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Die Diversifikation ist tot, es lebe die Diversifikation!

Die zurückliegenden Krisen haben eindrucksvoll gezeigt, dass die gängigen Modelle der klassischen Finanztheorie die Wirklichkeit nur unzureichend abbilden. Institutionelle und private Anleger wurden vom kurzzeitigen Versagen der Portfoliodiversifikation kalt erwischt. Warum Streuung trotzdem sinnvoll ist und wie Sie Ihr Vermögen sichern.

BÖRSE am Sonntag

Die Kombination verschiedener Asset-Klassen und ihre jeweilige Gewichtung ist die Hauptaufgabe eines jeden Anlegers. Trotz der berechtigten Kritik an den Risikomodellen der klassischen Finanztheorie hat sich daran bis heute nichts geändert.

Risiken verändern sich

Eine der Grundregeln der modernen Portfoliotheorie besagt, dass durch die Mischung verschiedenster Asset-Klassen das Risiko eines Portfolios entscheidend reduziert werden kann. Es wäre jedoch fahrlässig, die Erkenntnisse, die aus den zurückliegenden Krisen gewonnen wurden, zu ignorieren: „Neben der Änderung der Risikoneigung sowie der grundsätzlichen Risikowahrnehmung haben sich – wie häufig in Finanzkrisen – auch in den Jahren 2007 bis 2010 die Rendite- und Risikoparameter (Korrelationen und Volatilitäten) verschiedener Asset-Klassen erheblich verschoben. Änderungen dieser Parameter können erhebliche Änderungen in der Portfoliodiversifikation zur Folge haben“, so die Fondsgesellschaft Union Investment bereits 2010 in einer Studie. Für Anleger heißt das: Sowohl die generelle als auch die spezifische Risikoeinschätzung ändert sich im Lauf der Zeit – insbesondere in Krisenzeiten. Wer dies nicht beachtet, hat keine Kontrolle mehr über die tatsächlichen Risiken seines Portfolios.

Der entscheidende Zusammenhang

Die Korrelation zweier Assets (Asset-Klassen) wird stets als Zahl angegeben und für eine bestimmte Periode in der Vergangenheit berechnet. Eine Korrelation von 1 bedeutet dabei eine genau gleichgerichtete Entwicklung. Demgegenüber bedeutet eine Korrelation von –1, dass sich die ausgewählten Vermögensgegenstände sich genau entgegengesetzt entwickelt haben. Bei einer Korrelation von 0 gab es keinen Zusammenhang. Wie rasch sich die Korrelationen verändern können, zeigt ein aktuelles Beispiel: „Das Korrelationsniveau zwischen den Industriestaaten und den Emerging Markets betrug im Jahr 2012 73%, heute liegt dieser Wert nur mehr bei 27%“, so Didier Saint-Georges, Mitglied des Investment-Komitees bei Carmignac Gestion. Aktuell – wie auch vor der Finanzkrise – konnte man also aufgrund der relativ geringen Korrelation (0,27) bereits durch die Mischung von Aktien aus den Industriestaaten und den Emerging Markets vermeintlich eine Diversifikation und damit eine Risikoreduktion erreichen.

Buntes Aktienpaket allein ist keine Lösung

In der Krise stießen jedoch Investoren weltweit alle Aktien – ungeachtet ihrer Herkunft – ab. Sowohl Emerging-Markets-Titel als auch beispielsweise amerikanische Blue-Chip-Werte brachen im Gleichschritt ein. Die Streuung über entwickelte Märkte und Schwellenländer erwies sich als trügerisch und bescherte vielen Anlegern hohe Verluste. Doch nicht nur unterschiedliche Aktienmärkte bewegten sich in der Krise plötzlich im Gleichschritt: „Historisch betrachtet führten die Vorteile einer Diversifikationsstrategie zu einem signifikanten Anstieg der Investitionen in Rohstoffe. Die traditionell negative Korrelation gegenüber Aktien kehrte sich im Jahr 2008 – in Folge einer Reduktion der Positionsgrößen und eines Nachfrageeinbruchs – plötzlich dramatisch um“, so die amerikanische Bank JPMorgan in einer im Jahr 2011 veröffentlichten Studie. Ein weiteres Ergebnis der Studie: Bereits in den letzten zehn Jahren (2000–2010) haben sich im Zuge der Globalisierung der weltweiten Finanzmärkte die Korrelationen zwischen unterschiedlichen Asset-Klassen nahezu verdoppelt. Und: Insbesondere die Vorteile einer Diversifikation durch Streuung über verschiedene Aktienmärkte haben laut JPMorgan in den letzten 20 Jahren deutlich abgenommen.

