EZB: Wann kommt die Zinswende?
Alle Anleger sprechen nur über den nächsten Zinsschritt der US-Notenbank. Doch wann verkündet die EZB eine Wende? Die wichtigsten Termine der Woche für Anleger, darunter eine mit Spannung erwartete Hauptversammlung.
Alle Anleger sprechen nur über den nächsten Zinsschritt der US-Notenbank. Doch wann verkündet die EZB eine Wende? Die wichtigsten Termine der Woche für Anleger, darunter eine mit Spannung erwartete Hauptversammlung.
Weltweit blicken die Investoren auf die US-Notenbank Fed. Wann vollziehen die wichtigsten Notenbanker weltweit den nächsten Schritt ihrer Mini-Zinswende? Ein Blick auf die Märkte zeigt, was die Investoren erwarten. Und hier gibt es eine Veränderung.
Die Terminkontrakte signalisieren eine Wahrscheinlichkeit von 53 Prozent für eine Zinserhöhung in diesem Jahr, verglichen mit 45 Prozent noch zu Wochenbeginn. Eric Rosengreen, Präsident der Boston Fed, und Esther George, Präsidentin der Kansas City Fed, argumentierten Ende vergangener Woche dass die US-Notenbank Gefahr laufe, eine Aktiva-Blase zu schüren, wenn sie ein Handeln zu lange hinausschiebt. Sowohl Rosengreen als auch George sind in diesem Jahr im Offenmarktausschuss stimmberechtigt.
Solche Äußerungen spiegeln sich sofort an den Märkten wider. Der Euro stoppte seinen Höhenflug zum Dollar und notierte am Freitag zeitweise nur noch bei 1,1308 Dollar. Auf Monatssicht verliert die Gemeinschaftswährung knapp drei Cent weniger zum Höchststand 1,1614. Kaum ein Anleger blickt derzeit allerdings auf die Europäische Zentralbank (EZB). Die DZ Bank wagte jetzt eine Prognose, wann die EZB ihre Zinswende vollziehen könnte. Nach der Analyse des genossenschaftlichen Instituts könnte dürfte die EZB im Jahr 2017 damit beginnen, die Anleihekäufe langsam zurückzuführen. „Dieser Prozess wird unseres Erachtens lange dauern und könnte auch durch ein oder gar mehrere Pausen unterbrochen werden“, erklären die Analysten.
Der Prozess könnte sich bis in die zweite Jahreshälfte 2018 hineinziehen. „Eine erste Leitzinserhöhung könnte im ersten Halbjahr 2019 auf der Agenda stehen“, erklären die Analysten. Die Folge: Ein massiver Renditeanstieg bei Anleihen sollte damit auf Sicht der kommenden zwei bis drei Jahre ausbleiben. Euro-Anleihen werfen demnach langfristig keine nennenswerten Renditen ab, zumindest wenn sie von solventen Staaten und Unternehmen ausgegeben werden. Im Umkehrschluss bleiben Aktien attraktiv. Wenn exogene Risiken wie etwa ein Brexit oder ein Wirtschaftseinbruch in China den Anlegern keinen Strich durch die Rechnung machen.
Ob es im Gesamtmarkt bei Aktien noch große Ausschläge nach oben geben kann, wird sich zeigen. Seit März pendelt der Dax in einer Range von plus/minus 400 Punkten um die Marke von 10.000 Punkten. Marktbeobachter sind uneins, ob der Leitindex in naher Zukunft einen klaren Trend nach oben oder unten zeigen wird.
Die wichtigsten Termine der Woche
Marktbeobachter schauen zurück auf Zeiten, in denen der Dax in den ersten Monaten des Jahres ähnlich einbrach wie im vergangenen Januar und Februar. „Während die Pessimisten ein negatives Szenario wie 2008 erwarten, setzen die Optimisten auf einen positiven Ausgang wie im Jahr 1995“, erklärt Commerzbank-Volkswirt Andreas Hürkamp.
Jochen Stanzl, Analyst des Online-Brokers CMC Markets, rechnet wegen der unsicheren Aussichten für die Weltwirtschaft mit eher fallenden Kursen. „Anleger wägen jeden Schritt zweimal ab.“ Anlage-Experte Joachim Goldberg von der Beratungsfirma Goldberg und Goldberg äußert sich dagegen optimistischer. Investoren nutzten die Rücksetzer der vergangenen Wochen zum Wiedereinstieg in den Markt. Nach einhelliger Einschätzung von Börsianern bedarf es aber zusätzlicher positiver Impulse, um die Börsen aus ihrer aktuellen Handelsspanne zu befreien. In der neuen Woche seien diese aber wohl eher Mangelware.
So läuft die Bilanzsaison langsam aus. Am Donnerstag legen der Pharma- und Spezialchemiekonzern Merck sowie der Konsumgüter-Hersteller Henkel ihre Zahlen vor. In den USA öffnen der weltgrößte Einzelhändler Wal-Mart (Donnerstag) und der Netzwerk-Ausrüster Cisco (Mittwoch) ihre Bücher.
Außerdem lädt die Deutsche Bank am Donnerstag zur Hauptversammlung ein, die turbulent werden dürfte. Der Aktionärsberater Glass Lewis plädiert dafür, dem scheidenden Co-Chef Jürgen Fitschen die Entlastung zu verweigern. Glass Lewis und Konkurrent ISS fordern zudem eine Sonderprüfung, um die Verantwortung des Managements für die Milliardenstrafen im Zusammenhang mit zahlreichen Rechtsstreitigkeiten zu klären. Damit drohen Vorstand und Aufsichtsrat Schadenersatzklagen.
Börsianer richten ihre Aufmerksamkeit außerdem auf die US-Inflationsdaten am Dienstag. Von ihnen erhoffen sie sich Hinweise auf Zeitpunkt und Tempo der geplanten Zinserhöhungen in den USA. Die Börsenexperten erwarten trotz des wieder gestiegenen Ölpreises allerdings keinen deutlichen Anstieg der Teuerung. Damit bleibe der Druck auf die US-Notenbank Fed, die Zinsen schnell anzuheben, gering. Umso akribischer werden Investoren am Mittwoch die Worte in den Protokollen der jüngsten Fed-Sitzung auf die Goldwaage legen, um Rückschlüsse auf die Geldpolitik zu ziehen.
Am selben Tag stehen die Inflationsdaten für die Euro-Zone auf dem Terminplan. Sollten die Preise stärker als die prognostizierten 0,2 Prozent zurückgehen, würde dies Spekulationen auf weitere Geldspritzen der EZB neue Nahrung geben. Die Währungshüter geben am Donnerstag ebenfalls die Protokolle ihrer jüngsten Ratssitzung frei. Zum Abschluss der verkürzten Börsenwoche laufen zudem Optionen auf Indizes und einzelne Aktien aus. In den Tagen zuvor schwanken die Aktienkurse üblicherweise stark, weil Investoren die Preise derjenigen Wertpapiere, auf die sie Derivate halten, in eine für sie günstige Richtung bewegen wollen. Handelsblatt / Jens Hagen