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auch wenn die Inflation ansteigt.“ Die Inflation
also steigt, Zinsen gibt es weiter keine.
Und die Aktienmärkte sind heiß gelaufen, was
die zuletzt häufig einsetzenden Gewinnmitnahmen
im Nasdaq100 bezeugen.
Im Euroraum ist die Lage nicht viel anders.
Die Inflation dürfte steigen, die EZB bleibt bei
ihrer Nullzinspolitik. „Wegen der aufgeblähten
Schuldenberge der Staaten sind die Zentralbanken
ganz weit weg von Zinserhöhungen“,
sagte Commerzbank-Edelmetallexperte Carsten
Fritsch. In Deutschland könnte die Inflationsrate
in diesem Jahr auf drei Prozent steigen,
glaubt Bundesbankpräsident Jens Weidmann.
Das alles schafft eine Umgebung, in der sich
der Goldpreis wohler kaum fühlen könnte.
Hinzu kommt: 2020 war die Goldnachfrage
in der Schmuckbranche um 34 Prozent eingebrochen
und könnte sich mit der Rückkehr
zur Normalität in China in diesem Jahr spürbar
erholen. Positives gab es zuletzt auch von den
Terminmärkten. Laut dem jüngsten Commitments
of Traders-Report der US-Aufsichtsbehörde
CFTC sind Mitte März große Terminspekulanten
wieder optimistischer geworden
und haben ihre Netto-Long-Positionen von
175.200 auf 180.200 Kontrakte erhöht.
Als Risiko bleiben die Renditen zehnjähriger
US-Staatsanleihen, die inzwischen bei 1,7 Prozent
liegen. Wenn die Inflation aber tatsächlich
auf 2,4 Prozent steigt, wäre der Realzins immer
noch negativ. Investments in zinslose Anlagen
wie Gold blieben attraktiv. Das sehen auch
viele Banken und Analysten so. Die Societe
Generale wertet den jüngsten Preisanstieg „als
Zeichen relativer Stärke und eines wachsenden
Misstrauens gegenüber dem Finanzsystem beziehungsweise
der Fed“. Man sehe Gold mittel
bis langfristig nicht nur als sicheren Hafen,
sondern auch als Kapital- und Inflationsschutz
und rechne mit höheren Preisen. Das Kursziel
für 2021 nennt die Bank bei 2050 US-Dollar.
HSBC-Analyst Jim Steel rechnet mit 1.965
US-Dollar. Die US-Investmentbank Goldman
Sachs ist mit 2.300 US-Dollar am optimistischsten.
Im Schnitt bleibt nach Berechnungen
der Plattform goldpreis.de ein prognostizierter
Kurs von 1.973 US-Dollar.
„In Gold We Trust“
Traditionell besonders optimistisch ist man beim
Lichtensteiner Vermögensverwalter Incrementum.
In dessen jährlich erscheinender „In Gold
We Trust“-Studie geben die Edelmetallexperten
ein langfristiges Kursziel von 4 800 US-Dollar
aus. „Gold ist einfach ein Asset außerhalb des
Systems, das nicht wahllos inflationiert werden
kann und kein Gegenparteirisiko hat. Wenn ich
Gold physisch halte, dann ist das einhundertprozentiger
Besitz. Es gibt keine Versprechungen,
die daran geknüpft sind. Gold ist keine
Religion und sicher nicht die Antwort auf alles,
aber sicher eine gute Antwort auf die Probleme,
die die Welt momentan hat“, sagt Incrementum-
Experte Ronald Stöferle. Gemessen an diesen
Kurszielen wäre das Edelmetall aktuell vergleichsweise
günstig zu haben. Wer langfristig
Gold-Positionen aufbauen will, kann also guten
Gewissens über ein Investment nachdenken.
„Als Absicherung gegen hohe Inflation oder eine
Währungsreform ist physisches Gold eindeutig
zu bevorzugen“, sagt Stöferle. „Steht die Performance
im Mittelpunkt, dann kann ich natürlich
auch Papiergold oder Minenaktien kaufen.
Bei Minenaktien darf man aber natürlich nicht
vergessen, dass diese ein Aktienmarktrisiko enthalten
und deutlich volatiler als physisches Gold
sind.“ Unabhängig von der Anlageform dürfte es
aber vor allem darum gehen einzusteigen, bevor
es den nächsten Run gibt. Dass der kommt, davon
ist das Gros der Analysten überzeugt. Wer
sich auf deren Expertise verlassen will und Gold-
Positionen aufbauen will, der findet aktuell Einstiegsgelegenheiten.
Oliver Götz
Foto © Mark Agnor - shutterstock
Gold in Banken gelagert:
ca. 30.000 Tonnen
Gold gefördert bisher:
ca. 200.000 Tonnen
Menge als Würfel:
ca. 10.200 Kubikmeter
Quelle: World Gold Council, gold.de
Gold in US-Dollar Stand: 31.03.2021