Das große Online-Spiel
Online Gaming, soziale Netzwerke und Videoportale haben sich zu einem milliardenschweren Geschäft entwickelt. Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht dabei der geplante Börsengang von facebook. Auch andere Internet-Aktien lassen die Herzen der Spekulanten wieder höher schlagen. Doch wohl nirgendwo sonst liegen exorbitante Gewinne und Pleiten so nah beieinander.

Die erfolgreichen IPOs des amerikanischen Business-Netzwerks LinkedIn, des chinesischen facebook-Pendants Renren und der russischen Suchmaschine Yandex entfachten im letzten Jahr einen neuen Internet-Hype. Die Euphorie um die anstehende Erstnotiz des berühmtesten Newcomers facebook heizt den Appetit der Investoren auf Internet-Aktien in der Zwischenzeit weiter kräftig an. Groupon, Yelp und Zynga nutzten diese Situation geschickt aus und boxten am Markt exorbitante Bewertungen durch.
Explosive IPOs
Der Kurs des Business-Netzwerks LinkedIn explodierte am ersten Tag regelrecht. Zeitweise betrug das Plus mehr als 170%. Die Aktien waren zu 45 US-Dollar ausgegeben worden, das Hoch lag bei 122,7 US-Dollar. Aktuell notieren die Titel bei gut 100 US-Dollar. Dies entspricht einer Bewertung von 10 Mrd. US-Dollar. Dabei lag der 2011er-Umsatz gerade einmal bei 522 Mio. US-Dollar. Dies war jedoch keineswegs der einzige erfolgreiche Börsengang eines Online-Unternehmens im letzten Jahr. Bereits im Mai 2011 wagte sich der chinesische facebook-Konkurrent Renren an die Börse und wurde aus dem Stand mit rund 5 Mrd. US-Dollar bewertet. Die Erstnotiz lag mit mehr als 20 US-Dollar um fast 50% über dem Ausgabepreis. Seitdem hat sich der Titel jedoch deutlich verbilligt (–75%) und notiert aktuell bei rund 5,30 US-Dollar. Die Tatsache, dass das Unternehmen selbst im guten vierten Quartal 2011 nur rund 33 Mio. US-Dollar Umsatz erzielte, scheint dann doch einige Börsianer stutzig gemacht zu haben. Auch die Aktien der russischen Suchmaschine Yandex bescherten ihren Zeichnern am ersten Börsentag ein Plus von 55%. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2011 erzielten die Russen einen Umsatz von 622 Mio. US-Dollar. Das operative Ergebnis kletterte um 46% auf rund 218 Mio. US-Dollar. Obwohl die Aktie in den letzten zwölf Monaten Abschläge von fast 40% verkraften musste, liegt die Marktkapitalisierung auf dieser Basis noch immer bei 7,8 Mrd. US-Dollar. Im November nutzte mit Groupon ein weiterer Shootingstar die Gunst der Stunde und legte ebenfalls einen fulminanten Start hin.
Die Party geht weiter
Das Portal für Rabattgutscheine sammelte gut 700 Mio. Dollar ein und sorgte bei den Altaktionären für eine vorweihnachtliche Bescherung: Die Erstnotiz lag um gut 50% über dem Ausgabepreis von 20 US-Dollar. Im Gesamtjahr 2011 verbuchte der Konzern bei 1,6 Mrd. US-Dollar einen Verlust in Höhe von 351 Mio. US-Dollar. Der Kurs der Titel fiel in den letzten Wochen um gut 34%. Dennoch liegt die Marktkapitalisierung derzeit noch immer bei rund 11 Mrd. US-Dollar. Auch für die Anleger erfreulich war hingegen der Börsengang des Spieleherstellers Zynga. Die Titel konnten seit dem IPO im Dezember kontinuierlich zulegen – zwischenzeitlich beträgt das Plus satte 44%. Die Marktkapitalisierung beträgt aktuell fast 10 Mrd. Euro. Auch dieser Titel ist jedoch kein Schnäppchen: In den ersten neun Monaten 2011 verdiente Zynga rund 30 Mio. US-Dollar bei einem Umsatz von etwa 830 Mio. US-Dollar. Dass die Stimmung trotz dieser exorbitanten Bewertungen weiterhin gut ist, unterstreicht der Börsengang der amerikanischen Bewertungsplattform Yelp: Die Erstnotiz lag um mehr als 60% über dem Ausgabepreis der Aktien von 15 US-Dollar.
