Down Under oder Überflieger?
<strong><br /></strong>In der Presse erschien Australien zuletzt vor allem wegen der Flutkatastrophe. Dass das Land die globale Wirtschaftskrise fast unbeschadet überstanden hat, wurde hierzulande dagegen kaum wahrgenommen. Dabei bietet das rohstoffreiche Land Investoren eine einzigartige Kombination.

Down Under ist das einzige westliche Industrieland, das die zurückliegende Krise nahezu unbeschadet überstanden hat. Selbst im Krisenjahr 2009 konnte man – entgegen dem globalen Trend – ein Wirtschaftswachstum von knapp über 1% erzielen. Im letzten Jahr lag das Wachstum bei etwas über 3% und in diesem Jahr könnten es bis zu 3,6% werden. Basis des Aufschwungs, der sich bereits seit Anfang der 1990er-Jahre ungebrochen fortsetzt, ist der ungeheure Rohstoffreichtum.
Rohstoffe ohne Ende
Der fünfte Kontinent besitzt unter anderem riesige Vorkommen an Kohle, Eisenerz, Erdgas und Zink. Die fünf wichtigsten Rohstoffexporte Australiens lesen sich dementsprechend: Eisenerz, Kohle, Gold, Rohöl und Flüssiggas (Liquified Natural Gas, kurz LNG). Die Hauptabnehmerländer sind dabei keineswegs die USA oder Deutschland, sondern China, Japan, Südkorea und Indien. Der aufstrebende Subkontinent rückt als Abnehmer immer stärker in den Vordergrund und dürfte die Koreaner bald überholen. Das Land profitiert auf diese Weise direkt vom Aufstieg der Schwellenländer und im Besonderen von der Verschiebung der wirtschaftlichen Gewichte Richtung Asien. Es verwundert daher kaum, dass das Land mit BHP Billiton und Rio Tinto sowohl die Nummer 1 als auch die Nummer 3 der größten Rohstoffkonzerne der Welt stellt. Neben diesen auch hierzulande bekannten Namen gibt es aber eine ganze Reihe an Minen- und Förderunternehmen, die trotz ihrer beachtlichen Größe kaum bekannt sind. Dazu zählen beispielsweise Newcrest Mining, Woodside Petroleum, Fortescue Metals, Centennial Coal, Macarthur Coal und viele weitere.
Der Hype ist vorbei
Allerdings haben die Kurse der Rohstoffkonzerne und der Kohleförderer in den letzten Monaten aufgrund der steigenden Commodity-Preise bereits stark zugelegt. Die Kurse von Macarthur und Centennial kletterten 2010 beispielsweise jeweils um rund 50%. Daher steht zu erwarten, dass, selbst wenn sich der durch China und Indien getriebene Kohle- und Rohstoffboom fortsetzen sollte, mittelfristig ähnliche Zuwächse nicht mehr zu erwarten sind. Die Effekte dürften vielmehr bereits eingepreist sein. Ein Blick auf die Entwicklung der Aktienkurse in der letzten Woche bestätigt diese Einschätzung: Das Statistikbüro der Volksrepublik China meldete für 2010 ein Wachstum von 10,3% und kündigte gleichzeitig Maßnahmen an, um eine Übersitzung zu vermeiden. In der Folge fielen vor allem die Kurse von Rohstofftiteln, da ein solches Bremsmanöver unweigerlich zu einem sinkenden Bedarf und damit letztlich auch zu rückläufigen Preisen bei den Rohstoffen führen dürfte. Bei dem Erzhändler Fortescue Metals summierten sich die Verluste innerhalb von wenigen Handelstagen auf rund 11%.
Steigende Preise, überflutete Minen
Hierbei ist auch zu beachten, dass gerade die australischen Kohleminen aufgrund der Überschwemmungen Produktionsausfälle in Milliardenhöhe zu verkraften haben. Während der Kohlepreis aufgrund der Ausfälle kurzzeitig weiter steigt, verlieren die Konzerne aufgrund der zahlreichen Minenschließungen täglich Geld: BHP Billiton, Rio Tinto, Xstrata, Peabody Coal, Wesfarmers, Macarthur Coal, Anglo American und die Cockatoo Coal haben inzwischen ihre Tätigkeiten in Queensland einstellen müssen. Damit stehen drei Viertel der Kohleminen still.
