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Anlagetrends2016

Behält der Rentenanleger seine Anleihe bis zur Tilgung im Depot, ist die Lage klar und einfach: In diesem Fall zahlt der Schuldner das Wertpapier – Solvenz vorausgesetzt – zur Fälligkeit zum Kurs von 100 Prozent zurück. Interessanter und potenziell renditeträchtiger ist der Anleihehandel vor deren Fälligkeit. Dann nämlich können die Marktkräfte großen Einfluss auf die Preisfindung gewinnen. Allen voran: der allgemeine Marktzins. Seine Höhe steht unter dem Einfluss von Notenbanken, der Konjunktur und der Erwartung an die künftige wirtschaftliche Entwicklung. Fallen die Zinsen, steigen die Kurse Es gilt die Regel: Fällt der Marktzins, steigt die Attraktivität bestehender Anleihen und damit in aller Regel ihr Börsenkurs. Steigt der Marktzins hingegen, verliert die Anleihe – relativ zum Markt – an Attraktivität. Ihr Börsenkurs sinkt. Mit Annäherung an das Laufzeitende aber entfaltet der Rückzahlungskurs von 100 Prozent eine magisch-anziehende Wirkung. Der Kurs strebt dieser Marke gewissermaßen entgegen. Besonders empfindlich: Langläufer mit niedrigen Kupons Aus diesem Wirkprinzip folgt: Je länger die Laufzeit einer Anleihe und/oder je niedriger ihr Kupon, desto heftiger reagiert sie bereits auf kleinste Fluktuationen beim Marktzins. Die (nominelle) Höhe der Kuponzahlung bleibt davon freilich ebenso unberührt wie die Rückzahlung zur Fälligkeit zum Kurs von 100 Prozent. Die zwischenzeitlichen Schwankungen aber können aktive Anleger gezielt nutzen. Das Zinsänderungsrisiko am Beispiel Das Maß der Schwankungen verdeutlicht ein Beispiel: Der Anleger erwirbt eine Anleihe mit einer Laufzeit von zehn Jahren. Der 42 // Anlagetrends 2016 Kupon beträgt zwei Prozent, der Kapitalmarktzins ebenfalls zwei Prozent. Folglich sollte der Kurs des festverzinslichen Papiers exakt bei 100 Prozent notieren. Wer also 5.000 Euro anlegen möchte, muss weder Ab- noch Aufgeld zahlen; er kommt mit eben jener Summe zum Zug. „Zu pari“ nennt das der Rentenexperte. Nun aber steigt der Marktzins von zwei auf drei Prozent. Eine banale Änderung? Mitnichten: Zwar erhält der Anleger weiter Jahr für Jahr seinen Kupon von zwei Prozent. Aber der Wert des Zahlungsstroms künftiger Erträge verringert sich. Der Fachmann spricht vom „Abdiskontieren“ künftiger Erträge. Die Folge: In diesem Beispiel fiele der Kurs von 100 auf knapp unter 91 Prozent – ein Minus von fast zehn Prozent. Wäre der Marktzins hingegen von zwei auf ein Prozent gefallen, hätten aktive Anleger Gewinne von rund zehn Prozent realisieren können. Vor Zinsänderungsrisiken schützen Nicht jeder Anleger möchte Kurseinbrüche während der Laufzeit hinnehmen. Wer sich vor solchen Schwankungen weithin schützen möchte, kann zu Anleihen mit variablem Kupon greifen: Koppelt der Schuldner die Höhe der Zinszahlungen an den Marktzins, dämpft dies die Schwankungen. Inflation-Linked-Bonds sind ein solches Beispiel für variable Verzinsung. Die Kupons dieser zumeist von Staaten begebenen Schuldscheine orientieren sich in der Regel an den Verbraucherpreisen: Steigt die Inflation, bleiben die Kurse dieser Spezies im Idealfall sogar stabil. Wissen Was bedeutet „Zinsänderungsrisiko“?


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