt handelte sich Bezos zoologische Nachhilfe ein - von Elon Musk. Der gebürtige Südafrikaner antwortete: „Not quite "rarest". SpaceX Grasshopper rocket did 6 suborbital flights 3 years ago & is still around“ - „Nicht ganz ‚das seltenste Tier’. Die SpaceX Grasshopper Rakete vollführte vor drei Jahren sechs suborbitale Flüge und es gibt sie immer noch.“ Musks gekonnte Selbstinszenierung kommt gut an. Seinen Rang als Raketenmann will er sich nicht ablaufen lassen. Nicht einmal dann, wenn der „Widersacher“ (laut dem US-Magazin Forbes) zu den fünf reichsten Menschen des Planeten gehört und Jeff Bezos heißt. 

Der Vergleich zwischen Bezos und Musk ist deshalb so interessant, weil beide als Gründer in der Online-Branche ein Vermögen gemacht haben und sich heute als Pioniere und Visionäre präsentieren. Ihre kurzen Twitter-Bios erzählen Erfolgsgeschichten ohne Sätze zu enthalten: „Amazon, Blue Origin, Washington Post“ steht da bei Bezos, „Tesla, SpaceX, SolarCity & PayPal“ bei Musk. Vermutlich spielten beide in ihrer Kindheit mit Miniatur-Spaceshuttles und warteten nur auf das Milliardärsleben, um endlich selbst Raketenbauer sein zu können. Dabei darf man nicht vergessen: Während Bezos laut Forbes viermal so reich ist wie Musk, hat dieser bereits etliche Großaufträge in der Raumfahrt abgestaubt. Die Falcon-Raketen von SpaceX beliefern regelmäßig die internationale Raumstation ISS - Bezos hingegen wartet noch auf sein Debüt mit Blue Origin. 

Männer der Superlative

Selbstverständlich sind SpaceX und Blue Origin nicht die einzigen innovativen Unternehmen, die an wiederverwendbaren Raketen arbeiten. Doch die Tatsache, dass hinter ihnen Bezos und Musk stehen, verschafft nunmal ein Vielfaches an öffentlicher Präsenz. Die beiden US-Amerikaner gefallen sich auch immer wieder darin, neue Produkte selbst zu präsentieren. Während der Amazon Kindle leicht in die Hand von Jeff Bezos passt, fährt Elon Musk gerne seine neuesten Tesla-Modelle auf die Showbühne. Vor kurzem erst präsentierte er den „Tesla 3“ - drei Tage später sind bereits 276.000 Bestellungen eingegangen. Musks Strategie, mit einem vergleichsweise günstigen Elektroauto den Massenmarkt erschließen zu wollen, scheint aufzugehen. Und in seiner gewohnten Art verspricht er seinen 3,68 Millionen Twitter-Followern, im neuen Modell auch „more cowbells“ - mehr Kuhglocken - einzubauen. 

Doch natürlich sind die beiden Amerikaner, für die eigentlich kein Superlativ groß genug ist, auch nicht vor Kritik gefeit. Jeff Bezos muss sich seit Jahren der Vorwürfe erwehren, seine Mitarbeiter schlecht zu behandeln. Amazon ist zum Synonym für fragwürdige Arbeitsbedingungen in Großkonzernen geworden. Elon Musk wiederum muss sich auch die Bezeichnung Großmaul gefallen lassen. Seine Ansprüche wirken oft überheblich oder schlicht unrealistisch, er gilt vielen als Träumer, der noch nicht oft genug abgeliefert hat. Die kommenden Jahre werden für Musk Schicksalsjahre sein - dann stellt sich heraus, ob seine Raketen weiterhin beim Landen explodieren, ob er genug Teslas verkaufen kann um die Branche ernsthaft umzukrempeln oder ob sich seine „Gigafactory“ bewährt. 

Eins steht jedoch jetzt schon fest: Bei Musk ist der eigene Name die wichtigste Marke, bei Bezos ist es die Firma, die er 1994 in einer Garage gründete. Den Namen „Raketenmann“ haben sich trotzdem beide redlich verdient, schließlich eint ein Hobby mehr als jedes Twitter-Scharmützel. Als Fazit erscheint daher ein Unentschieden mit Abstrichen angemessen. Jeff Bezos und Elon Musk sind ohne Frage zwei der bedeutendsten Persönlichkeiten unserer Zeit, was Unternehmergeist, Innovationen und Visionen anbelangt. Fehlt nur noch, dass Musk einen Online-Shop eröffnet und Bezos elektrisch betriebene Autos verkauft - genug Geld für ein weiteres Hobby wäre ja da.

Marius Mestermann