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Künstlern gebe es eine Reihe von Namen, die
schon als Blue Chips gehandelt werden. Dem
gegenüber stehen Neuentdeckungen. Wer in noch
unbekannte Künstler investiert, handelt spekulativer,
kann so aber große Renditen erzielen. In jedem
Fall muss der Investor den Weg des Künstlers und
den Markt akribisch beobachten. „Entscheidend
ist eine kontinuierliche Präsenz eines Künstlers im
Markt“, weiß Sturm. „Ein Künstler, der im Markt
Fuß gefasst hat, produziert auch.“ Wichtig sei nicht
nur wo, sondern auch bei wem ein Künstler studiert
hat. Entscheidend ist laut Grimme von der
HVB ferner, welche Stellung das einzelne Kunstwerk
im Oeuvre eines Künstlers einnimmt. Das
Top-Segment „Alte Meister“ gilt als eine der sichersten
Investitionsformen. Gleichzeitig landen
viele dieser Werke im Museum und sind somit
dauerhaft vom Markt genommen. Gelangen solche
High-End-Werke einmal in den Verkauf, erzielen
sie sehr hohe Auktionspreise – wie jüngst das
Porträt „Junger Mann mit Medaillon“ von Sandro
Botticcelli für 92 Millionen Dollar.
Einzel-Kunstwerk vs. Kunstfonds
Wer Kunst kauft, muss sich entscheiden, ob er
auf Einzelobjekte oder einen Kunstfonds setzt.
Der Kunstfonds ermöglicht eine Beteiligung an
mehreren Kunstobjekten, ist allerdings meist
geschlossen. Bedeutet: Es werden nicht unbegrenzt
Anleger aufgenommen und es muss eine
Mindestsumme investiert werden. Kunstfonds
sehen manche Experten inzwischen kritisch. „Es
gibt wenige, die ihr Ziel erreichen, auch wenn das
Konzept mit der Risikostreuung zunächst perfekt
klingt“, sagt Grimme. Die Mischkalkulation sei
aber auch ein Nachteil in einer späteren Verkaufssituation,
da hier Blue Chips und weniger
gefragte Kunst vermengt sind. Zudem fallen Kosten
für das Fonds-Management, Versicherung,
Lagerung, etc. an. Deshalb sind Kunstfonds im
deutschen Markt aktuell weniger verbreitet.
Kryptoart als neue Strömung
Ein noch sehr frisches Thema ist Kryptoart, die
digitale Kunst. „Das erfährt gerade einen großen
Hype, ist aber sehr spekulativ“, weiß Grimme.
Unter anderem das Auktionshaus Christie’s
unterstützt diese Strömung gerade sehr. Bei der
Blockchain-Technologie wird jede Transaktion
in fälschungssicherer Form für jedermann einsehbar
in einer Datenbank festgehalten. Bei
physischen Kunstwerken ist die Methode noch
in der Versuchsphase, da schwer umsetzbar.
Konkreter ausgereift ist der Ansatz, Blockchain
zu nutzen, um ein Kunstwerk zu kaufen – von
der Funktionsweise Kryptowährungen ähnlich.
Anleger können Tokens erwerben, die Teileigentum
oder Eigentum an einem Kunstwerk repräsentieren.
Durch die lückenlose Dokumentation
ist das Werk fälschungssicher, zudem können die
Tokens als liquides Investment jederzeit zum aktuellen
Marktpreis verkauft werden.
Marktveränderung durch Corona
Der kürzlich veröffentlichte „The Art Market
2021“ zeigt als der angesehenste Kunstmarkt-
Bericht, wie sich der globale Markt durch die
Pandemie verändert hat. 2019 wurden weltweit
64,4 Milliarden Dollar in Kunst und Antiquitäten
investiert, bezogen auf offiziell gehandelte
Werke ohne Private Sales. 2020 erfolgte mit 50,1
Milliarden Dollar coronabedingt ein Knick. Die
größten Märkte bilden die USA (42%), China
(20%) und Großbritannien (20%), Deutschland
liegt bei 2%. Gerade Asien erweist sich als
starker Wachstumsmarkt. Für 2021 rechnen
Experten ähnlich wie 2020 mit einem pandemiebedingt
schwächeren Jahr. „Viele Verkäufer
halten Top-Ware zurück“, weiß Grimme. Insbesondere,
weil die meisten Messen, viele Ausstellungen
und Auktionen derzeit abgesagt sind. Im
Zuge dessen seien aber die Online-Vertriebswege
enorm gewachsen. Zudem nehmen Private Sales,
also das nicht öffentliche Angebot zum Verkauf
eines Kunstwerks an einen eingeschränkten Personenkreis,
beispielsweise durch Auktionshäuser
zu. Doch gerade die Corona-Ruhepause auf dem
Kunstmarkt kann ideal für den Einstieg sein, betont
Sturm. „Jetzt ist die optimale Zeit, um sich
Grundlagenwissen anzueignen.“ Vera König
Foto © picture alliance/KEYSTONE | ALEXANDRA WEY
Hoch im Kurs und wertstabil: Gemälde vom
deutschen Künstler Gerhard Richter.