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Doch welche Kriterien bestimmen die Kursentwicklung einer
Aktie oder eines Sektors? Zu den wichtigsten Einflussfaktoren
gehört zuallererst die Gewinnentwicklung. Es zeigt sich, dass
die Gewinne und Gewinnerwartungen für die beiden wichtigen
Growth-Sektoren Technologie und Gesundheit in den
vergangenen 10 Jahren fast stetig angestiegen sind. Selbst der
Corona-bedingte Konjunktureinbruch in diesem Jahr geht an
beiden Branchen fast unbemerkt vorbei. Ganz anders stellt sich
dagegen die Situation bei den Value-Sektoren dar: Sowohl bei
den Finanz- als auch bei den Industriewerten kommt es zu
einem signifikanten Gewinneinbruch. Blickt man auf die Erträge
der Energieunternehmen sieht es aufgrund des Ölpreiseinbruchs
in diesem Jahr sogar noch schlimmer aus. Nur bei
den Versorgern ist mit stabilen Gewinnen zu rechnen. Wer auf
die zukünftigen Gewinne setzt, der setzt also weiterhin eher
auf Growth- als auf Value-Aktien.
Neben den Unternehmensgewinnen spielt die Zinsentwicklung
eine entscheidende Rolle für die relative Attraktivität von
Growth- gegenüber Value-Aktien. Dies ist darauf zurückzuführen,
dass der Zins als Diskontierungsfaktor verwendet wird, um
den Barwert zukünftiger Gewinne, Cashflows oder Dividenden
zu ermitteln. Je niedriger der Zins ist, desto höher ist der
abgezinste zukünftige Zahlungsstrom
– und umso attraktiver sind Wachstums
im Vergleich zu Substanzwerten.
Erwartet man steigende Zinsen, spräche
dies für Value-Aktien. Allerdings spricht
wenig für ein solches Szenario. So hat die
US-Notenbank mit ihrem geldpolitischen
Strategiewechsel den Leitzins für viele
Jahre bei null festgeschrieben. Denn zukünftig
will sie eine Inflationsrate von etwas
mehr als zwei Prozent tolerieren und
höhere Zinsen weniger von den Preisen
als von der Entwicklung am Arbeitsmarkt
abhängig machen. Eine derartig veränderte
Reaktionsfunktion der Federal Reserve
für die Geldpolitik wird sich auch
auf die EZB auswirken, sodass Zinserhöhungen
selbst im wahrscheinlichen Falle
einer konjunkturellen Normalisierung
weder in den USA noch in der Eurozone
zu erwarten sind, und das für lange Zeit.
Growth-Aktien bleiben somit langfristig
vielversprechender als Value-Titel.
Foto © picture alliance / dpa | Tannen Maury
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