Mächtig Bewegung im Mobilfunksektor
Der weltweit zweitgrößte Mobilfunkanbieter, Vodafone, legt ein Zahlenwerk vor, dessen Farbe an das Markenlogo erinnert – tiefrot. Deutschlands Mobilfunkriesen, der Telekom, könnte Gegenwart und Zukunft dagegen durch rosarote Brille betrachten, und das trotz der Aussicht auf starke Konkurrenz im Heimatmarkt. Wenn da nicht noch diese acht Milliarden schwere Fusion wäre... Kopfzerbrechen ist angesagt in der Mobilfunkbranche.
Der weltweit zweitgrößte Mobilfunkanbieter, Vodafone, legt ein Zahlenwerk vor, dessen Farbe an das Markenlogo erinnert – tiefrot. Deutschlands Mobilfunkriesen, der Telekom, könnte Gegenwart und Zukunft dagegen durch rosarote Brille betrachten, und das trotz der Aussicht auf starke Konkurrenz im Heimatmarkt. Wenn da nicht noch diese acht Milliarden schwere Fusion wäre... Kopfzerbrechen ist angesagt in der Mobilfunkbranche.
„Dieses Ergebnis treibt einem die Tränen in die Augen.“ Passender als Analyst Ken Odeluga von City Index kann man den 6,1 Milliarden Euro schweren Verlust, den Mobilfunkanbieter Vodafone im vergangenen Geschäftsjahr erleiden musste, nicht kommentieren. Auch das Umsatzergebnis war zum Heulen: Satte 4,4 Prozent ging es bergab auf nunmehr 47, 6 Milliarden Euro. Schuld an der Misere ist das Indien-Geschäft, das mit Abschreibungen in Höhe von 3,7 Milliarden Euro verbunden war.
Dabei sollte Indien für Vodafone doch eigentlich zu einer Goldgrube werden. Vor zehn Jahren stieg der britische Mobilfunkriese angelockt von dem Potential einer Milliarde neuer Mobilfunkkunden voller Euphorie in den Markt des gigantischen Schwellenlandes ein. Problematisch ist allerdings, dass die Konkurrenz Vodafone einen Strich durch die Rechnung zu machen scheint. Besonders das von Milliardär Muskesh Ambani kontrollierte Unternehmen Jio liefert den Briten einen erbitterten Preiskampf. Vodafone-Chef Vittorio Colao bleibt dennoch entschlossen weiter auf Indien zu setzen: „Wir haben uns darauf eingestellt, hier langfristig im Geschäft zu bleiben.“
Der vor wenigen Wochen verkündete Zusammenschluss der indischen Vodafone-Tochter mit der lokalen indischen Gesellschaft Idea soll künftig für Auftrieb sorgen. Aktuell verfügt das neue Unternehmen bereits über 400 Millionen Kunden, weitere sollen dazukommen. Telekomanalyst Matthew Kendall von „The Economist Intelligence Unit“ bewertet das Joint Venture positiv. Es zeige, dass Vodafone die derzeit „mörderische“ Situation auf dem indischen Mobilfunkmarkt nicht unterschätze. Dass Vodafone hierzulande recht ordentlich abschneidet, fiel angesichts des Sechs-Milliarden-Loches quasi unter den Tisch.
Acht Millarden? Die Furcht hält sich in Grenzen...
