Bond-Investoren verschärfen Schuldenkrise
Während Deutschland so gut wie keine Zinsen mehr zahlen muss, steht nach Griechenland nun auch Italien mit dem Rücken zur Wand: Die Rendite italienischer Bonds kletterte in der vergangenen Woche auf 7,43%. Bleibt es dabei, ist Italien pleite. Das müssen Sie jetzt über Staatsanleihen wissen.
Noch bis ins Jahr 2010 bescherten Staatsanleihen Anlegern viel Freude. Über Jahrzehnte hinweg warfen die Titel trotz niedriger Risiken höhere Renditen ab als Aktien. Doch damit ist seit dem Beginn der Schuldenkrise Schluss. An den Märkten herrscht trotz umfangreicher Rettungsbemühungen der Politik zwischenzeitlich Panik.
Italien unter Feuer
Mitte September 2010 lag das Zinsniveau für italienische Staatsanleihen bei 4%. Seitdem hat der Markt die Renditen dieser Papiere immer weiter in die Höhe getrieben. In der letzten Woche erreichte das Niveau mit 7,43% den höchsten Wert seit Einführung des Euro. Mit diesem Wert wurde die Schwelle deutlich überschritten, ab der die Refinanzierung für Italien als unmöglich gilt. Die kritische Marke liegt bei ca. 6,0%. Welche enormen Auswirkungen das Zinsniveau im Zusammenspiel mit der Schuldenlast hat, zeigt eine Rechnung der „Financial Times“: „Schon ein Anstieg um 0,01 Prozentpunkte kostet den Staat auf lange Sicht mehr als 1 Mrd. Euro zusätzlich pro Jahr.“ Das kann sich die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone schlichtweg nicht leisten: Ein dauerhafter Anstieg der Verzinsung von 5% auf 8% würde nach Berechnungen des „Handelsblatts“ allein die Zinslast Italiens in den nächsten zehn Jahren um 635 Mrd. Euro erhöhen.
Letzter Ausweg: Geld drucken
Um zu verhindern, dass die Verzinsung auf diesem Niveau verharrt, muss die Europäische Zentralbank (EZB) oder der Rettungsfonds EFSF neben griechischen, portugiesischen und irischen auch italienische Staatsanleihen kaufen. Genau das hat sie in den letzten Wochen und Monaten bereits getan. Dieser Vorgang ist nicht unumstritten. Gerade vonseiten der deutschen Mitglieder der EZB und der Bundesbank kommt heftige Kritik. Neben Jürgen Stark, dem Chefvolkswirt der EZB, ist deshalb auch Bundesbankpräsident Axel Weber zurückgetreten. Sie sahen nicht nur die Unabhängigkeit der Bank, sondern auch deren Stabilität in höchstem Maße gefährdet. Die Hoffnung ruht daher auf dem aufgestockten Rettungsfonds EFSF. Doch auch dessen Mittel reichen bei Weitem nicht aus, das gigantische Loch zu stopfen, das durch die dramatisch gestiegenen Zinsniveaus italienischer Staatsanleihen aufgerissen wurde. Weil eine Pleite Italiens aufgrund des großen Engagements französischer Banken auf dem italienischen Bond-Markt zudem auch Frankreich in Mitleidenschaft ziehen würde, könnte im Zuge einer Kettenreaktion letztlich sogar der EFSF selbst zusammenbrechen. Letzterer wird im Wesentlichen durch Frankreich und Deutschland abgesichert und bezieht seine Glaubwürdigkeit aus dem Triple-A-Rating der beiden Staaten. Kommt es dazu, müsste die EZB die Notenpresse anwerfen und die Schulden durch das Drucken von Geld finanzieren. Ein Vorgang, der mittel- bis langfristig zu einer enormen Inflation führen dürfte.
Sicher, aber teuer
Allerdings fahren die USA mit genau dieser Politik seit Jahren gar nicht so schlecht. Denn „Quantitative Easing“ ist nichts anderes, als mit frisch gedrucktem Geld Staatsanleihen zu kaufen. Apropos USA: Auch die Wirtschaftssupermacht steht alles andere als gut da. Die Verschuldung ist exorbitant und die Wirtschaft lahmt. Eine Investition in amerikanische Staatsanleihen drängt sich daher nicht auf. Weil deutsche Staatspapiere als besonders sicher gelten, kann sich die Bundesrepublik vor Nachfrage kaum retten. Das sorgt bei Bonds für steigende Kurse und drückt naturgemäß die Renditen: Für die jüngsten Emissionen mit einer Laufzeit von sechs Monaten wird lediglich ein Durchschnittszins von 0,08% fällig. „Er lag damit so niedrig wie noch nie in diesem Segment“, teilte die Finanzagentur mit. Ein ähnliches Bild bietet sich derzeit bei Schweizer Staatsanleihen und anderen, als besonders sicher geltenden Papieren. Beispielsweise liegt die Rendite von Staatsanleihen des Königreichs Norwegen mit rund 5,5 Jahren Restlaufzeit bei gerade noch 2%. Wohin also mit dem Geld?
