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Sind Familienunternehmen die besseren Investments?

Familiengeprägte Unternehmen sind den Nicht-Familienunternehmen oftmals überlegen. Sie bilden stärkere Marken, denken und planen langfristig. Auf welche Merkmale Anleger achten sollten, und wer sich besonders auszeichnet.

BÖRSE am Sonntag

Familiengeprägte Unternehmen sind den Nicht-Familienunternehmen oftmals überlegen. Sie bilden stärkere Marken, denken und planen langfristig. Auf welche Merkmale Anleger achten sollten, und wer sich besonders auszeichnet.

Eine Analyse von Vontobel

Viele Investoren sehen Familienunternehmen als eher kleine Unternehmen, die sich im Privatbesitz befinden. Die Realität sieht jedoch ganz anders aus. Familienunternehmen sind die Grundpfeiler vieler Volkswirtschaften und tragen wesentlich zur Wirtschaftsleistung eines Landes bei. So weist beinahe die Hälfte der größten französischen und deutschen börsennotierten Unternehmen und ein Drittel der größten US-Unternehmen einen starken Familieneinfluss auf. Dazu gehören unter anderem weltweit bekannte Namen wie LVMH in Frankreich, Beiersdorf in Deutschland, Idorsia in der Schweiz und Berkshire Hathaway in den USA.
 
Darüber hinaus zeigen diverse Studien, dass Aktien von familiengeprägten Unternehmen eine bessere Performance aufweisen als der Aktienmarkt allgemein. Das lässt die Frage aufkommen, was diese Unternehmen so besonders macht. Gemäß Aussagen des Vontobel CIO-Offices (Juni 2018) zeichnen sich ebendiese Firmen durch verschiedene Qualitätsmerkmale aus.

Erfolgsrezept von familienbeeinflussten Unternehmen

Unabhängig von ihrer Größe setzen sich viele dieser Unternehmen besonders hohe Qualitätsstandards, zukunftsorientierte Ziele und arbeiten auf langfristige Erfolge sowie strategische Visionen hin – und lassen sich nicht von kurzzeitigen Ergebnissen blenden. Ihr Geschäftsmodell ist darauf ausgerichtet, mehrere Generationen zu überdauern. Außerdem werden sie erfahrungsgemäß umsichtiger geführt, was sich in stärkeren Bilanzen und geringeren Verschuldungsgraden abzeichnet. Zudem weisen Familienunternehmen eine bessere Abstimmung zwischen Anteilseigner und Managementinteressen auf sowie eine erhöhte Konzentration auf ihr Kerngeschäft, welches in der Regel überdurchschnittliches Ergebniswachstum und Profitabilität aufweist.

Nicht vom kurzfristigen Erfolg geblendet

Das Verfolgen zukunftsorientierter Ziele und der Fokus aufs Kerngeschäft bilden die Grundbausteine von Familienunternehmen. Eine zu starke Fragmentierung und Verzettelung der Geschäftsbereiche wird daher meist vermieden. Ein langfristiges und nachhaltiges Wachstum zu erreichen, stellt meist ein wichtiges oder sogar das größte Ziel dar. Investitionen werden infolgedessen strategisch und aus einem auf längere Zeit ausgerichteten Gesichtspunkt heraus durchgeführt, denn sie sollen einen nachhaltigen Nutzen stiften. So werden zum Beispiel Forschungs- und Entwicklungsausgaben sorgfältig geprüft, wobei dem langfristigen Unternehmensnutzen ein besonderes Augenmerk zukommt. Diese zukunftsorientierte Denkweise kann zumindest teilweise damit begründet werden, dass die Familien an ihren Unternehmen beteiligt sind – und dies auch den nachfolgenden Generationen ermöglichen wollen. Familienunternehmen sind folglich weniger anfällig, kurzfristige Ziele sowie Lösungen zu realisieren und deshalb ein kurzfristiges Ertragsmanagement anstreben zu wollen, als dies bei stärker fragmentierten oder unabhängigen Aktionären der Fall ist. 

Häufig bessere Performance als ihre Peers

Das Konzept von Familienunternehmen scheint sich zu rechnen. Das Credit Suisse Research Institute begann im Jahr 2006 mit der Aktien-Performancemessung von Familienunternehmen und konnte feststellen, dass diese ihre Nicht-Familienunternehmen-Mitbewerber im Durchschnitt in den meisten Sektoren und über alle Jahre hinweg wesentlich übertreffen. Besonders hervorzuheben ist zudem, dass Familienunternehmen krisenresistenter zu sein scheinen. So haben sie Krisenzeiten historisch betrachtet besser überstanden als Nicht-Familienunternehmen. Außerdem weisen familiengeprägte Unternehmen tendenziell ein höheres durchschnittliches Gewinnwachstum auf, als ihre Peers (VT CIO Office, CS Research Institute 2018). Es gilt aber zu bedenken, dass historische Daten keine Garantie für die künftige Entwicklung darstellen. Oftmals besteht eine emotionale Bindung zum Unternehmen, was die Langfristigkeit zusätzlich unterstützt. (PWC (2012), Credit-Suisse Research Institute (2018), Vontobel CIO-Office (2018)). Es gilt aber zu bedenken, dass historische Daten keine Garantie für die künftige Entwicklung darstellen.

