AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART
Die Summen, die im Raum stehen, sind gigantisch. Monatlich
sollen 20 Milliarden Euro zusätzlich in Anleihen investiert
werden. Damit würde die Notenbank ihre ohnehin schon
ausufernde Bilanz um jährlich 240 Milliarden Euro ausweiten.
Doch Christoph Rieger, Chefanalyst für Rentenmärkte bei der
Commerzbank, glaubt nicht, dass es bei dieser Summe bleiben
wird. Er geht davon aus, dass die EZB unter der Führung von
Lagarde bereits im Frühjahr 2020 ihr Ankaufprogramm auf 30
Milliarden Euro aufstockt. Damit würde die Bilanz 2020 um
330 Milliarden Euro anschwellen. Zusätzlich legt die EZB Gelder
aus fällig gewordenen Anleihen des ersten Kaufprogramms
neu an. Insgesamt dürfte das Gesamtvolumen im kommenden
Jahr damit auf 600 Milliarden Euro wachsen. Die Konsequenzen
sind spürbar: Seit März 2019 handelt die wichtigste Anleihe
im Euroraum – die Bundesanleihe – mit Minusrenditen. Aktuell
notiert sie bei rund minus 0,5 Prozent. Die Rechnung ist
einfach: Sparer, die dem deutschen Staat Geld leihen, gehen in
zehn Jahren mit Miesen aus dem Geschäft, Inflation noch nicht
inbegriffen – eine irrsinnige Entwicklung, die durch die neuen
14 // Anlagetrends · 2020 | 1
Anleihekäufe der EZB noch verstärkt werden dürften. „Ein anhaltendes
Negativzinsumfeld könnte den Spruch von der sicheren
Rente auf eine harte Probe stellen“, mahnt Markus Peters,
Anleihestratege beim Vermögensverwalter Alliance Bernstein
in London, und ergänzt: „Der Anleger wird auf diese Weise
immer mehr ins Risiko getrieben.“ Aktuelle Berechnungen der
DekaBank belegen das Ausmaß der Nullzinspolitik für deutsche
Sparer: Jeder Bundesbürger verliert im Schnitt 404 Euro
im Jahr. Grundlage für die Berechnung ist eine jährliche Inflationsrate
von 1,5 Prozent und null Prozent Zinsen für Spar-,
Sicht- und Bauspareinlagen sowie Sparbriefe. Laut Comdirect
haben Sparer allein 2018 insgesamt 40 Milliarden Euro verloren,
seit Beginn der Finanzkrise seien es nach Angaben der DZBank
bereits 648 Milliarden Euro. Was nach abstrakten Zahlen
klingt, könne schon bald Einfluss auf die private Altersvorsorge
vieler Menschen haben, warnt die Lebensversicherungsbranche.
„Letztlich topediert die EZB die private Altersvorsorge der Versicherten“,
empört sich der Vorstand der Nürnberger Versicherung
Armin Zitzmann.