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KUNST UND LEBENSART Jacob van Utrecht, „Verkündigungsaltar“ (1522) 107 verkehrten bei Hofe, waren befreundet mit anderen Geistesgrößen (so war zum Beispiel Lucas Cranach d. Ä. Taufpate von Martin Luthers ältestem Sohn Johannes). Die Werke dieser altdeutschen Kunst fanden durch ihre kraftvolle Bildsprache über Jahrhunderte ihre Liebhaber und standen doch lange Zeit im Schatten der alles überstrahlenden italienischen Renaissance – sowohl was die Bewertung durch Kunsthistoriker betrifft als auch in ihrer Bedeutung am Kunstmarkt. Doch das hat sich in den vergangenen Jahren durchaus geändert. Kunsthistorikerinnen wie die Bonner Professorin Anne- Marie Bonnet und ihre Münchner Kollegin Gabriele Kopp-Schmidt beschreiben die deutsche Renaissance nunmehr eher als eine Epoche, die zwar von Italien beeinflusst war und sich in der Auseinandersetzung mit dem Schaffen jenseits der Alpen weiterentwickelte, aber dennoch von Anfang an eine eigene, spezifische Ausrichtung hatte. In ihrem opulenten Bildband „Die Malerei der deutschen Renaissance“ sehen Bonnet und Kopp-Schmidt die altdeutsche Kunst dabei durchaus auf einer Stufe mit der italienischen Renaissance. Seit einigen Jahren zeigt auch der internationale Kunstmarkt ein stärkeres Interesse für Gemälde der altdeutschen Epoche. 2011 wurden beispielsweise im Londoner Auktionshaus Sotheby’s für ein Altarbild des Malers Hans Schäufelein 2,7 Millionen Dollar gezahlt. Kurz zuvor war das von Georg Pencz um 1545 gefertigte Porträt „Sigmund Baldinger“ gar für zwölf Millionen Dollar angeboten worden. Im Mittelpunkt des Interesses stehen zumeist Arbeiten des herausragenden Künstlers jener Zeit, Albrecht Dürer (der übrigens auch als Grafiker und Mathematiker Bekanntheit erlangte). Sein Werk „Adam und Eva“ wurde 2011 in einer Spezialauktion bei Christie’s für knapp 410.000 englische Pfund nach Südamerika verkauft – nach Auskunft des Auktionshauses ein Rekordpreis für eine Dürer-Grafik. Die „Verkündigung“ des Lübecker Stadtmalers Jacob van Utrecht erzielte 770.250 Pfund. Martin Schongauers „Maria auf der Grasbank“ erhielt bei 145.250 Pfund den Zuschlag – bei einer Taxe von 30.000 bis 50.000 Pfund. Der Dürer-Kupferstich „Ritter, Tod und Teufel“ kam mit 217.250 Pfund immerhin noch auf die doppelte Schätzung. Überhaupt gilt das Werk Dürers (1471- 1528) als prägend für die gesamte Epoche, in der Kunsthistoriker den Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit sehen. Die Jahre um 1500 (von vielen auch als „Geniezeit“ der deutschen Kunst bezeichnet) tragen


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