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Anlagetrends 2018/1

AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART Titel Jens Weidmann sollte EZB-Chef werden Die Bundesregierung wünscht sich den Bundesbank- Präsidenten als Draghi-Nachfolger. Das wäre eine gute Wahl und würde das Ende der Nullzinspolitik bedeuten. Doch Widerstand formiert sich bereits in Südeuropa. Noch dient Jens Weidmann als Bundesbankpräsident. Doch geht es nach dem Willen von Kanzlerin Merkel und Ex-Finanzminister Schäuble, soll er im nächsten Jahr zum Chef der Europäischen Zentralbank // Anlagetrends · 2018 | 1 18 gekürt werden. Das wäre eine gute, eine wichtige Wahl, weil damit die Politik des hemmungslosen Gelddruckens beendet werden könnte. Die Geldmengen-Eskalation der EZB birgt inzwischen gewaltige Risiken. Weidmann wäre ein Garant für deren Eindämmung. Der Bundesbankpräsident wäre zugleich der erste Deutsche an der EZB-Spitze seit ihrer Gründung Mitte 1998. Nach dem Niederländer Wim Duisenberg, der bis 2003 amtierte, war acht Jahre lang der Franzose Jean-Claude Trichet Europas oberster Geldpolitiker. Seit November 2011 amtiert der Italiener Draghi. Mit seiner ultraexpansiven Geldpolitik und dem „Whatever it takes“-Versprechen gilt er vielen als Retter des Euro. In Deutschland gibt es aber viel Unmut über seine Nullzinspolitik. Ende Oktober 2019 läuft Draghis Amtszeit aus. Für das politische Berlin ist es an der Zeit, dass ein Deutscher an die Spitze der EZB rückt. Die größte Volkswirtschaft im Euroraum ist bisher bei der wichtigsten Position in der gemeinsamen Notenbank nicht berücksichtigt worden. So könnte nun ein größeres Personalpaket geschnürt werden. So sind zwei weitere Spitzenpositionen zu vergeben. Die Stelle des EZB-Vizepräsidenten wird Ende Mai 2018 frei, wenn Vítor Constâncio ausscheiden wird. Zudem wird ein neuer Vorsitzender der Eurogruppe als Nachfolger für den foto: © elesniuk - Shutterstock.com niederländischen Finanzminister Jeroen Dijsselbloem gebraucht, dessen sozialdemokratische Partei die Wahl verloren hat und der neuen Regierung nicht mehr angehört. Weidmann ist im EZB-Rat oft als Kritiker und Gegenspieler Draghis aufgetreten und hat dessen Staatsanleihekaufprogramme öffentlich kritisiert. Im Süden des Euroraums ist daher seine Rückendeckung gering. Die Südeuropäer neigen daher für die Draghi Nachfolger dem Chef der französischen Notenbank, François Villeroy de Galhau, zu. In Deutschland hingegen ist die Unterstützung für Weidmann groß, gerade weil er die Geldflutpolitik beenden könnte. Derzeit verhält sich Weidmanns Bundesbank zur EZB wie ein Priester zum Prasser. Während erstere Verlässlichkeit, Askese und Gebote der Geldwertstabilität predigt, wagt letztere immer wildere Experimente der Geldmengen- Eskalation. Die Bilanzsumme der EZB hat sich in nur anderthalb Jahren um eine Billion Euro ausgeweitet. Die Frankfurter Geldhüter hüten das Geld nicht mehr, sie fluten Europa damit. Sie verschenken das Geld zinslos, kaufen selber – entgegen der Stabilitätsabsprachen – Staatsanleihen und wollen eine Inflation erzwingen, die sie eigentlich zu verhindern haben. Mit dieser Politik organisiert die EZB eine der größten Enteignungen der Geschichte – von Sparern zu Schuldnern, von Bürgern zu ihren Staaten, von Nordeuropa nach Südeuropa. Auch das Bargeld ist der EZB inzwischen ein Dorn im Auge. Denn damit lassen sich Strafzinsen umgehen. Also wird über allerlei Varianten zur Abschaffung des Bargeldes diskutiert. Bundesbank- Präsident Jens Weidmann schlägt darum Alarm und warnt, „das Vertrauen in die gemeinsame Währung nicht zu beschädigen.“ Zum Schutz der Sparer und zum Vertrauensgewinn in den Euro wäre ein weniger an Prasser-EZB und ein Mehr an Priester-Bundesbank wünschenswert. Kurzum: Jens Weidmann wäre eine gute Wahl. WW


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