AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART
unsere ambitionierte Energiewende schon in
einer besonderen Situation. Wir müssen Lösungen
32 // Anlagetrends · 2021 | 1
für die Herausforderungen finden,
die es bei uns gibt. Und natürlich sollte das
dann in einen europäischen Kontext eingebunden
werden.
Bei der Herstellung von Wasserstoff
wird enorm viel Strom benötigt.
Wasserstoff ist also nur
klimafreundlich, wenn er mit
grüner Energie hergestellt wird.
Bislang fehlt ein belastbarer Plan
für den Ausbau von erneuerbaren
Energien. Wie grün kann Wasserstoff
in den nächsten Jahren
überhaupt sein?
Wenn wir das Ziel der CO2-Freiheit erreichen
wollen, muss Wasserstoff am
Ende grün sein. Wir sollten aber nicht
den Fehler begehen, von heute direkt ins
Jahr 2050 springen zu wollen. Wichtige
Wirtschaftssektoren wie die Stahlindustrie,
die Chemiebranche oder die Schifffahrt
haben enorme Energiebedarfe. Diese
Sektoren lassen sich nicht von Anfang an
mit grünem Strom aus Windkraft- und
Solaranlagen dekarbonisieren. Deshalb
bin ich davon überzeugt, dass wir Zwischenschritte
akzeptieren müssen. Das
Ziel muss grün sein, der Weg dorthin ist
aber zunächst mehrfarbig.
„Es wäre falsch, zu
behaupten, die Energiewende
hätte keinen Preis.“
Was bedeutet dieser riesige Transformationsprozess
für uns Kunden?
Steigen womöglich die Strompreise
noch mehr?
Wir stehen vor der Herausforderung,
die volatilen erneuerbaren Energien in
das System zu integrieren und zugleich
eine weiterhin sichere Energieversorgung
zu ermöglichen. Aber wenn wir es ernst
meinen mit der Realisierung der Pariser
Klimaziele, führt an diesen Investitionen
kein Weg vorbei. Unsere Aufgabe muss es hier sein, die Kosten
auf ein effizientes Minimum zu begrenzen.
Die Erfahrungen zeigen, dass die Kosten klimaneutraler Gase entlang
des Ausbaupfads erheblich fallen und zugleich die Wirkungsgrade
der eingesetzten Technologien weiter steigen werden. Für mich
steht fest, dass wir mittelfristig heraus müssen aus einem reinen Förderregime.
Wasserstoff muss sich innerhalb eines fairen Rahmens
am Markt durchsetzen. Auch hierzu wird der Nationale Wasserstoffrat
Vorschläge erarbeiten.
Sie stehen an der Spitze von Westenergie, einem
der größten deutschen Energiedienstleister und Infrastrukturanbieter.
Sind die Verteilnetze auf eine Wasserstoffwelt
vorbereitet?
Wir arbeiten intensiv an diesem Thema. Westenergie macht seine
Gasverteilnetze „H2-ready“. Unser Ziel ist es, unsere Erdgasnetzte
so zu ertüchtigen, dass durch diese in Zukunft sowohl über dezentrale
Power-to-Gas-Anlagen als auch über die Anbindung an das
geplante Wasserstoff-Fernleitungsnetz „grüne“ Gase dem Gasnetz
beigemischt werden können oder gar eine Versorgung mit 100 %
Wasserstoff möglich ist. Wir ermöglichen die Transformation hin zu
Wasserstoff in lokal differenzierten Schritten und berücksichtigten
die Kundenbedürfnisse vor Ort. Mit unserer langjährigen Expertise
sowohl im Strom- als auch im Gassektor und der vorhandenen Infrastruktur
wollen wir Wegbereiter für diese Entwicklung sein.
Konnten Sie die Verträge mit den kommunalen
Energieversorgern sichern?
Es ist uns durch viele Gespräche und Verhandlungen gelungen, die
allermeisten Kommunen von der Fortsetzung der Partnerschaft mit
der Westenergie zu überzeugen. Das freut uns sehr. Und es ist eine
Verpflichtung, der wir uns gern stellen.
Im Kampf gegen den Klimawandel setzen die
deutschen Autobauer fast ausschließlich auf Elektromobilität.
Wieso stellt der Wasserstoff-Antrieb hierzulande
bislang keine ernstzunehmende Alternative zum
herkömmlichen Verbrenner dar?
Bis zum Jahr 2030 sollen die Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor
um 42 Prozent gesenkt werden. Bislang liegt der Fokus hier
auf batteriebetriebenen Fahrzeugen oder Hybrid-Modellen. Im
Moment sind in Deutschland nur rund 500 wasserstoffbetriebene
Pkw und eine geringe Anzahl von Bussen und anderen mit Brennstoffzellen
betriebenen Fahrzeugen zugelassen. Aber die Wasserstoffmobilität
entwickelt eine zunehmende Dynamik: Ein Wasserstoff-
Tankstellennetz befindet sich im Aufbau und umfasst derzeit 84
Standorte. Autobauer wie BMW oder Honda haben angekündigt,
in den nächsten Jahren neue Modelle auf den Markt zu bringen.