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Der IT-Faktor

Unter dem Motto „Rethink your Business“ wird in der kommenden Woche die Cebit 2013 eröffnen. Aber auch für die IT-Branche, die sich ob der vielen neuen Technologien und Entwicklungen eigentlich die Hände reiben müsste, liegen Freud und Leid eng beieinander. Wir stellen Ihnen die wichtigsten Trends vor.

BÖRSE am Sonntag

Mobile, Cloud, Big Data, Social Media beziehungsweise Social Business und nicht zuletzt das Internet der Dinge – die Bandbreite neuer Trends und Technologien ist kaum noch zu überblicken. Kein Wunder, dass die Branche optimistisch in die Zukunft blickt: Für 2013 rechnet der Branchenverband Bitkom mit einem Plus von 1,6%. Doch der Markt kennt auch Verlierer.

Chinesen auf dem Vormarsch

Der vielzitierte Absturz von Nokia war erst der Beginn des Umbruchs. Im vierten Quartal 2012 schoben sich die beiden – hierzulande kaum bekannten – chinesischen Hersteller Huawei und ZTE unter die Top 5 der absatzstärksten Smartphone-Hersteller weltweit. Nach Meldungen der Marktforschungsfirma IDC belegen Huawei und ZTE mittlerweile Rang 3 beziehungsweise Rang 5 hinter Samsung (1) und Apple (2). Die japanische Sony belegte in dem Ranking den vierten Platz. Nicht mehr unter die Top 5 haben es damit HTC, LG Elctronics, Nokia und Research In Motion, der Hersteller der Blackberry-Geräte, geschafft. Der Umstand, dass die beiden chinesischen Anbieter so schnell in die Spitzengruppe vorstoßen konnten, ohne in den USA und Europa bislang richtig vertreten zu sein, unterstreicht noch einmal die Dynamik des Marktes. Dass Letzterer in seiner Bedeutung häufig noch immer unterschätzt wird, zeigt sich an den neuesten Umsatzzahlen.

Nur wer mobil ist, gewinnt

Wie das Handelsblatt in der vergangenen Woche berichtete, gaben die Deutschen 2012 erstmals mehr Geld für Smartphones aus als für TV-Geräte! Laut einer Studie der Gesellschaft für Unterhaltungselektronik (gfu), kletterte der Umsatz mit den kleinen Alleskönnern im vergangenen Jahr auf 6,8 Mrd. Euro. Zum Vergleich: Der Umsatz mit Fernsehern stagnierte bei ca. 6 Mrd. Euro. Die wichtigsten Treiber für die IT-Branche bleiben damit die Nachfrage nach mobilen Endgeräten (Smartphones, Tablets), deren Verknüpfung mit der bestehenden IT-Infrastruktur (Connectivity) und den dafür passenden mobilen Anwendungen (Mobile Computing). Es ist daher kein Wunder, dass auch die Liste der weltweit umsatzstärksten IT-Unternehmen mit Samsung und Apple von den Firmen angeführt wird, die bei Smartphones und Tablets die Nase vorn haben. Doch damit nicht genug: In seiner Eröffnungsrede auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas ließ Salesforce-CEO Marc Benioff  keinen Zweifel daran, dass das Zusammenwachsen der verschiedenen IT-Bereiche für die Industrie einen entscheidenden Umbruch bedeutet.

Abstieg der alten Garde

Neben Nokia und RIM gerieten im Zuge dieser Entwicklung auch IT-Riesen wie Hewlett-Packard (HP) und Dell in Turbulenzen. Deren traditionelles Brot-und-Butter-Geschäft mit Desktop-PCs ist seit Jahren rückläufig und auf zukunftsweisenden Geschäftsfeldern, wie beispielsweise dem Markt für mobile Endgeräte oder im Bereich Cloud Computing, spielen die beiden US-Firmen keine Rolle. Dies lässt sich auch an den Börsenkursen ablesen: Für HP ging es in den letzten zwölf Monaten um fast 25% abwärts – bei Dell beträgt das Minus trotz Übernahmefantasien knapp 20%. HP hat damit innerhalb von nur fünf Jahren fast 60% seiner Marktkapitalisierung verloren. Macht man sich nun bewusst, dass HP und Dell nach Umsatz zu den zehn größten IT-Unternehmen der Welt zählen, wird deutlich, dass Benioff mit Umbruch nicht übertrieben hat. Dass davon nicht nur die Hardware-Hersteller betroffen sind, zeigt ein weiterer Konzern aus den Top 10: Microsoft. Die Firma, deren Name für viele ein Synonym für den Durchbruch der Software-Branche ist, leidet ebenfalls unter einem schleichenden Bedeutungsverlust. Weil weder auf Smartphones, noch auf Tablets das Betriebssystem des Konzerns einen nennenswerten Marktanteil erreichen konnte, erodiert das Kerngeschäft. Auch für das einstmals den Markt dominierende Office-Produkt gibt es inzwischen innovativere und vor allem günstigere Alternativen. Die Microsoft-Aktie hat in den letzten zwölf Monaten fast 14% eingebüßt.

