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AKTIEN & MÄRKTE  UNTERNEHMEN  Tra ding  FONDS  ZERTIFIKATE  Rohstoffe  Lebensar t Die Kur ist keine Wunderheilung Während die Konkurrenz sich also mit allerlei Skandalen, Verfahren, platzenden Krediten, Nullzinssorgen und Schieflagen in den Bilanzen herumplagt, hat Blessing seine Commerzbank besenrein gemacht. Kein Wunder, dass die Aktie – freilich nach Jahren des Kursmassakers – emporspringt wie der genesende Patient aus dem Krankenbett. Blessings Kur ist dabei keine Wunderheilung. Es ist das Ergebnis einer schmerzlich geduldigen Rekonvaleszenz, einer Art Chemotherapie bei Krebskrediten. Dabei darf man nicht vergessen: Blessing hatte eine schwere Erblast auf den Weg bekommen. Sein Vorgänger Klaus-Peter Müller hatte der Commerzbank just zum Ausbruch der globalen Finanzkrise die Übernahme der Dresdner Bank aufgehalst. Dieser Deal brachte die Commerzbank an den Rand des Ruins. Strategisch vielleicht eine gute Idee, im Timing aber eine Katastrophe. Die Fusion kurz vor der Eskalation der Finanzkrise überforderte das Institut so sehr, dass der Staat mit mehr als 18 Milliarden Euro frischem Kapital einspringen musste. Kurzum: Müller lies die Wanne voll laufen, Blessing hatte es auszubaden. Nun ist das Haus wieder trocken. Kommt nun eine größere Aufgabe? Umso bemerkenswerter ist, dass Blessing – dem nach Jahren der Dauerkritik jetzt allenthalben die Schultern geklopft werden – seinen Vertrag von sich aus nicht verlängert. Er könnte jetzt den Ruhm genießen und nach sieben mageren vielleicht sieben fette Jahre bei der Commerzbank hinlegen. Doch Blessing hört auf wie ein Preuße, der seinem Land meldet: Mission erfüllt. Der Übergangschef der Deutschen Bank John Cryan, der aus dem Aufsichtsrat als Feuerwehrmann mal eben in den Vorstand geschickt wurde, würde sich wünschen, er wäre mit den Aufräumarbeiten schon so weit wie Blessing. Denn zu lange wurde der Umbau der größten deutschen Bank von seinen Vorgängern hinausgezögert. Sie schreckten vor starken Einschnitten zurück und wählten lieber den bequemeren Weg über spekulative Gewinne aus dem Investmentbanking die Bilanz zu polieren. Doch vielleicht wird Blessing, der erst 52 Jahre alt ist, in ein, zwei Jahren selber neuer Chef der Deutschen Bank. Er wäre jung genug, erfahren genug, erfolgreich genug – der perfekte Mann, nach der Commerzbank nun auch die Deutsche Bank auf neue, solidere Pfade zu führen. Cryan könnte dann wieder in den Aufsichtsrat zurück wechseln. Die Rochade war ohnedies eher eine Notlösung. Für die Deutsche Bank wäre diese Personalie im übrigen die Rückkehr eines vertrauten Namens. Denn der Vater von Martin Blessing, Werner Blessing, war seinerzeit selber Vorstand der Deutschen Bank; sein Großvater Karl Blessing gar Bundesbankpräsident. Der gute Name ist jedenfalls jetzt eine Frankfurter Tradition geworden. Martin Blessing könnte nach der Mutter nun auch den Vater der deutschen Bankenfamilie wieder auf den Weg bringen. WW Fotos: Deutsche Bank Ragt dank Blessing mit Milliardengewinn hervor: die Commerzbank - hier der Blick auf die Frankfurter Konzernzentrale in der Frankfurter Skyline BÖRSE 23 am Sonntag · 11 | 201 6


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