GameStop: Aktie für echte Zocker
Die meisten Kinder und Jugendlichen in Deutschland kennen GameStop. Zumindest jene, die ab und zu ein Stündchen vor der Videokonsole verbringen. Denn die deutsche Unternehmenstochter von GameStop betreibt hierzulande über 240 Filialen, und da sehr erfolgreich. Doch schon naht die nächste digitale Revolution – wie reagiert GameStop?
Es ist einfach so. Der schwarz-rote Schriftzug in Einkaufsstraßen hat eine enorme Anziehungskraft auf Zocker und Gamer. Vielen Börsianer ist das Wertpapier des Unternehmens aber unbekannt. Dabei ist die GameStop Corporation die weltweit größte Einzelhandelskette für Computer- und Videospiele. Im letzten Jahr verzeichnete das Unternehmen einen Umsatz von neun Milliarden US-Dollar. Das ist in etwa vergleichbar mit dem Jahresumsatz der ebenfalls in vielen Innenstädten ansässigen Drogeriemarktkette „dm“.
Doch das Geschäft der Videospiele hat sich in den vergangenen Jahren drastisch geändert. Ähnlich wie die Film- und Musikindustrie beeinflusst die fortschreitende Digitalisierung auch das Videospiel-Geschäft deutlich. Denn die meisten Spiele kann man heutzutage bargeldlos online einkaufen, herunterladen und ohne CD spielen. Eine Studie des Marktforschungsinstituts DFC Intelligence aus dem letzten Jahr besagt, dass inzwischen bereits 92 Prozent aller Videospiele rein digital distribuiert werden. Smartphones und Tablets tragen dazu einen großen Anteil bei.
Die Einzelhandelskette GameStop hat früh genug erkannt, dass ihre Klientel – die Zocker der Generation Internet – bereits auf dem Weg sind, ihre Computerspiele nicht mehr von Datenträgern, sondern gleich aus dem zu beziehen. Die Daten-DVD ist out! Einige Läden werden daher geschlossen werden müssen, aber definitiv nicht alle. Längst kämpft das Unternehmen dafür, überhaupt noch eine Anzahl von Läden zu erhalten: aus Nostalgiegründen, wie US-Medien berichten.
Die nächste digitale Revolution – schon heute durchdacht
Noch ist das Wort Nostalgie in diesem Kontext etwas verfrüht. Denn das Ladengeschäft und der Online-Verkauf von Spielen und Zubehör machen nach wie vor den größten Anteil der Verkäufe aus. Die cash cow des Unternehmens sind gebrauchte Spiele: Im zweiten Quartal dieses Jahres betrug der Nettoumsatz der „pre-owned games“ 561 Millionen US-Dollar. Das sind 32 Prozent des Gesamtumsatzes. Die digitale und mobile Sparte kommt insgesamt nur auf 10,5 Prozent. Die Tendenz ist allerdings stark steigend. Und das muss sie auch sein, um im hartumkämpften Gaming-Gewerbe bestehen zu können. Bereits 2010 hat GameStop die Online-Spieleplattform Kongregate gekauft, im letzten Monat kam das Webportal Geeknet hinzu. Die Erkenntnis, dass die Siliziumscheiben der heutigen Genration der „digital natives“ als völlig überflüssig empfunden wird, trägt bereits Früchte. Es tut sich etwas im Mergers & Acquisitions Bereich des texanischen Unternehmens.
Dennoch sind nicht alle Analysten vom GameStop-Papier überzeugt. Viele raten zum Kauf, aber einige wie zum Beispiel Benchmark-Analyst Mike Hickey sehen das Unternehmen noch nicht auf dem richtigen Weg. Er sei nicht beeindruckt von den digitalen Bemühungen des Spielehändlers. Bisher stecke das Unternehmen noch zu sehr im „traditionellem Verkaufsgewerbe“ fest, schreibt er in seiner Analyse. Hinzu kommen noch die brodelnden Finanzmärkte im Allgemeinen: GameStop-Aktionäre müssen dieser Tage nämlich ebenso leiden wie Börsianer weltweit. Langfristig ist aber eine positive Trendlinie für den Aktienkurs des Unternehmens erkennbar. Allein in den letzten 365 Tagen hat das Papier über rund Prozent an Wert dazugewonnen. Heute steht die Aktie bei rund 37 Euro. Zusätzlich können sich Anteilseigner noch über eine gestiegene Dividende von 36 US-Cents pro Aktie freuen.
Anleger, die gerne zocken, sollten GameStop scharf im Auge behalten. Falls das Projekt Digitalisierung dort weiterhin höchste Priorität genießt, könnte ein Umstieg vom Spiel in die Börsenrealität lohnend sein. GameStop lebt zwar buchstäblich von Zockern, das Unternehmen und auch sein CEO J. Paul Raines machen aber einen durchaus vernünftigen Eindruck. Damit könnte die Aktie langfristig – und wenn richtig gezockt wird – selbst konservative Anleger überzeugen. WCW