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AKTIEN & MÄRKTE  UNTERNEHMEN  Trading  FONDS  ZERTI FIKAT E  Rohstoffe  Lebensart Kolumne DAX & Co. unter günstigen Vorzeichen Schaut man derzeit als Anleger auf Europa, findet man auf den ersten Blick wenig Erfreuliches: Die unsichere politische Lage in Griechenland, der schwelende Ukraine- Konflikt und die nach wie vor eher verhaltene wirtschaftliche Erholung geben vielmehr Anlass zur Sorge. Doch ich sehe auch positive Signale: Denn trotz der unzweifelhaften Herausforderungen präsentieren sich Europas Aktienmärkte aktuell in robuster Verfassung. Der deutsche Leitindex DAX zum Beispiel kletterte von einem historischen Höchststand zum Nächsten. Ermutigend erscheint mir vor allem die Tatsache, dass der positive Aktienmarkttrend in Europa mittlerweile nicht mehr nur von der lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank getrieben wird – auch die Unternehmen selbst steuern mehr und mehr zur Aktienmarktperformance bei. So nahm das Ausmaß negativer Gewinnrevisionen in Europa zuletzt zunehmend ab und kehrte sich kurzzeitig sogar wieder ins Positive. Für den europäischen Aktienindex Stoxx 600 erwarte ich für das Gesamtjahr 2015 daher ein Gewinnwachstum von rund 5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Viele europäische Unternehmen könnten sich zum einen den gefallenen Ölpreis und zum anderen die zunehmende Euro- Schwäche zu Nutze machen. Insbesondere exportlastigen Unternehmen bringt der schwache Eurokurs Vorteile, da ihre Produkte außerhalb der Eurozone günstiger und dadurch wettbewerbsfähiger werden. Bislang schlägt sich dies in den Bilanzen jedoch nur teilweise nieder: Denn viele Unternehmen hatten sich zuvor gegen Währungsschwankungen abgesichert. Dadurch, dass diese Absicherungsgeschäfte nun aber nach und nach auslaufen, könnte der positive Effekt im Jahresverlauf zunehmend spürbar werden. Der größte Profiteur dieser Entwicklungen könnte aus meiner Sicht der deutsche Aktienmarkt sein. Zum einen ist der Anteil an Unternehmen aus der Rohstoffbranche vergleichsweise gering, weshalb die positiven Effekte des niedrigen Ölpreises bei weitem überwiegen sollten. Zum anderen ist die Ausrichtung auf den Export in Deutschland besonders stark: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes erwirtschafteten deutsche Unternehmen im Jahr 2014 mit rund 1,1 Billionen Euro einen neuen Exportrekord – wovon allein 60 Prozent in den Nicht-Euroländern erzielt wurden. Entsprechend optimistisch sind daher die Gewinnaussichten für die Unternehmen im deutschen Leitindex DAX, die sogar noch die Werte für den gesamteuropäischen Markt übertreffen: Ich rechne für das Gesamtjahr 2015 mit einem Gewinnplus von rund 9 Prozent. Zugute kommt dem DAX derzeit seine im internationalen Vergleich sehr zyklische Ausrichtung, also der hohe Anteil von zum Beispiel Automobilwerten. Der Sektor zählt momentan zu den Haupttreibern der positiven Kursentwicklung, da weltweit insbesondere die Nachfrage nach Premiummodellen weiter angezogen hat – und die werden vor allen Dingen von deutschen Unternehmen gebaut. Entsprechend hoch fallen ihre Gewinne aus: Jeder vierte Euro, der im DAX verdient wird, fließt heute in die Kassen der Autoindustrie. Viele europäische Unternehmen scheinen für die Zukunft mittlerweile wieder vergleichsweise gut aufgestellt. Ein besonderes Augenmerk sollten Anleger auf den deutschen Aktienmarkt legen, auch weil der DAX ein Kurs-Gewinn-Verhältnis aufweist, das unter seinem langjährigen Mittel liegt. Da kurzfristige Schwankungen wegen einer Vielzahl möglicher Einflussfaktoren aber nicht auszuschließen sind, sollten Anleger auch innerhalb Europas auf eine breite regionale Diversifikation achten. Dr. Ulrich Stephan Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank BÖRSE 13 am Sonntag · 1 | 201 5


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