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© Rheinmetall
Passiert ist eine „Zeitenwende“, die sicher geglaubte
Garantien, Verträge, ja eigentlich die
gesamte Weltordnung in Frage stellt. Allen
voran
in Europa erfordert der russische Einmarsch
in die Ukraine ein neues Sicherheitsdenken.
Das bedeutet insbesondere für
Deutschland eine Kehrtwende in der Verteidigungspolitik
und in der Energieversorgung.
Rüstungsaktien waren lange Zeit
verpönt
Der Nachhaltigkeitsboom, der die Börsen zuletzt
erreicht hatte, wird damit auf eine harte
Probe gestellt. Das Volumen nachhaltiger
Fonds, die auf Basis der ESG-Kriterien das
Geld ihrer Kunden anlegen, war in den vergangenen
zwei Jahren regelrecht explodiert.
Rendite machen und dabei ein gutes Gewissen
haben, kam gut an bei Anlegern und eröffnete
vielen Banken neue Vermarktungsmöglichkeiten.
Immer mehr nachhaltige Fonds wurden
deshalb in der jüngeren Vergangenheit aufgelegt.
2021 waren es weltweit fast 6000. Mancher
Experte sprach schon von der „grünen
Blase“. Denn auch, wenn viele Fonds wenig
strenge Kriterien haben und sich damit beispielsweise
in vielen nachhaltigen ETFs nach
wie vor Aktien von Ölkonzernen befinden,
hat eine Umschichtung stattgefunden. Neben
„dreckigen“ Energieaktien, waren dabei ganz besonders
Rüstungsaktien verpönt. Und während
sich eine BP- oder Shell-Aktie über den Bestin
Class-Ansatz hier und da gerade noch in
ESG-Fonds unterbringen lies, gab es für viele
Rüstungskonzerne wirklich keine Argumente.
Vertreter der Rüstungsindustrie selbst berichteten,
dass sie Schwierigkeiten hatten, Kredite
zu erhalten, da Banken ESG-Bedenken hatten.
Der Vorstandsvorsitzende von Rheinmetall,
Armin Papperger, sagte im Januar gegenüber
Medien, dass sein Unternehmen etwa von
der Landesbank Baden-Württemberg und der
BayernLB
aufgrund ihrer ESG-Bedenken von
der Kreditvergabe ausgeschlossen worden sei.
Nun erlebt ausgerechnet diese Anlageklasse
ihr Comeback – und liefert Argumente als investitionswürdig
in die ESG-Kriterien aufgenommen
zu werden. Nach Ansicht der BDSV
jedenfalls, einer Lobbygruppe der deutschen
Rüstungsindustrie, ist der Einmarsch Russlands
in die Ukraine von großer Bedeutung für die
Frage der sozialen Nachhaltigkeit in Europa.