Vorsicht Falle!

Dass sich die Werte nun wieder langsam entspannen – wie die von Didier Saint-Georges genannten Zahlen zeigen – ist daher mit Vorsicht zu genießen. Denn gerade dann, wenn Anleger die risikomindernden Effekte benötigen, dürften sich diese erneut in Luft auflösen: „Zuerst bleibt festzuhalten, dass eine alleinige Anlage in Aktien nicht ratsam ist, da hier nur schwer Diversifikationseffekte zu erzielen sind. Vielmehr ist zu empfehlen, auch andere Asset-Klassen ins Portfolio zu integrieren. Hier empfehlen sich besonders Staatsanleihen, Pfandbriefe oder Immobilien, da sie in Krisenzeiten durchweg eine negative Korrelation zu Aktien aufwiesen“, so das Ergebnis einer Studie des Statistiklehrstuhls der Ruhr-Universität Bochum in Zusammenarbeit mit ihrem Spin-off quasol.

Schwierige Rendite-Risiko-Abwägung

Die aktuelle Entwicklung an den Finanzmärkten – welche die Zinsen an den Bondmärkten auf Rekordtiefs getrieben hat und nun die Aktienmärkte befeuert – hat denn auch wenig mit der Rückkehr von Vertrauen oder Normalisierung zu tun. Vielmehr fungiert die expansive Geldpolitik der großen Notenbanken hier als Preistreiber. Ob die Preise der Vermögensgegenstände im Zuge dieser Entwicklung tatsächlich die zukünftigen Chancen und Risiken der einzelnen Assets widerspiegeln und damit zu einer differenzierten Entwicklung der einzelnen Asset-Klassen führen, darf zumindest bezweifelt werden. Anleger sollten sich daher davor hüten, für eine minimale zusätzliche Rendite überproportional Risiken einzugehen. Das heißt, auch zukünftig ist Streuung Trumpf. Eine gute  Mischung ist gar nicht so schwer zu erreichen.

Einfach, aber erfolgreich

„Die Portfoliotheorie von Markowitz ist richtig, aber sie ist auch schon 60 Jahre alt. Im Laufe dieser Zeit hat man die Theorie immer weiter verbessert, verfeinert und dann wieder verbessert. Die gute Nachricht, das Tolle für Privatanleger ist: Diversifikation funktioniert genauso gut wie komplexe moderne Auswahlverfahren für Wertpapiere“, so Professor Dr. Dr. h. c. Martin Weber in einem Interview.  Die besten Ergebnisse erzielte Weber mit einer Aufteilung von 60% Aktien, 25% Anleihen und 15% Rohstoffen. „Daraus lässt sich ein Index mit einem attraktiven Rendite-Risiko-Profil ermitteln“, so Weber. Analysen der London Business School und der „Wirtschaftswoche“ bestätigten diese Ergebnisse. Anleger, die alle drei Klassen zu gleichen Teilen (jeweils ein Drittel) in ihrem Portfolio berücksichtigten, generierten in der Phase zwischen 2001 und 2012 eine durchschnittliche Jahresrendite von 5,7%. Zum Vergleich: Der DAX allein kommt in diesem Zeitraum nur auf 3,6% – bei einer deutlich höheren Schwankungsbreite.

Diversifikation ist Trumpf

Weil gerade beim Vermögensaufbau die Diversifikation eine wichtige Rolle spielt, sollten langfristig orientierte Anleger aus oben genannten Gründen nicht überwiegend auf Produkte mit Fokus auf deutsche Aktien setzen. Stattdessen dürfen international anlegende Vehikel übergewichtet werden. Mittels ETFs lassen sich die einzelnen Bausteine günstig und vor allem einfach zusammenstellen. So empfiehlt Finanztest beispielsweise unter anderem den db x-trackers MSCI World Index 1c als Basisinvestment. Wer dazu einen globalen Renten-ETF sowie einen Rohstoff-ETF mischt, hat bereits viel erreicht.

Fazit

Durch die Mischung unterschiedlicher Vermögenswerte lassen sich Risiken begrenzen, aber nicht ausschließen. Ein langfristiger Anlagehorizont und eine ausgewogene Streuung über die drei Asset-Klassen Aktien, Renten und Rohstoffe sind dabei nach wie vor der Königsweg. Gerade weil Übertreibungen in einzelnen Segmenten auch in Zukunft nicht ausbleiben werden, führt an Risikostreuung kein Weg vorbei.

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