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Vorwort Vor zwei Jahren schien Geldanlage so vergnüglich wie ein Zahnarztbesuch. Was immer man tat, es schien weh zu tun. Die Schuldenkrise drohte Kapitalanleger zu den großen Verlierern der Geschichte zu machen. Enorme Risiken warteten an jeder Börsenecke, und durch die extrem niedrigen Zinsen glaubte man sich gezwungen, sehenden Auges Kapital zu vernichten. Inzwischen hat die Schuldenkrise ihre Zähne verloren. Anleger haben sich auf neue Risiken eingestellt – und sie haben neue Chancen entdeckt. Das Geldvermögen ist 2012 und 2013 wieder deutlich gewachsen, die Anlagebilanzen sehen sogar überraschend gut aus. Nicht nur mit Immobilien und Fonds läuft das Geschäft blendend. Auch Unternehmensanleihen und Aktien haben vielen Anlegern neue Freude gemacht. Die Zahl der Anleger, die direkt in Aktien investieren, ist in Deutschland auf rund 4,9 Millionen und damit auf den höchsten Stand seit 2003 gestiegen. Und die Kurse haben sich seit den Tiefs von 2009 glattweg verdoppelt. Selbst der Zertifikatemarkt behauptet sich, und im Geschäft mit Staatsanleihen haben all jene gute Renditen, die eben nicht auf Untergangspropheten gehört und auch bei italienischen oder spanischen Titeln zugegriffen haben. Skeptische Gemüter warnen gleichwohl, dass die eskalierende Geldschöpfung der Notenbanken und die Unfähigkeit westlicher Staaten zu ausgeglichenen Haushalten kein gutes Ende nehmen werde. Es ist tatsächlich ein gewagtes Manöver der Zentralbanken, einerseits selber Staatsanleihen aufzukaufen, andererseits das Bankensystem derart mit billigem Geld zu überschwemmen, damit auch diese Banken neue Staatsanleihen kaufen. Diese Strategie funktioniert wie ein Methadonprogramm für Drogensüchtige. Es beseitigt die Krankheit der staatlichen Schuldensucht nicht, sondern lindert nur den Entzugsschmerz der Märkte. Das Zentralbankmethadon hat nur einen Effekt – es kauft Zeit. Die Staaten sollten diese Zeit dringend nutzen, sich zu reformieren, wettbewerbsfähiger zu werden und endlich ausgeglichene Haushalte anzustreben. Doch gelingt ihnen das? Untergangspropheten glauben nicht daran. Sie künden wahlweise die „Megainflation“, den „Zusammenbruch des Finanzsystems“, eine „Riesenrezession“ oder alles zusammen an. Das böse Wort von Wolfram Weimer Verleger und Herausgeber der BÖRSE am Sonntag Geldanlage macht wieder Spaß der Argentinisierung des Westens macht bereits die Runde, zumal die Politik lieber die Finanzmärkte reguliert und bürokratisiert als ihre eigenen (Schulden-)Probleme zu bekämpfen. Auf der anderen Seite könnte es aber auch so sein, dass wir mit der Staatsschuldenkrise glimpflich davonkommen. Die Politik hat gelernt, mit drohenden Schocks umzugehen und Krisenlagen besser zu bewältigen. Europa quält sich zwar, aber es reformiert sich auch. Aus den USA kommen zaghaft positive Konjunktursignale, die befürchtete Rezession in Asien und Lateinamerika bleibt aus. Vielmehr setzt sich der Aufbruch vieler Schwellenländer (behutsamer bloß) fort. Der globale Innovationsschub verliert zwar an Dynamik, bleibt aber intakt. Wie immer man es sieht – nun ist es besonders wichtig, genau hinzuschauen, die langen Linien der Trends zu verfolgen, besondere Konstellationen zu erkennen, Hintergründe und Zusammenhänge klarzumachen – genau dazu dient dieses Magazin. Wir wünschen Ihnen reichen Erkenntnisgewinn bei der Lektüre und vor allem schmerzfreien Erfolg mit Ihren Anlagen. 3


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