Aktien deutlich günstiger
Eine Ansicht, die sich auch mit Zahlen belegen lässt: Im DAX liegt das durchschnittliche Verhältnis aus zuletzt gezahlter Dividende und Kurs bei rund 5%, im EURO STOXX 50 sogar bei annähernd 7%. In der Vergangenheit lagen diese Werte stets deutlich niedriger: Beim Deutschen Leitindex lag der Wert zwischen 2% und 3%, beim EURO STOXX 50 bei etwas mehr als 3%. Auf diesem Niveau werfen Aktien seit Anfang 2010 mehr ab als Staatsanleihen. Im Verhältnis zu den Anleihen erstklassiger Unternehmen rentierten Aktien 2010 zum ersten Mal überhaupt höher. Beispiel Deutsche Telekom: Aktuell liegt die Dividendenrendite bei stolzen 7,8%, eine Anleihe mit etwas mehr als zehn Jahren Restlaufzeit bringt es nur auf 3%. Solch hohe Dividendenrenditen sind derzeit kein Einzelfall. Im DAX weisen derzeit sieben Werte eine Rendite von 6% oder mehr auf! Auch wer Finanzwerten derzeit nicht traut, wird hier fündig: Neben dem Telekomriesen gehören auch die Deutsche Post, Daimler, RWE und E.ON zu diesem interessanten Kreis.
Weit weg von Europa
Durch den viel zitierten Aufstieg der Schwellenländer und die Verschiebung der weltwirtschaftlichen Gewichte Richtung Asien wäre es aber fahrlässig, ausschließlich in Europa nach Anlagemöglichkeiten Ausschau zu halten. Immer interessanter werden stattdessen sogenannte Local Currency Bonds (Emissionen in lokaler Währung). Denn Anleihen in heimischer Währung sind für die Schwellenländer eine sehr interessante Art der Finanzierung, da Währungsabwertungen hier nicht mehr direkt durchschlagen. Weil Länder wie Indien, Chile, die Türkei oder Brasilien deutlich besser durch die Krise steuerten als viele westliche Staaten, bieten lokale Schwellenländeranleihen nun, was im Westen abhandengekommen ist: hohe Zinsen bei relativ niedriger Verschuldung. Aus Differenzierungsgründen bieten sich für Privatanleger in jedem Fall Fondslösungen an. Auf das Thema Local Currency Bonds lässt sich beispielsweise mit dem Pictet Emerging Local Currency Debt USD (WKN: A0LARW) setzen. Dieser ist unter anderem in Staatstiteln aus Brasilien, Polen und der Türkei engagiert und konnte in den letzten drei Jahren über 57% zulegen.
Hochzinsanleihen attraktiv
Eine Alternative zu Papieren aus den Emerging Markets sind derzeit europäische Hochzinsanleihen. Deren Rendite liegt mit einem Spread von rund 900 Basispunkten gegenüber Bundesanleihen deutlich über dem langjährigen Durchschnitt. Hinter der schönen Beschreibung verbergen sich eigentlich Anleihen europäischer Unternehmen minderer Bonität. Doch deren Ausfallrisiko ist im Vergleich zur Rendite relativ gering: „Die derzeitigen Spreads – also die Risikoprämien einer Unternehmensanleihe gegenüber einer als risikolos geltenden Staatsanleihe – würden eine Ausfallquote von 21% rechtfertigen“, so Torben Skødeberg, Manager des Nordea 1 – European High Yield Bond Fund. Derzeit liegt die Ausfallquote in Europa aber bei nur 0,7%. „In einem Jahr halten wir rund 5% für realistisch.“ Die erwartete hohe Rendite sei damit eine mehr als ausreichende Entlohnung, so Skødeberg.
Fazit
Niedrige Zinsen, hohe Kursschwankungen und eine scheinbar endlose Schuldenkrise verunsichern die Anleger. Insbesondere wer europäische Staatsanleihen zu seinen bevorzugten Assets auserkoren hat, steht vor einem Dilemma: Entweder man akzeptiert Renditen unterhalb der Inflationsrate oder man geht unkalkulierbare Risiken ein. Anleger wechseln daher in ausgewählte, dividendenstarke Aktien, Schwellenländer-Anleihen oder europäische Hochzinsanleihen. Wie so oft könnte gerade eine Mischung dieser Optionen den Königsweg darstellen.