Börsentag im Draghi-Fieber
EZB-Chef Draghi lädt am Donnerstag in die Zentrale nach Frankfurt, um die nächsten Schritte der europäischen Geldpolitik zu verkünden. Der Großteil der Maßnahmen ist nach Meinung vieler Experten schon eingepreist – und doch könnte es im Laufe der Woche noch die ein oder andere Überraschung für Anleger geben. Während der DAX am Montag im Plus schließt, setzt der Euro seine Talfahrt fort.
EZB-Chef Draghi lädt am Donnerstag in die Zentrale nach Frankfurt, um die nächsten Schritte der europäischen Geldpolitik zu verkünden. Der Großteil der Maßnahmen ist nach Meinung vieler Experten schon eingepreist – und doch könnte es im Laufe der Woche noch die ein oder andere Überraschung für Anleger geben. Während der DAX am Montag im Plus schließt, setzt der Euro seine Talfahrt fort.
Das umstrittene Programm der Europäischen Zentralbank (EZB) geht wohl bald in die nächste Runde. Wenn der Rat der Notenbank am Donnerstag in Frankfurt zusammentritt, könnten weitreichende Maßnahmen zur Erhöhung der Inflationsrate bekanntgegeben werden. Das Versprechen der Währungshüter, bis September 2016 die monatlichen Anleihekäufe im Wert von 60 Milliarden Euro fortzusetzen, könnte dabei sogar noch ausgeweitet werden. Die Frage ist nur, wie sehr Mario Draghi die Geldschleusen öffnet. Denkbar ist eine Verlängerung der Ankauffrist bis ins Jahr 2017, wie beispielsweise die Postbank-Experten erwarten, oder eine Aufstockung des Volumens von derzeit 60 Milliarden Euro monatlich.
Auch eine Anhebung des Strafzinses auf Einlagen bei der Notenbank schließen viele Marktteilnehmer nicht aus. Damit sollen die Banken dazu gedrängt werden, Kredite zu vergeben statt das Geld bei der EZB zu horten. „Das Hauptziel der EZB dürfte sein, einen möglichst starken Effekt auf die Märkte zu erzielen“, betont Commerzbank-Analyst Michael Schubert. Er rechnet daher damit, dass Draghi weitere Schritte in Aussicht stellt, sollte sich die Inflation nicht wie gewünscht in Richtung der Zielmarke von knapp zwei Prozent bewegen. Mit der erneuten Lockerung der Geldpolitik will er die drohende Deflation, eine Spirale fallender Preise und rückläufiger Investitionen, abwenden.
An der Börse sorgte die Aussicht auf die Geldflut bereits für gute Stimmung. Kein Wunder, bekanntlich ist die Vorfreude ja die schönste Freude. Am Montag legte der DAX trotz anfänglicher Schwächen um 0,78 Prozent auf 11.382 Punkte zu. Die Experten der Helaba sprechen schon von einer „vorweihnachtlichen Bescherung“. In den kommenden Tagen dürfte die Luft allerdings dünner werden. Den Euro wird die EZB-Entscheidung am Donnerstag voraussichtlich näher an die Parität führen. Noch vor Jahresende könnte er unter die Marke von einem Dollar rutschen, prognostizieren Experten. Es wäre das erste Mal seit dem 6. Dezember 2002. Aktuell kostet die Gemeinschaftswährung nur noch knapp 1,06 Dollar.
"Der heißeste Monat des Jahres"
„Der Dezember wird, geldpolitisch betrachtet, vermutlich der heißeste Monat des Jahres werden“, sind die Helaba-Experten überzeugt. Denn nicht nur EZB-Präsident Mario Draghi hält Anleger in Atem. Kurz nach seinem großen Auftritt erläutert sein US-Kollegin Janet Yellen vor dem Kongress die Geldpolitik der Fed. Es wird erwartet, dass sie die Chancen nutzt, um Anleger auf die anstehende Zinswende vorzubereiten. Fed-Chefin Yellen werde bei ihrer halbjährlichen Anhörung vor dem Parlament darauf achten, an ihrer bisherigen Kommunikationslinie festzuhalten und Anleger so wenig wie möglich zu verunsichern, sagt NordLB-Experte Basse.
Daneben warten Börsianer gespannt auf die US-Jobdaten am Freitag, die als wichtiger Einflussfaktor für die Fed gelten. Einen Vorgeschmack liefern zwei Tage zuvor die Zahlen der privaten Arbeitsagentur ADP. Die US-Notenbank wird Mitte Dezember voraussichtlich erstmals seit fast zehn Jahren den Leitzins wieder anheben. Der Jobaufbau werde zwar geringer ausfallen als im Vormonat, sagte ein Börsianer. Zweifel an der bevorstehenden US-Zinswende dürften sie aber nicht aufkommen lassen.
Wichtige Impulse für die Rohstoffmärkte könnten am Freitag aus Wien kommen. Dort tagt die Opec. Bjarne Schieldrop, Chef-Rohstoffanalyst der Bank SEB, warnt allerdings davor, auf eine Kürzung der Fördermengen zu hoffen. „Die Opec hat sehr deutlich gemacht, dass sie wegen der niedrigen Preise die Produktion nicht drosseln wird“, sagt er. Saudi-Arabien und andere Staaten des Kartells wollen so Konkurrenten mit höheren Produktionskosten aus dem Markt drängen. Aufgrund der weltweiten Ölflut hat sich der Preis für die richtungsweisende Nordsee-Sorte Brent in den vergangenen anderthalb Jahren auf aktuell etwa 45 Dollar je Barrel (159 Liter) mehr als halbiert.
MM/Handelsblatt/Jessica Schwarzer/Reuters