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„Wir müssen unsere Wirtschaft
klimaneutral machen“
Deutschland will Vorreiter in der Wasserstofftechnologie werden. Klima-, Energie-, Industrie- und Innovationspolitik
sollen davon profitieren. Im Mittelpunkt steht der grüne Wasserstoff, also derjenige, der durch regenerative
Energien erzeugt wird. Katherina Reiche ist Vorstandsvorsitzende von Westenergie und leitet den
Nationalen Wasserstoffrat der Bundesregierung. Sie erklärt, was passieren muss, um der Technologie zum
Durchbruch zu verhelfen.
Anlagetrends: Die Bundesregierung
30 // Anlagetrends · 2021 | 1
will bei den neuen
Wasserstofftechnologien weltweit
führend werden. Sie sind mit dem
Vorsitz des neu gegründeten
Wasserstoffrats betraut worden.
Was muss als erstes passieren, damit
Deutschland der angestrebten
Rolle gerecht wird?
Katherina Reiche: Der Verbrauch von
Wasserstoff, der heute überwiegend noch
nicht regenerativ hergestellt wird, liegt
in Deutschland aktuell bei rund 55 Terawattstunden.
Die Bundesregierung erwartet
für das Jahr 2030 einen Bedarf von 90
bis 110 Terawattstunden. Selbst wenn es
gelingen sollte, die angepeilten 5 Gigawatt
Elektrolyseleistung hierzulande bis
2030 zu installieren, dürfte weiterhin eine
sehr große Lücke regenerativ hergestellten
Wasserstoffs zu erwarten sein. Wir brauchen
einerseits also starke Anreize, damit
die hierzulande benötigten Anlagen wirklich errichtet werden.
Dazu gehört beispielsweise, Elektrolyseure von Umlagen wie der
EEG-Umlage zu befreien. Zweitens brauchen wir einen verlässlichen
Regulierungsrahmen für Wasserstoffnetze und einen breiten
gesellschaftlichen und politischen Konsens aller beteiligten
Akteure. Die Unternehmen, die in diese Technologie investieren
sollen, müssen klare und verlässliche Rahmenbedingungen erhalten.
Schließlich brauchen wir eine Importstrategie, die hilft, den
künftigen Bedarf zu decken.
Der Entschluss der Bundesregierung, den Nationalen Wasserstoffrat
zu gründen, ist ein wichtiger Meilenstein. Der Rat besteht
aus Experten aus Wirtschaft, Gesellschaft und Forschung.
So können wir dort verschiedene Blickwinkel und Bedürfnisse
berücksichtigen. Das ist eine große Chance. Unser gemeinsames
Ziel ist es, Deutschland zum weltweiten Vorreiter bei Wasserstofftechnologien
zu machen.
Japan ist schon viel weiter als Deutschland.
Müssen wir alles zweimal erfinden?
Natürlich blicken wir auch über den Tellerrand und profitieren
von den Erfahrungen anderer. Aber wir in Deutschland sind durch