Aktien & Märkte
INFLATIONSRISIKO:
SO REAGIEREN
ANLEGER RICHTIG
Für Preisstabilität sorgen. Das ist eine der innersten
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Kernfunktionen einer Notenbank. Besonders
für die Europäische Zentralbank (EZB) ist
es das oberste Ziel. Sie soll die Inflationsrate im
Euroraum bei knapp unter zwei Prozent halten,
womit die Preise stabil blieben. Steigt die Rate
über den Zielwert, muss sie eingreifen, beispielsweise
die Zinsen erhöhen.
So war mal die Theorie. Die Praxis, zeigt sich,
sieht ganz anders aus. Jetzt, da es so weit wäre
und die Mechanismen greifen sollten, schauen
die Währungshüter nur zu. Nach Jahren stagnierender
Preise und zum Teil deflationären
Tendenzen, also im Schnitt fallenden Preisen,
ist die Inflation im Zuge der Corona-Pandemie
zurückgekehrt. Und das mit unvorhergesehener
Wucht. In den USA stiegen die Preise im August
um 5,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Juli
waren es 5,4 Prozent. In Deutschland lag die Inflationsrate
im Juli bei 3,8 und im August bei
3,9 Prozent. In der Eurozone zeichnet sich mit
2,2 und drei Prozent ein moderateres Bild. Dennoch:
Die Teuerungsrate im August entspricht
der höchsten seit 2011 – und liegt klar über den
anzustrebenden „knapp zwei Prozent“.
Dies- und jenseits des Atlantiks zeichnet sich also
eine Entwicklung ab, die bei Notenbankern eigentlich
längst die Alarmglocken schrillen lassen
müsste. Jetzt müssten die obersten Währungshüter
eingreifen oder sich zumindest auf einen
Eingriff vorbereiten. Doch es tut sich nichts.
Ende des Jahres könnte die Inflationsrate so auch
in Deutschland um die fünf Prozent erreichen,
schätzt Bundesbankpräsident Jens Weidmann.
EZB-Chefin Christine Lagarde bat in einer
Zinssitzung jüngst um „Geduld“ und propagierte
eine Politik der „ruhigen Hand“. Eine
Sitzung vorher hattet die EZB bereits entschieden,
dass neue Inflationsziel möge nun
bei zwei Prozent liegen, vorübergehende Überschreitungen
wolle man darüber hinaus tolerieren.
Ifo-Chef Clemens Fuest sieht überdies
„keinen Grund zur Sorge“ und Jeremy Powell,
Präsident der US-Notenbank Fed verdeutlichte
auf der Notenbankkonferenz in Jackson
Hole Ende August noch einmal, dass er die
hohe Inflation für ein temporäres Phänomen
hält. In den nächsten Monaten dürfte sich die
Dynamik abschwächen. Auch die EZB glaubt
an eine bald wieder niedrigere Inflation. 2022
kalkuliert sie mit im Schnitt 1,5 Prozent, 2023
mit 1,4 Prozent.
Die Preise dies- und jenseits des Atlantiks steigen
rasant. Ökonomen beschwichtigen und verweisen
auf die Sondersituation in Folge der Pandemie.
Anleger sollten sich darauf nicht verlassen.
Es könnte anders kommen.
USA - Inflation - Veränderung zum Vorjahresmonat Stand: 17.09.2021 Eurozone - Inflation - Veränderung zum Vorjahresmonat Stand: 17.09.2021 D - Inflation - Veränderung zum Vorjahresmonat Stand: 17.09.2021