Kranich-Aktie hebt ab – ist das Kaufsignal nachhaltig?
Über 60 Prozent an Wertzuwachs innerhalb der letzten sechs Monate. Den DAX im gleichen Zeitraum um das Dreifache geschlagen. Die Aktie der deutschen Lufthansa scheint plötzlich wieder attraktiv. Rekordgewinn, Einigung im Tarifstreit, steigende Passagierzahlen und natürlich die im Allgemeinen positive Aufbruchsstimmung am Aktienmarkt seit der Trump-Wahl ließen das Kranich-Papier aus einem seit Anfang 2015 intakten Seitwärts-Trend ausbrechen. Wie hoch steigt der Kranich nun?
Über 60 Prozent an Wertzuwachs innerhalb der letzten sechs Monate. Den DAX im gleichen Zeitraum um das Dreifache geschlagen. Die Aktie der deutschen Lufthansa scheint plötzlich wieder attraktiv. Rekordgewinn, Einigung im Tarifstreit, steigende Passagierzahlen und natürlich die im Allgemeinen positive Aufbruchsstimmung am Aktienmarkt seit der Trump-Wahl ließen das Kranich-Papier aus einem seit Anfang 2015 intakten Seitwärts-Trend ausbrechen. Wie hoch steigt der Kranich nun?
Die guten Nachrichtn scheinen nachhaltig zu sein. Pünktlich zum Höhepunkt des Ostergeschäfts mit Flügen und Flugreisen verkündete die Lufthansa AG, dass man sich nicht auf Gedeh und Verderb an die Fluglinie Etihad binden wolle. Die Kooperation dient ofenbar der besseren Auslastung von Flügen, von Wartungshallen und beim Catering. Nachdem Etihad, ebenso wie viele arabische Mitbewerber, immer wieder auf Suventionen durch autokratisch herrschende Scheich-Familien setzen kann, wird diese Entscheidung an den Märkten mit Erleichterung aufgenommen.
Gleichzeitig lotet die Lufthansa neue Geschäftsmöglichkeiten im Iranaus. Es gibt nach Angaben von Reuters enge Kontakte zu Iran Air, da die Airline neue Flugzeuge erhalten werde und nun die Piloten entsprechend ausgebildet werden müssten. Ebenso werde über Aufträge für das Flugzeug-Catering und die Wartung gesprochen.
Bereits am 15. März hatte Lufthansa verkündet, dass der über Jahre vor sich hin schwelende Tarifstreit mit der Pilotengewerkschaft „Vereinigung Cockpit“ (VC) um Löhne und Betriebsrenten endgültig beigelegt sei. Allein der Sechstagestreik vom Herbst 2016 hatte der Fluggesellschaft rund 100 Millionen Euro gekostet. Die Forderungen aus dem Cockpit hatten insgesamt für geschätzte 500 Millionen an Einbußen gesorgt, und nun haben die Herren mit den vielen goldenen Ärmelstreifen endlich eingesehen, dass ein kleiner Bonus immer noch besser als ein großer Streikverlust ist. Hörbar war das Aufatmen bei den Börsianern, denn diese Verluste und die lange Zeit geringe Aussicht auf eine Schlichtung des Streits hatten einen großen Anteil daran, dass die Lufthansa-Aktie im Herbst 2016, mit einem Wert von 9,10 Euro pro Aktie, auf den tiefsten Stand seit 2012 abrutschte.
Der Aktienkurs der nach Umsatz größten europäischen Fluggesellschaft stieg nach Bekanntwerden der Einigung auf über 15 Euro. Deutlich erholt hatte sich das Papier aber schon gegen Ende des vergangenen Jahres. Grund dafür war die Zurücknahme einer Gewinnwarnung, die das Management im Zuge der weltweiten Terroranschläge ausgesprochen hatte. Ein Anstieg bei den Buchungen von Geschäftsreisenden wirkte dem positiv entgegen. Ebenso stutzte die Lufthansa ihre Wachstumspläne zurecht, was die Kosten senkte. Hinzu kam die – auch für viele Börsianer überraschende – Rallye an den Aktienmärkten, nachdem Donald Trump ebenso überraschend zum US-Präsidenten gewählt wurde. Anfang 2017 trieben die erweiterte Zusammenarbeit zwischen der Lufthansa und Etihad Airways, inklusive zwischenzeitlichen Spekulationen über eine mögliche Fusion, den Kurs weiter in die Höhe.
Der Anstieg bei den beförderten Passagieren um 1,8 Prozent auf 109,67 Millionen, der hauptsächlich der Übernahme von Brussel Airlines geschuldet war, kam als weiterer Faktor hinzu. Und natürlich der für das Jahr 2016 ausgewiesene Rekordgewinn von 1,8 Milliarden Euro. Im Vorjahresvergleich entspricht das einer Steigerung von fünf Prozent. Ein eigentlich schwieriges Jahr für den Konzern mit Streiks und Terroranschlägen in Europa, wirft also den höchsten Gewinn in der Unternehmensgeschichte ab. Klar, dass das den Anleger freut. Die französische Bank Societe Generale reagierte prompt mit einer Anhebung ihres Kursziels von 14,50 Euro auf 17,50 Euro.