Konstantes Gewinnwachstum und konservatives Bilanzmanagement

Ein Grund für ihre Krisenresistenz liegt gemäß verschiedenen Studien in ihrem eher konservativen Bilanzmanagement und dem folglich geringeren Verschuldungsgrad. Ihr Wachstum finanzieren Familienbetriebe insbesondere mit intern erwirtschafteten Cashflows – sie setzen nicht auf eine finanzielle Hebelwirkung – was ihnen eine größere Stabilität in Krisenzeiten verleiht. Dies wird unterstrichen durch die konstanten, aber eher konservativen Dividendenausschüttungen im Vergleich zu den Nicht-Familienunternehmen. Hohe Ausschüttungsquoten belasten die Unternehmung, denn so kann das Geld z. B. nicht für künftiges Wachstum eingesetzt werden.

Niemand ist perfekt

Bedeutet dies, dass sämtliche Familienunternehmen den Markt strategisch schlagen? Natürlich nicht. Wie üblich stehen den positiven Aspekten auch Risiken gegenüber. Ein besonders kritischer Punkt bei den Familienunternehmen sind die in vielen Fällen fehlenden Nachfolgerregelungen, die aufgrund der starken emotionalen Bindung der Gründer oftmals erst sehr spät angegangen werden. Außerdem kann die Corporate Governance zu einer Herausforderung werden, insbesondere wenn die Familie eine wesentliche Mehrheit der Unternehmung besitzt und diese nicht von einem unabhängigen Gremium kontrolliert wird. Die oben genannten Schlüsselfaktoren scheinen die Probleme aber wettzumachen und sind gemäß dem Vontobel CIO-Office relevant für den Erfolg eines Familienunternehmens.

Familienunternehmen, die sich besonders auszuzeichnen scheinen

Henkel

Der 1876 als Waschmittelfabrik gegründete Hersteller ist mit einem Umsatz von 19,9 Mrd. EUR und einem betrieblichen Ergebnis von 3,116 Mrd. EUR (in 2018) zu einem der Global Player in der Konsumgüterindustrie gewachsen. Genauer belegt das Unternehmen in dem 2018 erschienenen Forbes Global 2000 Ranking, den 293. Platz. Die Aktivität ist klar in die drei Bereiche Wasch-/Reinigungsmittel, Schönheitspflege und Klebstoffe, gegliedert. Die Marken der Firma genießen eine weltweite Bekanntheit. Die Dachgesellschaft umfasst aktuell knapp 70 verschiedene Marken. Ganz in der Manier eines langfristigen planenden Familienunternehmens hat Henkel eine klar definierte ‘Strategie 2020+’.  Der CEO Hans Van Bylen formulierte dies folgendermaßen: „Henkel will mit all seinen Geschäftsaktivitäten nachhaltig Werteschaffen. Dieser Unternehmenszweck verbindet alle Mitarbeiter und geht einher mit unseren klaren Unternehmenswerten:  Kunden und Konsumenten, Mitarbeiter, wirtschaftlicher Erfolg, Nachhaltigkeit und Familienunternehmen“. Die Familie Henkel hält ca. 61,2 % der Stammaktien.

Merck

Im Jahr 1668 erhielt Friedrich Jakob Merck die Erlaubnis, eine Apotheke zu betreiben, diese ist bis heute im Familienbesitz und zählt als der Ursprung des Unternehmens, was Merck zum ältesten pharmazeutisch-chemischen Unternehmen macht. Rund 70% des Gesamtkapitals sind immer noch im Besitz der Familie Merck. Das Unternehmen stellte am 30.04.2019 die Zahlen für das abgelaufene Quartal vor.

L‘Oréal

Der derzeit grösste Kosmetikhersteller weltweit – L’Oréal – wurde vor mehr als einem Jahrhundert vom Chemiker Eugène Schueller gegründet. Seine Erfolgsgeschichte startete mit der Produktion von Haarfärbetinkturen und stellt heute jegliche Arten von Schönheitsprodukten her, welche unter 28 internationalen Marken in über 130 Ländern vertrieben werden. Die Familie Bettencourt-Meyers, die Nachfahren von Eugène Schueller, halten noch immer 33 % der Anteile und sind neben Nestlé nach wie vor die grössten Aktionäre von L’Oréal. Das Erfolgsrezept der drei genannten Familienunternehmen schlägt sich auch in deren Aktienkursen nieder, welche über die vergangenen Jahre allesamt ein relativ stabiles Wachstum erlebten. Auch hier ist anzumerken, dass vergangene Daten keine Hinweise auf die künftige Entwicklung liefern.

Beiersdorf

Ähnlich wie auch Henkel verfügt Beiersdorf über viele Marken, die sich bei Verbrauchern großer Beliebtheit erfreuen, dazu zählen zum Beispiel Niva, Tesa, Labello oder Hansaplast. Mittlerweile ist der Konzern in zwei Bereiche aufgeteilt, tesa und Consumer. Die Familie Herz hält über Ihre Holding, die Maxingvest AG, einen Mehrheitsanteil von 51,01%. Laut eigenen Angaben hat der Konzern im ersten Quartal dieses Jahres eine gute Entwicklung erzielt. Nominal lag der Umsatz 7,8% über dem Vorjahresniveau. Beiersdorf hat eine mehrjährige Investitionsoffensive eingeleitet, jährlich sollen 70-80 Mio. EUR in Internationalisierung, Innovationen, Digitalisierung und die Fortbildung der Mitarbeiter, investiert werden.    

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