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Anleihen auf Allzeithoch

Die reale Gefahr einer oder mehrerer Staatspleiten hat die Erträge von sicheren Staatsanleihen auf ein Allzeittief gedrückt. Ihre Kurse sind geradezu explodiert. Auf ihrer Suche nach auskömmlichen Renditen greifen viele große Investoren nun verstärkt zu Unternehmensanleihen. Auch dies ist jedoch nicht der Weisheit letzter Schluss.  

BÖRSE am Sonntag

Im Zuge der Griechenland-Krise haben sich Anleger im Frühjahr des laufenden Jahres erneut von allem getrennt, was auch nur entfernt als risikobehaftet galt. Die Flucht aus den Staatsanleihen hochverschuldeter westlicher Länder hat die Renditen für nach wie vor als risikolos geltende Bonds in den Keller getrieben.

Bonität und Risiko

Der wichtigste Unterschied zwischen Aktien und Anleihen ist, dass es sich bei Letzteren um Fremdkapital handelt. Das heißt, dass sich der Käufer einer Anleihe nicht am Unternehmen und damit auch nicht an dessen Erfolg oder Misserfolg beteiligt. Als Gegenleistung für die Bereitstellung des Kapitals über eine bestimme Laufzeit erhält er einen vorab definierten Betrag, den Zins. Sollte es zu einem Konkurs kommen, werden zuerst die Fremdkapitalgeber bedient und erst zuletzt die Eigentümer. Sie bekommen also nur noch das, was vom Kuchen übrig bleibt – im schlechtesten Fall nichts. Als Ausgleich für das höhere Risiko erwarten die Eigentümer selbstverständlich eine höhere Verzinsung des eingesetzten Kapitals. Diese Verzinsung stellen z. B. die Dividenden und der Wertzuwachs der gehaltenen Anteile dar. Demgegenüber tragen die Anleihengläubiger ein niedrigeres Risiko und erhalten dafür auch eine dementsprechend niedrigere Verzinsung. Das Risiko eines festverzinslichen Wertpapiers drückt sich in der Regel im Rating des begebenden Unternehmens oder Landes aus. Als Referenz für die Renditeaufschläge, die bei einem höheren Risiko geboten werden müssen, dienen die sogenannten risikolosen Staatsanleihen. Ja schlechter also die Bonität ist, desto höher sind auch die Renditeaufschläge (Spreads).

Renditen auf Rekordtief

Als besonders sicher gelten Anleihen mit einem Triple-A-Rating wie etwa der USA und Deutschlands: „Anfangs haben Euro-Krise und Sorgen um Staaten wie Griechenland für eine Flucht in Bundesanleihen gesorgt“, so Birgit Figge, Zinsexpertin bei der DZ Bank in einem Interview mit der Zeitschrift „Manager-Magazin“ Anfang September. „Dann mussten Investoren ihre optimistischen Erwartungen an das globale Wachstum korrigieren – das sorgte für Aktienverkäufe und eine weitere Nachfrage nach Anleihen“, so Figge weiter. Die mittlere Rendite von US-Schatzanleihen sank im Zuge dessen Anfang Oktober auf nur mehr 1,3%. Zum Vergleich: Zu Beginn der Finanzkrise Mitte 2007 lag sie noch bei 5,2%. Auch die Renditen zwei- und fünfjähriger Treasuries markierten neue Tiefststände: US-Bonds mit Fälligkeit in zwei Jahren rentierten zeitweise mit nur mehr 0,327%. Die Rendite fünfjähriger Papiere fiel am 8. Oktober auf das Rekordtief von 1,0686%. Zehnjährige Bundesanleihen markierten Anfang September mit 2,1% Rendite ebenfalls ein Rekordtief. Bei fünfjährigen Anleihen waren es nur noch 1,2%.

Buffett rät zu Dividendenpapieren

Angesichts solcher Minizinsen stellt sich Privatanlegern natürlich die Frage, warum und von wem Staatsanleihen der USA und Deutschlands überhaupt noch gekauft werden. Die Antwort liefert Carl Lantz, Leiter der Zinsstrategie bei der Credit Suisse in New York: „Für einen Verwalter von Reserven geht es nicht um die Rendite, sondern darum, das Kapital zu schützen.“ Bei den Käufern handelt es sich also um große institutionelle Anleger, für die Kapitalerhalt und Liquidität an erster Stelle stehen. Die Ansicht, dass die höhere Sicherheit den Verzicht auf eine anständige Verzinsung auch tatsächlich rechtfertigt, teilen aber keineswegs alle Experten. So äußerte sich der Investment-Guru Warren Buffett in einem Interview mit einer österreichischen Wirtschaftszeitung kürzlich sehr eindeutig: „Wer jetzt Bonds kauft, macht einen Fehler“. Stattdessen rät das Orakel aus Omaha dazu, Aktien zu kaufen: „Es ist ziemlich klar, dass Aktien billiger sind als Bonds, ich kann mir nicht vorstellen, wie jemand Bonds im Portfolio haben kann, wenn man auch Aktien besitzen kann.“

