AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART
Gastbeitrag
Schlägt nun die Stunde der
Value-Aktien?
Growth versus Value, dieser fast schon epische Kampf zweier Investmentstile, beschäftigt immer wieder
die Gemüter der Anleger. In den vergangenen Jahren brachte das Rennen zwischen Growth und Value
einen klaren Sieger hervor: Wer als Anleger erfolgreich sein wollte, der musste auf wachstumsstarke
Aktien (Growth) setzen, Substanzwerte (Value) hatten seit dem Jahr 2007 in der Regel das Nachsehen.
Aber worin unterscheiden sich diese beiden Stilrichtungen überhaupt?
Carsten Klude
Chefvolkswirt bei
M.M.Warburg & CO
Value-Investoren kaufen Aktien, die aus
ihrer Sicht unterbewertet sind, deren Kurs
also nicht den „wahren“ Wert des Unternehmens
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widerspiegelt. Dies erkennt man
beispielsweise an einem niedrigen Kurs-
Gewinn- oder Kurs-Buchwert-Verhältnis
oder an einer hohen Dividendenrendite.
Für Anleger, die auf Growth-Aktien setzen,
spielt die Bewertung hingegen keine
Rolle, da diese vor allem auf das zukünftige
Gewinn(steigerungs)potenzial eines
Unternehmens achten.
In den vergangenen 20 Jahren lassen sich
zwei längerfristige Trends bei der Wertentwicklung
von Growth- zu Value-Aktien
erkennen. Von Beginn des Jahres 2000
bis Mai 2007 war Value der erfolgreichere
Anlagestil, seitdem hat sich aber das Blatt
zugunsten von Growth gewendet. Eine
derart langanhaltende bessere Wertentwicklung
eines Anlagestils hat es in der
Vergangenheit noch nicht gegeben. Doch
nun mehren sich die Stimmen, die eine Trendwende vorhersagen.
Für uns Anlass genug der Sache einmal auf den Grund zu gehen.
Zunächst aber sollte man einmal klären, in welchen Sektoren man
typischerweise Growth- und Value-Aktien findet. Beim MSCI
World und beim MSCI USA hat in der Ausprägung „Growth“
wenig überraschend der Technologiesektor das mit Abstand größte
Gewicht. In Europa hat dagegen der Sektor Consumer Staples
(Basiskonsum) das höchste Gewicht im Growth-Index, während
der Technologiesektor nur der viertgrößte Sektor ist. Weltweit
sowie in den USA spielen für Growth zudem die Branchen
Health Care und Consumer Discretionary (zyklischer Konsum)
eine wichtige Rolle, in Europa dagegen die Industrie und ebenfalls
der Gesundheitssektor. Der Value-Sektor wird dagegen weltweit
sowie in den USA und in Europa von Finanzwerten dominiert.
Daneben spielen für Value aber auch der Industrie- und der Gesundheitssektor
eine wichtige Rolle. Aus Anlegersicht lassen sich
daraus folgende Schlussfolgerungen ziehen: Wer auch zukünftig
auf das Thema Growth setzen will, muss vor allem in US-Technologie
und globale Gesundheitswerte investieren. Wer dagegen
Value die größeren Kurschancen einräumt, erwartet eine bessere
Wertentwicklung in erster Linie bei europäischen Finanz- und bei
globalen Industriewerten.