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Bonus statt Minizinsen

Die Nervosität an den Finanzmärkten ist weiterhin groß und eine rasche Lösung für die Staatsschuldenkrise ist nicht in Sicht. Dies spiegelt sich jedoch nicht in der Volatilität der Aktienmärkte wider. Weil die Zinsen ebenfalls niedrig sind, werden Risiken nicht mehr adäquat bezahlt. In dieser Situation sollten Sparer einen Blick auf Bonuspapiere werfen.

BÖRSE am Sonntag

Hohes Risiko, hohe Gewinnchance. Wenig Risiko, niedrige Vergütung. Nicht nur an den Finanzmärkten, sondern für praktisch alle Handelsgeschäfte gilt seit Jahrhunderten dieser Zusammenhang. Im Grunde ist er sogar einer der Bausteine für den Erfolg der freien Marktwirtschaft. Dieser simple Zusammenhang sorgt nämlich dafür, dass auch riskantere Unternehmen in Angriff genommen werden, beispielsweise die aufwendige Exploration von Rohstoffvorkommen oder die Suche nach neuen Wirkstoffen, Verfahren und Materialien. Zudem sorgt das Prinzip dafür, dass die Risiken von denen geschultert werden, die Willens und in der Lage sind, diese zu tragen.

Risiken nicht ausreichend bezahlt

Die nicht enden wollende Staatsschuldenkrise wurde – im Fall der europäischen Staaten – auch dadurch verursacht, dass das vorgenannte Prinzip außer Kraft gesetzt wurde. Niemals zuvor hatten sich Griechenland, Portugal & Co. zu so niedrigen Zinsen verschulden können wie nach der Einführung des Euro – obwohl die Risiken die gleichen geblieben waren. Die Folgen sind bekannt. Weniger transparent sind jedoch die Auswirkungen der Maßnahmen, die zu ihrer Bekämpfung ergriffen wurden.

Welcher Privatanleger beschäftigt sich schon laufend mit dem Stand des VDAX? Der Index, der die Volatilität des DAX angibt, ist in den letzten zwölf Monaten deutlich zurückgegangen. Dazu Christian Reuss, Vorstand der Frankfurter Derivatebörse Scoach, vor einigen Wochen in einem Interview: „Die Risiken steigen, aber die Volatilitäten ziehen nicht in gleichem Maße mit.“ Weil der Volatilität eine entscheidende Bedeutung bei der Preisberechnung von Optionen und Derivaten zukommt, führt der Rückgang dazu, dass die Ertragschancen der Anleger sinken. Das lässt sich am Beispiel der beliebten Bonus-Zertifikate nachvollziehen.

Funktionsweise der Bonus-Zertifikate

Die Papiere verfügen in der Regel über zwei Schwellen: eine Kursschwelle und eine Bonusschwelle. Die Kursschwelle liegt bei Emission der Zertifikate unter der aktuellen Notierung des Basiswerts. Dagegen ist die Bonusschwelle über dem aktuellen Kurs des Underlyings angesiedelt. Durch die Kombination der beiden Schwellen lässt sich das Chance-Risiko-Profil steuern. Bewegt sich der Kurs des Basiswerts während der Laufzeit stets in dem so definierten Kursband, bekommt der Anleger am Ende einen fixen Betrag (Bonus). Dieser entspricht der Höhe der Bonusschwelle. Fällt der Kurs des Basiswerts hingegen während der Laufzeit unter die Kursschwelle, verhält sich das Bonuszertifikat wie ein normales Direktinvestment: Die Bewegungen des Basiswerts werden nun 1 : 1 nachvollzogen – der Anleger partizipiert jetzt unbegrenzt an den Verlusten. Steigen die Kurse danach wieder, nimmt der Anleger 1 : 1 an den Kursgewinnen teil. Der Anspruch auf eine Bonuszahlung ist in diesem Fall aber verloren. Er lebt auch dann nicht wieder auf, wenn die alte Kursschwelle zurückerobert wird. Um zu verstehen, warum diese Produkte eigentlich gerade in unruhigen Zeiten interessant sind, ist ein Blick hinter die Kulissen notwendig.

Die wichtigsten Bestandteile

Um ein solches Auszahlungsprofil überhaupt anbieten zu können, bedienen sich die Emittenten aus dem Zertifikate-Baukasten. Bonuspapiere bestehen aus einem sogenannten Zero-Strike-Call, also einer Call-Option, deren Basispreis bei null liegt, sowie einer exotischen Down-and-out-Put-Option. Letztere entspricht einer Verkaufsoption mit einer Barriere. Wird Letztere durchbrochen, verfällt die Option und ist komplett wertlos. Finanziert wird dieser Down-and-out-Put durch die Dividende, die der Emittent einbehält, oder durch das Aufgeld. Mit steigender Volatilität wird der für das Zertifikat benötigte Down-and-out-Put billiger, diesen Preisvorteil kann der Emittent in Form von besseren Konditionen an die Anleger weiterreichen. In die gleiche Richtung wirkt auch der Verkauf der Call-Option: Steigt die Volatilität, erhöht das den Preis dieses Bausteins. Den höheren Verkaufserlös aus der Call-Option und die niedrigeren Kosten für die Put-Option kann der Emittent in Form besserer Konditionen an den Anleger weitergeben. Mit dem Rückgang der Volatilität in den letzten zwölf Monaten verschlechterten sich daher automatisch die Konditionen der Bonuspapiere.