Auf dem deutschen Mobilfunkmarkt ist der Wettbewerb zwar noch nicht unbedingt „mörderisch“, der Druck auf die drei alteingesessen Anbieter Vodafone, Telefonica und Telekom steigt aber gleichwohl. Durch die mehr als acht Milliarden Euro schwere Fusion von United Internet mit seinen Marken 1&1 und gmx.de mit dem Telekommunikationsunternehmen Drillisch soll „eine starke vierte Kraft im deutschen Telekommunikationsmarkt“ entstehen, wie Internet-Milliardär Ralph Dommermuth ankündigt. Börsianer freuen sich auf frischen Wind in diesem Segment. „Der Deal macht absolut Sinn“, urteilte ein Händler. „Damit entsteht ein neuer großer Spieler am Markt.“
Angst vor dem neuen Wettbewerber hat Telefonica, der nach Nutzern größte deutsche Mobilfunknetzbetreiber, allerdings nicht. Das Unternehmen blickt optimistisch in die Zukunft und erwartet weiter steigende Umsätze aus dem Kerngeschäft. Das Wachstum soll aus dem Bereich mobile Daten und durch die Zahl der Endgeräte je Kunden kommen. Darüber hinaus erwartet der Vorstand für die nächsten Jahre auch einen wesentlichen Synergieeffekt aus der Übernahme von E-Plus wie aktiencheck.de berichtet: „Hier werden Einsparungen von über 900 Millionen Euro pro Jahr erwartet. Durch diesen Merger-Effekt könnten dann auch die Dividende und der Cash-Flow in den nächsten Jahren steigen. Aktuell beträgt die Dividendenrendite schon mehr als fünf Prozent.“
Telekom mit Aussicht auf 15-Jahres-Hoch
Auch bei der Telekom scheinen sich die Aktionäre nicht übermäßig vor Drillisch zu fürchten. Aktuell präsentiert sich das T-Papier auf der Überholspur und entwickelt sich sogar besser als der Dax. Inzwischen befindet sich die Aktie sogar in absoluter Schlagdistanz zum Zehnjahres-Hoch bei 17,68 Euro (letztmals am 16. Mai 2017 erreicht), wenngleich das Allzeithoch bei einem Kurs von 103,9 Euro vom 6. März 2000 noch in weiter Ferne ist. Solide Ergebnissen in Europa und weiterhin glänzenden Gewinnen auf dem wichtigen US-Mobilfunkmarkt sorgen für das Vertrauen der Anleger. „Die Trends sind intakt: Wir wachsen in den USA und seit einiger Zeit auch wieder in Deutschland", freut sich Vorstandschef Timotheus Höttges. Finanzen.net berichtet: „Im ersten Quartal lag der Umsatz der Deutschen Telekom AG mit 18,65 Milliarden Euro um 5,8 Prozent über dem Vorjahr und erreichte fast punktgenau die Konsensschätzung der Analysten.“ Während die Erlöse in Deutschland um 0,2 Prozent und in Europa um 0,7 Prozent das entsprechende Vorjahr knapp übertroffen hätten, sei der Umsatz der US-Tochter um satte 14,9 Prozent gewachsen.
Beim bereinigten operativen Ergebnis werde der Unterschied noch markanter: Während es in Deutschland immerhin ein Plus von 0,9 Prozent gebe, sei der bereinigte operative Gewinn in den USA um ein Viertel auf 2,39 Milliarden Euro gestiegen: „Für das Gesamtjahr erwartet der Bonner Konzern weiterhin einen Anstieg des bereinigten EBITDA um knapp vier Prozent auf 22,2 Milliarden Euro. Der Free Cashflow, eine wichtige Kennziffer zur Bemessung der Finanzkraft des Unternehmens, soll um etwa zwölf Prozent auf rund 5,5 Milliarden Euro steigen.“
Angesichts dieser Zahlen haben die Analysten von Goldman Sachs die Telekom-Aktie auf „kaufen“ hochgestuft. Das neue Kursziel für die DAX-Aktie liegt bei 21,80 Euro. Das Papier kommt zudem auf die „conviction buy list“ der Experten. Bei der Telekom gibt es aktuell also alles andere als irgendeinen Grund zum Heulen, und Anleger sollten sich überlegen, ob sie nachkaufen. Denn dann wären sie dabei, wenn die Mangenta-Aktie zum ersten Mal seit 2002 wieder die Region um 20 Euro nach oben durchquert. Damals ging es anderherum, und das war zu Zeiten, als die Telekom noch als vielgepriesene „Volksaktie“ von Ron Sommer in aller Munde war. Diese Dimension ist, zumal in schnellebigen Online-Zeiten, also durchaus als historisch zu bewerten.
Anders sieht die Lage bei der Vodafone-Aktie aus, und auch Telefonica ist keine sichere Anlage-Bank. Interessanter noch ist jedoch der Blick auf die Drillisch-Aktie. Wer rund zwei Wochen oder länger investiert ist, hat durchaus Grund für ein Freudentränchen, sprang sie Aktie doch auf ein historisches Höchstkursniveau: die Fusion mit United Internet war natürlich der Grund dafür. Ob die Aktie dieses Niveau halten kann? Viel hängt von der Umsetzung des jüngsten Deals ab. Und davon, ob Vodafone nicht vielleicht doch auch hierzulande einknickt. Dann, ja dann, hätte auch Drillisch weiteres Aufwärtspotential. WIM / sig