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Lebensar t  AKTIEN & MÄRKTE  unternehmen  fonds  Zertifikate  rohstoffe Völkermord, der die Vision eines rein muslimischen Staates verwirklichen sollte. Einer Vision, die im übrigen in der heutigen Türkei fast komplett verwirklicht ist, das sei aber nur nebenbei erwähnt. Eine weitere Linie führt von diesem Völkermord zum Holocaust, zum millionenfachen Mord an den Juden Europas – auch das kann bei der Lektüre dieses Buches erspürt werden. Nicht von der Hand zu weisen ist Hesemanns These, dass der Völkermord an den Armeniern ein historisches Vorbild für den Völkermord an den Juden durch die Nationalsozialisten war und sich diese Entwicklungen in anderen Verfolgungen bis zu den aktuellen Christenverfolgungen im Nahen und Mittleren Osten fortsetzten. Vor diesem Hintergrund ist Hesemanns Werk ein enorm wichtiger Beitrag zur Aufarbeitung des Völkermords, gegen dessen Verharmlosung, gegen dessen Leugnung. Würden die Toten vergessen – die 1,5 Millionen Menschen aus Armenien würden ein zweites Mal sterben. Das Buch wird ergänzt durch eine Karte auf dem Frontispiz, die die verübten Massaker und Deportationen verortet. Enthalten sind auch einige Bilder und Abbildungen von Briefen. Hier wäre allerdings ein eigener Bildteil in höherer Auflösung deutlich aussagekräftiger und anschaulicher gewesen. Leider fehlt auch ein Glossar. Graphisch ist das Buch gelungen, der Einband ist schlicht gestaltet und jede Kapitelüberschrift ist mit einem armenischen Kreuz gestaltet. Dem Buch ist ein Vorwort von Azat Ordukhanyan, dem Vorsitzenden des Armenisch-Akademischen Vereins, vorangestellt, der fordert, den Völkermord auch als „Patriozid“, also als Raub der Heimat anzuerkennen. Da wäre fürwahr wichtig. Eine Aufarbeitung des Völkermords in Armenien würde alle Länder, die beteiligt sind, grundsätzlich verändern – vor allem eines. Doch die schon angesprochene Vorbildrolle für den Nationalsozialismus in Deutschland – für Hitler persönlich! – ist noch nicht annähernd im Bewußtsein angekommen. Michael Hesemann könnte mit seinem Buch den Beginn der Trauerarbeit um die Opfer des Völkermords der Jungtürken an den Armeniern anstoßen. Das würde auch eine abermals erneuerte und vertiefte Sicht auf den Greuel des Nationalsozialismus ermöglichen. Auch darum ist dieses Buch so wichtig. Am 24. April 1915 hat der Völkermord an den Armeniern, den Aramäern und den Pontos-Griechen mit einem Massaker begonnen. Ein Jahrhundert. Wir müssen darüber reden. Eva-Maria Dempf Sie finden uns unter: www.tabularasamagazin.de Anzeige Sie finden uns unter: www.tabularasamagazin.de BÖRSE 81 am Sonntag · 11 | 201 5 Rezension


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