Ausstattung bestimmt Nachfrage

Dies lässt sich auch am Verhalten der Anleger ablesen: Im vergangenen Oktober notierte der VDAX in der Spitze bei rund 50 Punkten – dementsprechend legte das ausstehende Volumen (Open Interest) bei den Bonus-Zertifikaten im Oktober mit +6,9% stark zu. Der Anteil der Bonus-Zertifikate am Gesamtvolumen kletterte auf 3,6%. Derzeit liegt der VDAX bei ca. 20 Punkten und das Open Interest der Papiere ist deutlich rückläufig (Mai: –7,6%). Grundsätzlich ist dieses Verhalten genau richtig: Bonus-Zertifikate kauft man am besten bei hohen Volatilitäten. Im aktuellen Niedrigzinsumfeld können sich bestimmte Bonuspapiere trotzdem lohnen.

Alternative zum Zinstief

Um solch interessante Produkte aufzuspüren, sollten sich Anleger am Verhalten der Profis orientieren. Diese agieren in der Regel nämlich weitaus defensiver. Beispielsweise wählen sie fast immer Bonuspapiere mit Abgeldern – während Privatanleger viel häufiger Aufgelder akzeptieren und damit ein größeres Risiko eingehen. Darüber hinaus begnügen sich die Spezialisten mit einer niedrigeren Zielrendite – und sichern sich im Gegenzug deutlich höhere Risikopuffer. So liegt die Barriere bei Deep-Bonus-Zertifikaten weit unterhalb des aktuellen Kursniveaus des Basiswerts. Derzeit sind Sicherheitspolster von über 50% möglich. Damit sinkt das Risiko, dass die Kursschwelle während der Laufzeit berührt wird, erheblich. Dank der nach wie vor hohen Dividendenrenditen lassen sich mit den Deep-Papieren trotzdem noch ansehnliche Jahresrenditen erzielen. So bietet das Deep-Bonus-Zertifikat (WKN: GT1X2L) von Goldman Sachs auf den EURO STOXX 50 mit einer Barriere bei 1.300 Punkten aktuell einen Puffer von rund 45%. Bei einem aktuellen Kurs von 66,2 Euro ist eine absolute Rendite von 3,8 Euro beziehungsweise eine annualisierte Rendite von 6,60% möglich. Noch mehr ist mit ausgewählten Einzeltiteln drin. Zum Beispiel mit dem Deep-Bonus-Zertifikat (WKN: AA49YG) der Royal Bank of Scotland auf HeidelbergCement. Wenn der Titel bis zum 21. Juni 2013 nicht unter die Marke von 20,00 Euro fällt, winkt eine jährliche Rendite von rund 7,8%. Der Bonuspuffer beträgt mithin 50%.

Die schönen Seiten der Loser

Interessant können aber auch Bonus-Zertifikate sein, bei denen die Barriere bereits verletzt wurde – vorausgesetzt man hat diese nicht schon vorher besessen. Sie verwandeln sich nämlich in Rabattpapiere, weisen gegenüber Discount-Zertifikaten jedoch einen Vorteil auf: „Discount-Zertifikate bieten in der Regel zwar einen höheren Rabatt als nur die rechnerisch richtig abgezogene Dividende, doch bei gefallenen Bonus-Engeln gibt es keine Gewinnbeschränkung. Deshalb sind sie für Anleger manchmal die bessere Wahl“, so Florian Roebbeling vom Institut für Zertifikate-Analyse (IZA) in einem „Handelsblatt“-Interview. Eine weitere Eigenschaft dieser in Ungnade gefallenen Papiere könnte in den kommenden Monaten noch interessant werden: Der Käufer solcher Papiere sichert sich automatisch die Dividende, denn der Rabatt entspricht genau der prognostizierten Ausschüttung – auch wenn diese später reduziert oder ganz ausfallen sollte.

Fazit

Im aktuellen Niedrigzinsumfeld bieten sich Bonusprodukte mit hohen Sicherheitspuffern und kurzen Restlaufzeiten als Alternative zu Festgeld & Co. an. Konservative Anleger bevorzugen hierbei Zertifikate renommierter Emittenten mit DAX oder EURO STOXX als Basiswert.