Die Meister der Daten

Ein weiterer großer Name dieser Unternehmensgeneration – Cisco Systems – wird zwar nicht vom Technologiewandel – wohl aber von günstigeren Konkurrenten bedroht. Auch in diesem Bereich sind Huawei und ZTE die Herausforderer. Richtig rund läuft es dagegen bei den Unternehmen, die sich auf Software für Unternehmen und Cloud-Services spezialisiert haben:  SAP avancierte mit neuen Produkten und Diensten im letzten Jahr kurzzeitig zum wertvollsten Unternehmen Deutschlands. Aktuell liegen die Walldorfer – vor Siemens – auf Platz 2 hinter Volkswagen. Die Aktie kletterte auf Sicht der letzten zwölf Monate um 18% und konnte damit den ewigen Konkurrenten Oracle hinter sich lassen. Beide Werte dürften sich nach Ansicht zahlreicher Analysten auch 2013 weiterhin positiv entwickeln. Ebenfalls im Bereich Datenspeicherung und Big Data aktiv sind EMC und NetApp. Die beiden Aktienhaben jedoch in den letzten zwölf Monaten deutlich verloren. Möglicherweise zu Unrecht. Die Firmen werden als interessante Spekulation für die nächsten Monate gehandelt.     

Die profitabelsten Tech-Werte

Das einzige Internetunternehmen, das es unter die zehn umsatzstärksten IT-Konzerne geschafft hat, ist bezeichnenderweise Amazon. Der einstmals als digitaler Buchladen gestartete Konzern mischt mit seinen Kindle-Produkten nicht nur im Tablet-Markt kräftig mit, sondern ist auch stark im Cloud Computing vertreten. Nach Apple besitzt das Unternehmen zudem das zweitgrößte integrierte Ökosystem: Sprich die Kombination aus Hardware, Software, Inhalten und Vertriebsweg. Aufgrund hoher Investitionen in die Vielzahl neuer Geschäfte und der Subventionierung der Tablets ist das Unternehmen allerdings bislang kaum profitabel. Ganz im Gegensatz zu Google. Der Suchmaschinenriese schafft es beim Umsatz zwar nicht unter die Top 10 – ist dafür aber hochprofitabel. Mit der Übernahme von Motorola Mobility ist zudem der Eintritt in das Hardware-Geschäft erfolgt. Auch Google möchte schließlich ein eigenes Ökosystem etablieren. Ob dies gelingt, ist jedoch noch nicht abzusehen. Die Abhängigkeit von den Werbeerlösen im Suchmaschinengeschäft bleibt hoch. Weitere Fantasie birgt das Engagement im Bereich selbststeuernder Fahrzeuge. An der Börse scheint man dem Unternehmen noch den ein oder anderen Erfolg zuzutrauen: Seit Anfang März 2012 ging es mit der Aktie um fast 30% bergauf. Mit 265 Mrd. US-Dollar ist Google damit nun deutlich mehr wert als Microsoft (230 Mrd. US-Dollar). Das wertvollste IT-Unternehmen bleibt jedoch - auch nach einem deutlichen Kursrückgang – mit über 400 Mrd. US-Dollar Apple. Und in Sachen Profitabilität dürfte Apple so schnell keiner etwas vormachen.    

Internetstars enttäuschen

Von einer solchen Performance können andere nur träumen. Die hochgehandelten Internetwerte Facebook (-30%),  Groupon (-75%) und Yelp (-10%) haben in den letzten zwölf Monaten für große Ernüchterung gesorgt. Wobei Facebook mit einer Marktkapitalisierung von 63 Mrd. US-Dollar zweifellos nach wie vor in einer Liga mit den ganz Großen spielt. Dem sozialen Netzwerk wird trotz einer deutlichen Erholung in den letzten Monaten im laufenden Jahr von einigen Analysten (u.a. Deutsche Bank; BofA) weiteres Kurspotential zugetraut. Interessanter dürften aber die bereits heute hochprofitablen chinesischen Internetwerte sein: Dazu zählen Tencent, Baidu sowie die Internetkonzerne Sina und Youku Tudou. Um die Risiken eines solchen Investments zu minimieren, bieten sich entsprechende ETFs an.

FAZIT

Die IT-Branche profitiert von den enormen Technologiesprüngen der letzten Jahre. Aus innovativen Technologien haben Firmen wie Apple, Amazon & Co. neue Produkte und Geschäftsmodelle entwickelt. Doch davon können nicht alle profitieren. Von Stockpicking ist daher abzuraten.