AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART
wider. Das Wachstum wird in Zukunft deutlich höher ausfallen
als in den Industrienationen. Der Internationale Währungsfonds
rechnet für 2019 mit einem Wachstum des Brutto-Inlandsprodukts
für 2019 von 4,9 Prozent! Die Industrienationen sollen
heuer eher bescheiden mit 2,1 Prozent wachsen. Die Bewertungen
der börsennotierten Unternehmen sind aktuell um ca. 25 Prozent
attraktiver als in den entwickelten Märkten.
Zitat Gabriela Tinti, Fondsmanagerin für Schwellenländer-
Aktien, Erste Asset Management: „Emerging-Markets-
Aktien um 25 Prozent günstiger als der Rest der Welt.“
Welche Faktoren zeichnen die Schwellenländer als
Anlageregion aus?
Tinti: 80 Prozent der Weltbevölkerung leben in den Schwellenländern.
Steigender Wohlstand, Urbanisierung, Ausbau der Infrastruktur
und Rohstoffbedarf werden weithin die Wachstumstreiber
sein. Gleichzeitig sehen wir innovative Unternehmen im
Bereich Technologie mit dem Potenzial zum Weltmarktführer. Es
wird viel in Forschung und Entwicklung investiert. Das sieht man
auch bei den Patentanmeldungen. Neben diesem Wachstumspotenzial
müssen politische und wirtschaftliche Herausforderungen
sowie höhere Risiken (wie zum Beispiel Russland-Sanktionen,
Entwicklung in der Türkei oder China) genau analysiert und abgewogen
werden. Ein selektives Vorgehen ist wichtig und ESGKriterien
(ESG = Environmental, Social, Government) helfen uns,
nachhaltige und wertsteigende Anlage-Entscheidungen bei der
Auswahl der Aktien zu treffen.
Welche Herausforderungen ergeben sich für die
ESG-Analysten in der Betrachtung der Emerging
Markets? Wie erfolgt die Auswahl der infrage kommenden
Aktien?
Benedikt: Nachhaltige Investitionen werden häufig durch ethische
Postulate angetrieben, zum Beispiel einen kirchlichen Wertekatalog.
Die Schwierigkeit solcher Ansätze besteht darin, dass
westliche bzw. europäische Moralvorstellungen nicht einfach auf
andere Kulturen übertragen werden können. Ethik hat eine andere
Bedeutung in China als in Deutschland. Versucht man, ein
chinesisches Unternehmen strikt nach europäischen Ethik-Standards
zu betrachten, führt dies zwangsläufig zu Unverständnis.
Zitat Dominik Benedikt, ESG-Research Analyst, Erste
Asset Management: „Westliche Moralvorstellungen
können nicht einfach auf andere Kulturen über
tragen werden.“
BÖRSE 43 am Sonntag · II | 2019
Foto © Erste Bank - Christian Wind