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Die Verkaufsabteilungen der Banken hatten die Hypotheken an solche Kunden vergeben, die sich einen Kredit überhaupt nicht leisten konnten. Ein Ausfall war also vorprogrammiert. Die Banken mussten nur offiziell die Werbetrommel rühren und heimlich Kreditausfallversicherungen abschließen, um später vom Zusammenbruch des Marktes zu profitieren. Sie setzten also ganz bewusst im Hypotheken-Boom auf das Platzen der Blase. Ein anderes Beispiel bietet der Ölpreis im Jahr 2008. Er stieg bis auf ein Hoch dicht unter 200 Dollar pro Barrel. Doch nur gelegentlich wagte es ein Experte, darauf hinzuweisen, dass am Markt kein Mangel, sondern ein Überangebot besteht und die meisten Öl-Future-Kontrakte nicht von Verbrauchern, sondern von Finanzhäusern gehalten werden. Auf der anderen Seite fiel der Preis danach so stark, dass viele glaubten, Öl werde nie wieder bei 100 Dollar gehandelt. Eine Parallele zum Jahr 2015: Im September meldete Russland, Produzenten und Staaten müssten sich darauf einstellen, dass der Rohölpreis nie wieder 100 Dollar erreichen wird! Das jüngste Beispiel für Chancen findet sich beim China-Schock vom 24. August 2015. Während die Kurse in Frankfurt bereits an den Vortagen nachgegeben hatten, ließ sich an diesem Tag ein erhöhtes Volumen erkennen, mit dem die letzten Angsthasen in 76 // Anlagetrends 2016 Panik das Weite suchten. In der Presse gab es kaum eine Publikation, die nicht den Untergang der Weltwirtschaft durch schwaches Wachstum in China heraufbeschwörte. Kurzfristig ließen sich hier Chancen mit einer konträren Strategie nutzen. Doch nicht immer läuft es so glatt. Manchmal läuft ein Trend und wächst eine Blase länger als gedacht. Generell lässt sich als Faustregel festhalten, dass gegensätzliche Anlagestrategien eher in Märkten erfolgreich sind, die bereits sehr reif, also schon lange gelaufen sind. Das gilt nicht nur für den Gesamtmarkt. Auch einzelne Aktien können so heißlaufen, dass eine Gegenbewegung abzusehen ist. Trotzdem werden Analysten von Bankhäusern die Titel bis zum Schluss in den Himmel loben. Derzeit fällt der Blick dabei auf Apple. iPhone, iPad, Apple Watch, Apple TV und in Zukunft das Apple Auto. Die Analyse des Verhaltens von Marktteil- nehmern hat eine eigene Disziplin ins Leben gerufen: Behavioral Finance. Nicht nur Analysten loben die Aktie regelmäßig und die Presse tut das Ihre, um auf der Apple-Euphorie-Woge mitzuschwimmen. Auch der aggressive Großinvestor Carl Icahn liebt es, darauf hinzuweisen, dass die Apple-Aktie unterbewertet sei. Dabei profitiert er beträchtlich von jedem Kursanstieg. Im Mai erklärte er öffentlich, der Aktienpreis sollte eigentlich bei 240 Dollar liegen – mehr als 100 Dollar über dem damaligen Kurs. Doch just zu diesem Zeitpunkt schwenkte die Apple-Aktie in eine Seitwärtsbewegung ein und ist inzwischen nach unten abgekippt. Wissen Grafik 3: Beispiel China Grafik 4: Beispiel Apple


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