Kolumne
Klaus Bauknecht
Chefvolkswirt der IKB
Deutsche Industriebank AG
// Anlagetrends · 2018 | 2
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AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART
In den letzten Jahren lief es sehr gut für die Aktienmärkte. Zum einen stiegen die Unternehmensgewinne
aufgrund
der anhaltend guten Konjunktur. Zum anderen sanken risikofreie Renditen durch die expansive Zinspolitik
sowie verschiedene Aufkaufprogramme der Notenbanken auf sehr niedrige Niveaus.
2017 zeigte die deutsche Wirtschaft kalenderbereinigt
mit 2,5 Prozent das höchste
Wachstum seit sechs Jahren. Dies beflügelte
den Aktienmarkt. Nun schreitet die geldpolitische
Wende aber auf beiden Seiten
des Atlantiks in unterschiedlichem Tempo
voran, und risikofreie Renditen haben sich
von ihren Tiefständen in den USA und in
der Euro-Zone deutlich verabschiedet.
Zwar ist davon auszugehen, dass die Geldpolitik
auch weiterhin grundsätzlich unterstützend
sein wird und keine geldpolitische
Straffung zur Abkühlung der Konjunktur
in die Wege leitet. Allerdings befürchten
viele Marktbeobachter einen stärkeren Inflationsanstieg,
der die Notenbanken zu
Zinsanhebungen zwingen könnte. Jüngste
Reaktionen der Aktienmärkte brachten
diese Befürchtungen zum Ausdruck. Daher
stellt sich die Frage: Wie beeinflussen
risikofreie Renditen die Bewertungen der
Aktienmärkte? Geht von steigenden Renditen
trotz guter Konjunktur ein erhöhtes
Risiko für die Aktienkurse aus?
Egal, ob tägliche, monatliche oder vierteljährliche
Veränderungen im Fokus stehen,
die empirischen Ergebnisse sind eindeutig:
Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des Dow Jones und die risikofreien
US-Renditen – beispielsweise über zehn Jahre – haben ein
positives Verhältnis zueinander. Steigen die Renditen, verbessert
sich das KGV. Grund ist die Erwartung einer sich aufhellenden
Konjunktur, die für eine Erhöhung der Renditen und eine Verbesserung
der Aktienbewertungen sorgt. Deshalb bleibt das Umfeld
für den US-Aktienmarkt weiterhin positiv, da zunehmende Renditen
eher eine Bestätigung als eine Gefahr für die Konjunktur darstellen.
Auch werden die Renditen nur dann weiterhin ansteigen,
wenn die Fed die Zinsen nachhaltig anhebt. Hierfür muss sich der
konjunkturelle Aufschwung allerdings fortsetzen.
Eine Situation, in der die Renditen sowohl die Konjunktur als
auch den Aktienmarkt unter Druck setzen, ist aktuell nicht zu erwarten.
Denn die Gefahr steigender Zinsen aufgrund einer anziehenden
Inflation bei gleichzeitigem Konjunktureinbruch (genannt
Stagflation) ist dank der globalen Vernetzung der Angebotsseite
eher gering, da diese einen hohen Wettbewerb sicherstellt und den
lokalen Preisdruck durch Lohnkosten dämpft. Das Risiko, dass
die Fed trotz schwacher Konjunktur zu Zinsanhebungen genötigt
werden könnte, ist deshalb zu vernachlässigen. Es bleibt die lokale
Nachfrage, die für die Inflationsentwicklung und die Geldpolitik
entscheidend ist.
Problematisch könnte es werden, wenn steigende Löhne den Gewinnausblick
belasten und gleichzeitig eine geldpolitische Reaktion
nötig wird. So sollte eher der zunehmende Lohndruck, der
in Deutschland und den USA durchaus eine Rolle spielt, eine Herausforderung
darstellen. Allerdings reagieren Notenbanken wie
Sind steigende
Renditen gut
für die Aktienkurse?