Page 8

AT_2017_2

AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART Der große Opel-Nervenkitzel Ganz wehmütig wird manchem ums Herz, wenn er auf die Traditionen blickt. In fernen Zeiten, da war es noch übersichtlich und eines kam logisch zum anderen. Adam Opel zum Beispiel hätte auf seiner Wanderschaft durch Frankreich ganz gut auf Armand Peugeot treffen können – die beiden hätten einiges über Nähmaschinen fachsimpeln können, damals, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Längst ist die Zeit über jene Produktpaletten hinweggegangen, die mit Sägeblättern, Fahrrädern und Weinverkorkungsmaschinen den Markt aufmischten, und Opel hatte zu seiner Tüftelei tatsächlich einen alten Kuhstall genutzt, denn Garagen gab es natürlich noch nicht. Die wurden erst nach dem Auto erfunden, wenn man mal von Kutschenhäusern absieht. Und es ist sicher nicht richtig, dass Opel das Auto zu bauen anfing, um später eine Garagenkarriere solcher Leute wie Steve Jobs oder der Hewletts und Packards zu ermöglichen. Die moderne Automobilherstellung und ihre Widrigkeiten allerdings führen nun die Erben in gigantischen Werkshallen rund um den Globus zusammen: Opel in Rüsselsheim wird Teil von PSA Peugeot-Citroën und damit wieder europäisch, seit 1929 hatten sich die General Motors-Strategen ihr deutsches Standbein erkauft, mit wechselndem Erfolg. Noch in den fünfziger Jahren verzieh mancher den Opelanern nicht, dass sie sich hatten übernehmen lassen und plötzlich solche Straßenkreuzer wie Admiral und Kapitän auf deutsche Straßen brachten, Heckflossen selbstverständlich mit dabei. General Motors wurde in den letzten Jahrzehnten nicht glücklich mit seiner Erwerbung, vielleicht fehlte es an Strategie und Verständnis für Europa. Immerhin haben wir es hier mit einer Firma zu tun, die allen Ernstes sich wundert, dass sie in Japan keine Absatzzahlen erreicht – und nicht auf die Idee kommt, vielleicht mal Fahrzeuge mit Rechtslenkung zu produzieren für ein Land mit Linksverkehr. Interessanterweise schoss der Kurs von GM nach oben, als die Trennung von Opel bekannt wurde. Die Anleger glauben es diesmal 8 // Anlagetrends · 2017 | 2 im Gegensatz zum vorherigen Versuch, als man vor Jahren beinahe verkauft hätte, aber vor der Präsenz eines russischen Bieters im Konsortium zurückschreckte. Ja, das damalige Hin und Her ist noch gut bekannt, und auch diesmal lief es natürlich nicht reibungslos: Der Deal wurde vorzeitig bekannt, der Opel-Chef wusste nichts von den fast abgeschlossenen Verhandlungen mit PSA, die Belegschaften natürlich auch nicht. Wenn die Opel-Führung nun unvermeidlicherweise bekannt gibt, dass man den Verkauf an die Franzosen für eine gute Idee halte, wirkt das natürlich eher rührend. Dennoch könnte es wahr sein, so nach dem Motto: Etwas Besseres als General Motors finden wir überall. Nun geht es Peugeot bekanntlich auch nicht blendend, man krankt an den gleichen Problemen wie Opel: Die Fahrzeuge bewegen sich großenteils in margenschwachen Segmenten, sie werden teils mit hohen Rabatten angeboten, und es kommt hinzu, dass viele Plattformen Gemeinschaftsleistungen sind – Peugeot mit Opel und Fiat, Opel mit GM, und wichtige Märkte sind kaum erschlossen. Dass GM sich Knall auf Fall aus Russland zurückzog, wo Opel einen Ruf hat, wurde hierzulande mit den Sanktionen gegen Moskau begründet. Machtworte aus Detroit verhinderten auch den Zugang zum chinesischen Markt. Aber das könnte nun Geschichte sein: Peugeot-Großaktionär Dongfeng ist in Europa in zahlreichen Hightech-Firmen engagiert und kauft zu, was das Zeug hält. Kaum vorstellbar, dass dieser Investor einem Vertragspassus zustimmen würde, der Opel von China fernhält. Schliekers Börsenjahr


AT_2017_2
To see the actual publication please follow the link above