Google vs. facebook
Trotz des Hypes um facebook & Co. bleibt Google das Vorzeigeunternehmen der Internet-Branche. Kein anderes Unternehmen ist ähnlich profitabel und noch dazu in der Lage, seine Gewinne Jahr für Jahr deutlich zu steigern. 2011 lag der Gewinn bei über 12 Mrd. Euro. Zum Vergleich: 2009 waren es erst 8,4 Mrd. Euro. Das KGV liegt heute bei nur 15. Im Vergleich zu den oben genannten Titeln ist Google damit deutlich niedriger bewertet. Anhand dieser Zahlen wird auch deutlich, dass facebook der einzige Wert ist, der in einer ähnlichen Liga spielt: Das Netzwerk wächst ähnlich rasant und erzielte 2011 bei einem Umsatz von 3,7 Mrd. US-Dollar einen Gewinn von 1 Mrd. US-Dollar. In den USA hat der Anbieter Google zudem als die am häufigsten besuchte Webseite abgelöst. Weil sich die Nutzer im Unterschied zur Web-Suche mit ihren persönlichen Daten registrieren, viele weitere Informationen offenlegen und mit dem Freundeskreis auch ihr soziales Umfeld preisgeben, verfügt facebook über einen Datenschatz, der seinesgleichen sucht. Die 2,7 Mrd. US-Dollar Gewinn, die Google für das vierte Quartal 2011 meldete, scheinen da nur ein Vorgeschmack auf die zukünftige Profitabilität facebooks zu sein. Schließlich sind dort bereits über 845 Mio. Menschen registriert und durch die weiter steigenden Nutzerzahlen wird das Netzwerk jeden Tag wertvoller.
Profiteure nicht immer profitabel
Die oben vorgestellten Börsenneulinge sind also vor allem Profiteure eines Hypes, den andere ausgelöst haben. Die bisherigen Kursverluste bei der Mehrzahl der Börsenneulinge dürften angesichts der bestehenden Diskrepanz zwischen Gewinnen auf der einen und der Bewertung auf der anderen Seite daher noch nicht ihr Ende erreicht haben. Die aussichtsreichsten Firmen sind neben facebook die jeweiligen Marktführer in den großen Emerging Markets. Wirklich interessant für Anleger sind nämlich nur jene sozialen Netzwerke und Plattformen, die über eine dominante Marktposition verfügen und diese auch in Gewinne ummünzen können. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Denn in Sachen Qualität bestehen zwischen den einzelnen Firmen enorme Unterschiede. Während Renren und Groupon beispielsweise noch rote Zahlen schreiben, handelt es sich bei Alibaba.com, Baidu und Tencent um echte chinesische Ertragsperlen, an denen die westlichen Konkurrenten nicht vorbeikommen.
Die Alternativen im Überblick
Tencent ist mit einem Börsenwert von über 50 Mrd. US-Dollar einer der dominierenden Internet-Konzerne Asiens. Seine Umsätze erwirtschaftet das hochprofitable Unternehmen vor allem im Bereich Online-Spiele, die sich in China enormer Beliebtheit erfreuen. Das Geld fließt jedoch nicht nur in das operative Geschäft, sondern auch in Beteiligungen. So ist man unter anderem mit rund 10% an Mail.ru beteiligt. Das russische Unternehmen ist nicht nur das mit Abstand größte Internet-Unternehmen Russlands, sondern besitzt auch selbst einige äußerst interessante Beteiligungen. Am wichtigsten dürften wohl die 2,4% an facebook sein. Hochinteressant sind auch die Alibaba-Gruppe und der Suchmaschinenbetreiber Baidu. Zu Alibaba gehören nicht nur das größte B2B-Portal des Landes, sondern auch der eBay-Konkurrent Taobao und der Online-Payment-Provider Alipay. Demgegenüber stellt Baidu mit einem Marktanteil von rund 66% die mit Abstand größte Suchmaschine des Landes. Nach einer Übernahme auf dem chinesischen Markt zogen jedoch zuletzt auch die Kurse der Internet-Papiere im Reich der Mitte wieder kräftig an. Eine günstige Einstiegsgelegenheit sieht daher trotz der zweifellos guten Substanz- bzw. Wettbewerbsposition anders aus.
Fazit
Auch wenn facebook & Co. die hochgesteckten Erwartungen in den kommenden Jahren erfüllen können, bleibt festzuhalten, dass Internet-Werte gemessen am KGV derzeit wieder so teuer sind wie zu Hochzeiten des Neuen Marktes: Bei LinkedIn liegt das KGV bei über 800. Groupon schreibt sogar noch Verluste. Die Rechnung für das Platzen der Dotcom-Blase bezahlten damals die Privatanleger. Die Chancen, dass sich dies rund zehn Jahre später wiederholt, stehen angesichts solcher Zahlen nicht schlecht.