Achtung – Turbulenzen voraus!
Schnell besteht da die Gefahr, die ungelösten Probleme der Fluggesellschaft zu übersehen. Der Konzernumsatz 2016 ist im Vergleich zum Vorjahr um 1,2 Prozent auf 31,7 Milliarden Euro gesunken. Hinzu kommt, dass man Platz eins in Europa, was die beförderten Passagiere angeht, 2016 an die irische Billigfluglinie Ryanair abgeben musste. Und bei der Gewinnerzielung profitierte man von der Einigung im Tarifstreit mit den Flugbegleitern, welche einen positiven Einmaleffekt in Höhe von 625 Millionen Euro nach sich zog. Solch einen Einmaleffekt im hohen dreistelligen Millionenbereich wird es auch 2017 noch einmal geben, da dann ja auch die Einigung mit den Piloten hinsichtlich der Betriebsrenten Wirkung zeigen wird. Das zumindest kündigte Lufthansa-Finanzvorstand Ulrik Svensson an.
Für 2017 erwartet man einen leicht sinkenden operativen Gewinn. Hauptverantwortlich dafür sind jedoch die Treibstoffkosten, die 2017 aufgrund des gestiegenen Ölpreises wohl deutlich höher ausfallen werden. Dies trifft jdoch alle Airlines gleichermaßen, und glaubt man Dirk Schlamp, Analyst bei der DZ-Bank, wird sich zudem der Wettbewerb der Fluggesellschaften untereinander weiter verschärfen. Die Ticketpreise geraten so aller Voraussicht nach noch mehr unter Druck. Einen positiven Effekt könnte dagegen der Brexit haben. Wie im Handel mit Waren oder Dienstleistungen gilt auch für den Luftverkehr innerhalb der Europäischen Union die Verkehrsfreiheit. Durch den Austritt des United Kingdom aus der EU könnte es für Airlines aus dem UK zu Beschränkungen im Marktzugang kommen. Das dürfte der Lufthansa, die auf dem Kontinent bestens aufgestellt ist, deutlich in die Karten spielen.
Die Konkurrenz fliegt auf Augenhöhe
Die neue Lage nach dem Brexit ist insgesamt jedoch noch nicht absehbar. Einerseits könnte sich so zwar der Flugverkehr über deutsche Flughäfen erhöhen, womit vor allem die Lufthansa-Tochter Eurowings mehr Marktanteile auf den europäischen Kurzstrecken gewinnen könnte. Andererseits könnten auch ausländische Billigfluglinien vermehrt über Frankfurt, München und Co. fliegen. Die Konkurrenz würde in diesem Fall zunehmen, was wiederum schlecht für die Kurzstrecken-Angebote der Lufthansa wäre. Und die als Konkurrent für Billig-Airlines 2011 vollständig als Tochter übernommene Eurowings ist, um genau solch ein Konkurrent zu sein, in ihren Abläufen immer noch viel zu teuer. Nicht besonders rosig sieht es dazu im Frachtgeschäft aus. Die dafür verantwortlich zeichnende Lufthansa Cargo musste 2016 einen operativen Verlust von 50 Millionen Euro ausweisen. So ist für Merrill-Lynch-Analyst Marc Manduca der Kurs der Lufthansa Aktie auch als zu hoch anzusehen. Insgesamt sei vor allem das Preisniveau der deutschen Airline zu hoch, als dass man damit auf Dauer wettbewerbsfähig bleiben könne.
Das Sentiment spricht für Lufthansa
Der Steigflug der Kranich-Aktie, der in letzten sechs Monate bei Anlegern hochfliegende Erwartungen weckte, sollte also nach Meinung der Profi-Analysten mehr Ausnahme als Regel sein und aufgrund von Gewinnmitnahmen schnell einer Konsolidierung ausgesetzt sein. Doch stärker als alle Argumente scheint derzeit die positiven Stimmung der Anleger zu sein, das Kranich-Papier könnte weiter steigen, obwohl es fundamental kein Argument dafür gibt, aufgrund der positiven Nachrichten rund um Piloten und Etihad weiter steigen.
Auf mittlere Sicht dagegen sieht sich die Lufthansa mit vielen Problemen konfrontiert. Werden die nicht zu einem großen Teil gelöst, könnte es ein Weilchen dauern, bis der Kurs der Aktie mit dem Kranich nochmals in solch einem Maße abhebt, wie er es in den letzten sechs Monaten getan hat. Anleger, die jetzt bei Lufthansa einsteigen, scheinen gute Chancen auf hohe Kurse zu haben, müssen aber für alle Fälle die Kondition für einen Langstreckenflug mitbringen. Denn für die Beantwortung die Frage nach der Nachhaltigkeit der Kurssteigerungen ist es noch zu früh. OG / sig