Aktien deutlich günstiger

Eine Ansicht, die sich auch mit Zahlen belegen lässt: Trotz der jüngst gestiegenen Aktienkurse bleiben Dividendentitel attraktiv. Europäische Blue Chips bieten derzeit im Schnitt eine Dividendenrendite von 4,1% und damit seit Langem einmal wieder mehr als Staatsanleihen. Im Verhältnis zu den Anleihen erstklassiger Unternehmen rentieren Aktien zum ersten Mal überhaupt höher. Beispiel Deutsche Telekom: 2010 dürften Anleger rund 7% aus Dividenden erzielen, eine Anleihe mit vier Jahren Laufzeit bringt es nur auf 3,3%. Eine ähnlich hohe Rendite werfen übrigens RWE, Enel und die spanische Telefónica ab. Auf der anderen Seite des großen Teichs ist die Lage vergleichbar: Die Dividendenrendite im wichtigen Index S&P 500 liegt inflationsbereinigt momentan rund 5,2 Prozentpunkte über der Rendite zehnjähriger US-Treasuries.

Emerging-Market-Bonds gesucht

Eine immer größere Bedeutung gewinnen sogenannte Local Currency Bonds (Emissionen in lokaler Währung). Denn Anleihen in heimischer Währung sind für die Schwellenländer eine sehr interessante Art der Finanzierung, da Währungsabwertungen hier nicht mehr direkt durchschlagen. Die Rendite lokaler Anleihen lag historisch meist etwas über der vergleichbarer Dollar- oder Euro-Bonds. Weil Länder wie China, Indien, Chile oder Brasilien deutlich besser durch die Krise steuerten als viele westliche Staaten, hat sich auch dies gewandelt. So waren in der Vergangenheit vor allem Rentenfonds beliebt, die auf Staatsanleihen aus Schwellenländern setzten, die in Euro oder Dollar notieren. Mit dem gestiegenen Interesse an diesen Bonds sanken die Renditen zuletzt jedoch deutlich. Die Emittenten versuchen daher vermehrt, Staatsanleihen in Lokalwährung aufzunehmen oder auf Unternehmensanleihen auszuweichen. Beispielsweise widmete die Fondsgesellschaft Threadneedle kürzlich einen Fonds, der in Staatsanleihen aus Schwellenländern investiert, in einen Unternehmensanleihefonds um. „Der Markt für Unternehmensanleihen aus den Schwellenländern wird in den nächsten Jahren wachsen und dem Investor einen deutlichen Mehrwert gegenüber Staatsanleihen bieten“, so Threadneedle-Fondsmanager Richard House.

Aus Differenzierungsgründen bieten sich für Privatanleger in jedem Fall Fondslösungen an. Auf das Thema Local Currency Bonds lässt sich beispielsweise mit dem ING (L) Renta Fund Emerging Markets Debt Local Currency (WKN: 579715) setzen. Wer auf herkömmliche Schwellenländer-Bonds setzen möchte, sollte sich die beiden Fonds HSBC GIF Glbl Emerging Markets (WKN:120434) und Investec Emerging Mkt Debt (WKN:A0MYTL) näher ansehen.

Fazit

Die Furcht vor einer Staatspleite hat die Kurse von Anleihen in die Höhe und die Renditen als sicher geltender Staatsanleihen auf ein Rekordtief getrieben. Experten sprechen daher bereits von einer Bond-Blase. Die Mehrheit der Experten ist sich daher darin einig, dass Kursverluste mittelfristig eher am Anleihen- als am Aktienmarkt zu erwarten sind. Denn die Kurse fallen spätestens dann, wenn die Zentralbank(en) die Zinsen wieder anheben. Wer sich dennoch für den Kauf von festverzinslichen Wertpapieren entscheidet, sollte daher zu Papieren mit kurzen- oder mittleren Laufzeiten greifen.