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Lebensart  AKTIEN & MÄRKTE  unternehmen  fonds  Zertifikate  rohstoffe Dali folgendermaßen: „Die Geschichte, wie sie uns in der Literatur oder in legendären Erinnerungen überliefert ist, kennt nur wenige Beispiele einer Existenz, die sich so ohne Scham in ihrer extremsten Maßlosigkeit behauptet, und einer Intelligenz, deren Schärfe sich bis zum Paroxysmus hellsichtigen Deliriums zu steigern weiß.“ Eine exzentrische Persönlichkeit In seiner Autobiographie schrieb Dali: „Der Aufruhr des Größenwahns erreichte (…) eine solche Höhe deriöser Egozentrik, daß ich mich zum Gipfel der unerreichbarsten Sterne emporsteigen fühlte.“ Schon in seiner Kindheit malte er ein Selbstportrait als Kindkönig mit Krone; ein Symbol seiner Selbstwahrnehmung, die ihn sein ganzes Leben lang begleiten sollte. Als junger Erwachsener rebellierte er gegen alles Herkömmliche und suchte nach neuen Wegen. Er schloss sich den Anarchisten an und erhoffte sich vom Sozialismus die Geburt eines neuen Menschen. Vor allem in den USA wurde Dali als Popstar verehrt, der mit seinen sorgsam geplanten exzentrischen Auftritten für Aufsehen sorgte. Er schaffte es, sich eher wie ein Schauspieler in Szene zu setzen und mit den Medien zu spielen. Die Zeiten, wo Künstler wie van Gogh einsam in ihrem Atelier Bilder erstellten und in Armut lebten, waren überholt. Dank der Geschäftstätigkeit seiner Frau Gala stieg Dali zu einem der reichsten Männer der modernen Kulturgeschichte auf. Dauernd Dali – in Berlin Seit 2009 sind über 450 Werke Dalis aus privaten Sammlungen in einer Dauerausstellung am Potsdamer Platz in Berlin zu sehen. Diese Dauerausstellung wurde am 20. Todestag Dalis eröffnet und soll auch an den Fall der Mauer vor ebenfalls 20 Jahren erinnern. Sie wird nicht wie so oft von staatlicher Seite subventioniert, sondern ist eine privat getragene Angelegenheit mit Gewinnerwartung. Dort werden Zeichnungen, Lithographien, Radierungen, Holzschnitte, illustrierte Bücher, Dokumente, Grafiken und komplette Mappenwerke, inklusive der von ihm selbst gestalteten Mappenobjekte, dreidimensionale Arbeiten, multiple Objekte und Skulpturen ausgestellt. Zu den Höhepunkten der Ausstellung gehört der Zyklus „Die Göttliche Komödie“ nach dem Text des italienischen Dichters Dante Alighieri. Gerade in diesem Bildzyklus zeigt sich die einzigartige bildhafte, künstlerische Interpretation Dalis zu einem Hauptwerk der italienischen Literatur. Dieser Zyklus gehört zu den schönsten und künstlerisch besten Buch- und Literaturinterpretationen in der Kunst des 20. Jahrhunderts. Außerdem ist das komplette Werk „Tristan und Isolde“ zu sehen, das im Februar 1970 mit 21 Kaltnadelradierungen vollendet wurde. Die Skulptur des „Surrealistischen Engels“, der als diesseitige Verkörperung eines jenseitig Körperlosen einen geöffneten Oberkörper für die Einwirkung des Himmels besitzt, wird ebenfalls gezeigt. Als Service gibt es „Dali-Scouts“, die den Besucher entweder bei den etwa stündlich stattfindenden Führungen durch die Ausstellung geleiten oder auch jedem Besucher Fragen beantworten oder Anregungen geben. Dieses kulturelle Highlight hat jedoch auch einige Schönheitsfehler, vor allem die museumspädagogische Konzeption ist verbesserungswürdig. Weder werden die Werke durch Texttafeln erläutert, noch existieren Schautafeln, die über die Zeit, in der die Werke entstanden sind, genaueren Aufschluss geben. Vor allem Besucher, die sich nicht so gut in Kunstgeschichte auskennen, sind dazu gezwungen, das Begleitheft zu kaufen oder eine Führung mitzumachen. Aber auch trotz Begleitheft und/ oder Führung vermittelt die Ausstellung nicht genügend Einblicke in Dalis Leben und Umfeld. Werk und Leben ist gerade bei Dali schwer zu trennen. Durch die ausschließliche Beschilderung in deutscher Sprache werden die vielen internationalen Besucher der Ausstellung vor den Kopf gestoßen. Dies ist für eine Metropole, die sich als weltoffen versteht, ein wenig beschämend. Positiv hervorzuheben sind dagegen die langen Öffnungszeiten bis 20 Uhr, die es vor allem berufstätigen Menschen erlauben, innerhalb der Woche die Ausstellung zu besuchen. Der Leipziger Platz, ein noch im Wiederaufbau befindliches Ensemble, liegt in unmittelbarer Nähe des bekannten Potsdamer Platzes im Herzen Berlins. Michael Lausberg © Manuel González Olaechea y Franco / Wikimedia Commons Salvador Dalí, „Rinoceronte vestido con puntillas“ von 1956, Marbella, Spanien BÖRSE 53 am Sonntag · 1 | 201 5


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