Der Creation/Redemption-Prozess: Von der Erschaffung eines ETFs
Einer der großen Vorzüge von ETFs ist ihre fortlaufende Handelbarkeit während der gesamten Börsenöffnungszeit. Vor allem aber zeichnen sie sich gegenüber aktiv gemanagten Fonds durch ihre günstige Kostenstruktur aus. Eine wichtige Voraussetzung für diese besonderen Qualitäten besteht in der effizienten Abbildung von Indizes durch ETFs im Rahmen des so genannten Creation/Redemption-Prozesses.
Im Zentrum des Creation/Redemption-Prozesses steht der Tausch von Wertpapierkörben gegen ETF-Anteile (“Creation“ engl. Erschaffung) und umgekehrt von Wertpapierkörben gegen ETF-Anteile (“Redemption“ engl. Einlösung). Hierbei spielen autorisierte Marktteilnehmer, nämlich die so genannten Designated Sponsors oder auch Market Maker, eine entscheidende Rolle.
Der kreative Prozess
Um den zugrunde liegenden Index eines ETFs abzubilden, stellt der Designated Sponsor einen Wertpapierkorb zusammen. Idealerweise, d. h. im Falle eines voll replizierenden ETFs, entspricht der Wertpapierkorb dem zugrunde liegenden Index in Anzahl und Gewichtung der Wertpapiere 1:1. Dies kann beispielsweise im Falle eines ETFs auf den DAX ein Aktienkorb aus den 30 Werten des deutschen Leitindex sein. Im Gegenzug erhält der Designated Sponsor von der Fondsgesellschaft ETF-Anteile im Wert des gelieferten Wertpapierkorbs. Dieses Tauschgeschäft stellt somit den Creation-Prozess, die „Erschaffung“ von ETF-Anteilen, dar. Natürlich kann auch der Designated Sponsor umgekehrt die ETF-Anteile an die ETF-Gesellschaft zurückgeben. Hierfür erhält er als Gegenleistung den entsprechenden Wertpapierkorb wieder zurück. Dies ist dann der so genannte Redemption-Prozess, die „Einlösung“ von ETFAnteilen. Diese Geschäfte zwischen ETF-Gesellschaft und Designated Sponsor stellen den so genannten Primärmarkt dar und werden außerhalb der Börse abgewickelt.
Handelbarkeit wird ermöglicht
Erst durch den Creation-Prozess entstehen handelbare Anteile. Dadurch kann der Designated Sponsor die von der ETF-Gesellschaft erworbenen Anteile des Indexfonds an der Börse privaten und institutionellen Anlegern zum Kauf anbieten. In diesem Zusammenhang spricht man in Abgrenzung zum Primärmarkt von der Börse als dem Sekundärmarkt. Von diesem Prozess profitieren alle Beteiligten: Die ETF-Gesellschaft überträgt das Risiko auf den Designated Sponsor und erhält die Möglichkeit, den Index effizient abzubilden. Der Designated Sponsor kann fortlaufend Anteile handeln, und der Anleger kann jederzeit während der Börsenhandelszeiten zu günstigen Konditionen Indexfondsanteile kaufen oder verkaufen. Dabei sollte sich die Nachfragesituation in der Regel nicht auf den Kurs des ETFs auswirken. Nimmt die Nachfrage nach einem börsengehandelten Indexfonds zu, werden neue Anteile kreiert. Dieser Prozess funktioniert genauso bei einem Nachfragerückgang. Damit wird gewährleistet, dass der Fonds nur die Kurse der Wertpapiere in seinem Besitz repräsentiert. Hohe Mittelzu- oder Mittelabflüsse haben also normalerweise keine Auswirkungen auf die Performance des ETF im Vergleich zur Indexentwicklung.
Niedrige Transaktionskosten, enge Spreads
Dem Designated Sponsor entstehen zwar durchaus Transaktionskosten, zum Beispiel für An- und Verkauf der im Index enthaltenen Aktien. Wenn der Designated Sponsor zu einer großen Bank mit eigenen Wertpapierbeständen gehört, kann er aber einen Großteil des Bedarfs aus den eigenen Handelsbüchern decken und muss dafür nicht am Markt als Käufer auftreten. Dadurch werden die Transaktionskosten niedrig gehalten, was wiederum engere Spreads ermöglicht.
Ein weiterer Einflussfaktor auf die Höhe des Spreads liegt in der Liquidität der im Index enthaltenen Aktien. Je geringer die Liquidität ist, desto größer ist das Transaktionsrisiko und umso weiter muss der Spread gestellt werden. Daher ist der Spread bei europäischen Standardaktien deutlich enger als beispielsweise bei Schwellenländeraktien. Bei ETFs auf den DAX oder den EURO STOXX 50 liegt der Spread durchschnittlich bei rund 0,05%, bei Branchen-ETFs meistens bei 0,2% bis 0,5%, und bei ETFs auf exotische Anlageklassen kann der Spread auch durchaus 1% erreichen. Aber selbst dann sind ETFs noch weitaus günstiger als aktiv gemanagte Aktienfonds, deren Ausgabeaufschläge zwischen 3% und 5% liegen.
Fazit
Erst der Creation/Redemption-Prozess ermöglicht eine schlanke und effiziente Aufgabenteilung zwischen der ETF-Gesellschaft und ihren Partnern. Dies ist ein Hauptgrund für die günstige Kostenstruktur von ETFs. Dem Anleger kommt dies in Form von niedrigen Handels- und Verwaltungsgebühren zugute.