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AKTIEN & MÄRKTE  UNTERNEHMEN  Tra ding  FONDS  ZERTIFIKATE  Rohstoffe  Lebensar t Pro & Contra US-Wahlen: Donald Trump als US-Präsident? „America first“: ein Horrorszenario Niemand sollte den Republikaner, der regelmäßig durch markige und auch deplatzierte Sprüche auffällt, unterschätzen oder abschreiben. Nicht umsonst lag Donald Trump vor einigen Wochen in relevanten Umfragen vor seiner Kontrahentin. Mit seiner stark abgrenzenden, den Nationalgedanken betonenden Rhetorik stößt er bei vielen USAmerikanern Thomas Hünicke Geschäftsf. Gesellschafter der WBS Hünicke Vermögensverwaltung GmbH, auch auf Gegenliebe. Düsseldorf Doch was wären die Konsequenzen für die Märkte und Geldanleger? Trump stellt seine Wirtschaftspolitik unter das Motto „America first“. Der Amerikanismus soll eine globale ökonomische Perspektive ablösen. Im Fokus steht dabei vor allem, den Handel zu „amerikanisieren“. Dass dies einem ökonomischem Suizid gleichkommt, haben auch konservative Beobachter schon oft genug betont. Dieses Vorgehen würde zu einer neuen Rezession führen – nicht nur in den USA, sondern weltweit. Der Warenaustausch zwischen den USA und dem Rest der Welt käme praktisch zum Erliegen. Dabei sind die USA weltgrößter Absatzmarkt für Importgüter. Deutsche Unternehmen exportierten 2015 Waren im Wert von 124,1 Milliarden US-Dollar in die USA. Um das an einer Branche zu verdeutlichen: Die deutschen Maschinenbauer, zu denen neben vielen Mittelständlern auch Dax-Konzerne wie Thyssen-Krupp oder Linde gehören, haben 2015 durch ihr USA-Geschäft 16,8 Milliarden Euro umgesetzt. Ein spürbarer Einbruch in dem wichtigsten Markt über-haupt würde sich sofort auf die Börsenkurse aus-wirken, die Unternehmen viel Kapitalisierung kosten und Anlegern Verluste in den Portfolios bescheren. Es ist daher notwendig, die weiteren Entwicklungen in den USA genau zu beobachten. Im Zweifel kann es sogar Sinn ergeben, USA-Werte Anfang November erst einmal glatt zu stellen, um nach der Wahl und den ersten Reaktionen wieder einzusteigen. Kein Grund zur Panik! Inzwischen steht fest, was anfänglich viele für un-möglich hielten: Der Republikaner Donald Trump wird gegen die Demokratin Hillary Clinton antreten. Gleich zu Beginn der heißen Wahlkampfphase hat Trump angekündigt, dass er jetzt „die Handschuhe ausziehen“ werde: „No more Mr. Nice Guy“ (Vorbei mit dem netten Kerl). Angesichts seiner bisherigen unkontrollierten Hasstiraden fragt man sich, wie er sich steigern möchte. Der Ausgang der Wahl im November ist aus Michael Reuss Geschäftsf. Gesellschafter der Huber, Reuss & Kollegen Vermögensverwaltung, München heutiger Sicht völlig offen. Für Anleger stellt sich nach dem „Brexit“- Debakel die Frage: Könnte eine Wahl Trumps zum US-Präsidenten eine neue Schockwelle an den Börsen auslösen? Auf den ersten Blick ist diese Gefahr nicht von der Hand zu weisen, denn unter Trump scheint alles möglich – und Unberechenbarkeit belastet oft die Aktienbörsen. Bei näherem Hinsehen stellt man jedoch fest: Ein US-Präsident ist zwar mächtig, aber eben nicht allmächtig. Diese Diskrepanz würde der politische Amateur Trump im Falle seiner Wahl sehr schnell spüren: Der New Yorker Geschäftsmann will mit den Chinesen neue Handelsabkommen besprechen. Er möchte, dass die NATO-Partner mehr Geld für das Militär ausgeben. Und er will, dass Mexiko für eine Mauer zu den USA bezahlt. Es ist kaum anzunehmen, dass er in diesen Punkten mit seinen außenpolitischen Verhandlungspartnern schnell Einigkeit erzielen wird. Und innenpolitisch setzt die Verfassung der präsidialen Macht enge Grenzen. So ist Gesetzgeber ausschließlich der Kongress und eben nicht der Präsident. Gerade in Obamas Amtszeit wurde deutlich, dass Senat und Repräsentantenhaus, die zusammen den Kongress bilden, häufig nicht nach der Pfeife des Präsidenten tanzen. Ein Präsident kann zwar eine Verfügung erlassen, aber kein Gesetz verabschieden. Überschreitet er seine Befugnisse, werden die Gerichte eingeschaltet. Neben dem Obersten Gerichtshof gibt es weitere Bundesgerichte und 50 Bundesstaaten mit eigener Gerichtsbarkeit. Das gilt übrigens auch für die Entsendung von Streitkräften: Soll dies dauerhaft erfolgen, muss der Kongress zustimmen. Unser Fazit daher: Lassen Sie sich von den wilden Wahlkampfparolen Trumps nicht beeindrucken, denn der Kongress und die Gerichte werden ihn wirksam ausbremsen. Bleiben Sie gelassen – und halten Sie Aktien! 21 BÖRSE am Sonntag · 111 | 201 6


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