Gastbeitrag
Der diskrete
Charme des Schwarms
// Anlagetrends · 2018 | 2
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ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS
Crowdinvestments gelten immer mehr Anlegern als
clevere Form der Geldanlage. Um zur echten Anlage-
Alternative zu werden, brauchen sie aber noch ein
besseres Regelwerk.
Schwarminvestitionen sind bei immer mehr Privatanlegern beliebt.
Sogenannte Crowdinvestments,
bei denen eine Vielzahl von
Kleininvestoren junge Unternehmen und Projekte im Bereich erneuerbarer
Energien und Immobilien finanzieren, wachsen weiter
stark. Bei klarer Dominanz von Immobilien wuchs das Volumen
erfolgreich finanzierter, abgeschlossener Crowdinvestment-Projekte
deutscher Emittenten 2017 im Vergleich zum Vorjahr um
170 Prozent.
So jedenfalls lauten die vorläufigen Daten des Branchenverbands.
Mit 132 Millionen Euro der insgesamt vermittelten 170 Millionen
Euro nimmt die Immobilienfinanzierung dabei unangefochten
den Spitzenplatz ein. Der Charme der Schwarmfinanzierung
liegt dabei in einer einfachen Funktionsweise und verlockenden
Konditionen: Eine attraktive Verzinsung, eine kurze Laufzeit und
sehr niedrige Mindestanlagesummen machen die Anlageform für
breite Anlegerschichten interessant. Die Anbieter, in aller Regel
als Vermittler auftretende Plattformen, sehen in der Anlageform
auch eine lang überfällige Demokratisierung der Sachwertanlage.
Prinzipiell ist wenig einzuwenden gegen derartige neue Anlageformen,
die es Anlegern erlauben, sich an bislang kleinen Investorengruppen
vorbehaltenen Immobilienprojekten, Energie- und
Klimaschutzprojekten oder auch Start-ups zu beteiligen. Zumindest
fragwürdig erscheint jedoch, sie gegenüber anderen Anlageformen
zu privilegieren, beispielsweise durch politische Starthilfe.
Diese war ursprünglich insbesondere als Förderung von Start-up-
Finanzierungen und Gründerkultur gedacht, wurde aber schnell
auch zur Immobilienprojekt-Finanzierung genutzt. Im Immobilienbereich
ist sie angesichts des dynamischen Wachstums aktuell
noch zu rechtfertigen. Sollten jedoch über die aktuellen Grenzen
hinaus auch größere Beträge von institutionellen Investoren eingesammelt
werden, sind diese Privilegien nicht weiter tragbar. Sie
sollte gerade angesichts der Entwicklungen von Schwarminvestments
im Immobilienbereich überdacht werden.
Bislang müssen für Crowdinvestments gemäß Vermögensanlagengesetz
anders als für andere Vehikel für Immobilieninvestments
keine Prospekte vorgelegt werden, wenn das Emissionsvolumen
2,5 Millionen Euro nicht übersteigt und einzelne Anleger nicht
mehr als 1.000 Euro investieren. Bei ausreichend hohem freien
Vermögen – mindestens 100.000 Euro – und einer entsprechenden
Selbstauskunft dürfen es bis zu 10.000 Euro sein, sofern die
Summe unterhalb zweier Nettomonatseinkommen bleibt.
Branchenintern stößt die Befreiung von der Prospektpflicht verständlicherweise
auf vergleichsweise große Zustimmung. Vor allem
bei kleineren Projekten stehe der Aufwand der Prospekterstellung
in keinem vernünftigen Verhältnis zu den erzielbaren Erträgen
und mache die eigentlich flexible Finanzierungsform unnötig
schwerfällig, heißt es häufig.
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