Bevölkerung wächst dynamisch
Trotzdem sind die Auswirkungen der Jahrhundertflut mittel- bis langfristig nicht negativ. Der Rückgang der Produktion der Zechen in Queensland ist zwar zunächst negativ, aber die Investitionen, die durch die Schäden an Infrastruktur, Firmen- und Wohngebäuden nötig werden, haben längerfristig den gleichen Effekt wie ein Konjunkturpaket. Es ist daher wahrscheinlich, dass das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal etwas schwächer ausfallen wird als zunächst prognostiziert. Im Laufe des Jahres dürfte sich das Wachstum durch die für den Wiederaufbau nötigen Investitionen jedoch beschleunigen. Gestützt werden die langfristigen Aussichten zudem von der hohen Kaufkraft und dem ungewöhnlich hohen Bevölkerungswachstum: Mit rund 2% liegt die Wachstumsrate sogar höher als in Indien (1,4%)!
Banken hui, Immobilien pfui
Die Volkswirte der Economist Intelligence Unit sehen trotz des steigenden Bedarfs am australischen Häusermarkt eine „Mini-Blase“. Allein im ersten Quartal 2010 kletterten die Preise im Vergleich zum Vorjahr um 20%. Von Investitionen in den Immobiliensektor sollte daher zunächst Abstand genommen werden. Bislang hatte die Finanzwirtschaft des Landes mit faulen Krediten allerdings kaum Probleme. Dies ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass die Institute des Landes in der Vergangenheit vergleichsweise wenig internationales Geschäft betrieben haben. Die Banken sind daher solide aufgestellt und haben im Gegensatz zu den meisten europäischen oder amerikanischen Finanzkonzernen keine größeren Ausfallrisiken oder Abschreibungen zu tragen. Die kontinuierlich wachsende Bevölkerung, mehr privat Versicherte und ein größeres Gesundheitsbewusstsein dürften mittelfristig für einen Nachfrageschub im Gesundheitssektor sorgen. Als zukunftsträchtig könnten sich – abseits der in Down Under scheinbar allgegenwärtigen Rohstoffe – Investments im medizinischen Sektor erweisen. Zu den wichtigsten Playern im Gesundheitsmarkt gehören Ansell, CSL, DCA Group und Primary Health Care. Doch es gibt noch eine weitere Wachstumsstory.
Hauptsache flüssig
Seit der Entdeckung eines wirtschaftlichen Verfahrens zur Verflüssigung Ende der 70er-Jahre entwickelt sich der internationale LNG-Handel äußerst dynamisch. In den letzten 50 Jahren haben sich die Kosten für die Verflüssigung, den Transport und die Rückumwandlung in Gas nahezu halbiert und erlauben es, das Flüssigprodukt ab einer Distanz von 3.000 Kilometern kostengünstiger zu transportieren als über Gas-Pipelines. Einer A.-T.-Kearney-Studie zufolge kann beispielsweise lediglich ein Teil des bis 2020 in der Europäischen Union benötigten Importbedarfs über Pipelines herangeschafft werden: „Liquified Natural Gas hat das Potenzial, die entstehende Versorgungslücke zu schließen, und wird sich anteilsmäßig bis 2020 um das Dreieinhalbfache erhöhen“, so die Experten des Beratungshauses in der Studie.
Dazu passend ist das bislang größte australische Rohstoffprojekt eine Flüssiggasanlage. Letztere wird derzeit in Gorgon errichtet und soll ab 2014 jährlich 15 Mio. Tonnen Flüssiggas liefern. Zahlreiche weitere Vorhaben sind geplant. Die Werte Oil Search, Woodside (WKN: 855377) und Arrow Energy (WKN: 578491) sind unter diesem Aspekt mittelfristig interessant.
Gehen Sie aufs Ganze
Angesichts der stark gestiegenen Preise bei Rohstoff- und Immobilientiteln einerseits und dem Bevölkerungswachstum sowie den äußerst positiven gesamtwirtschaftlichen Aussichten andererseits bietet sich im vorliegenden Fall ein möglichst breit gestreuter Einstieg an. Dieser kann beispielsweise mittels einem ETF wie dem db x-trackers S&P / ASX 200 (WKN: DBX1A2) realisiert werden. Der Fonds bildet den Index der 200 größten australischen Unternehmen ab. Das Gros der Basiswerte stammt mit rund 40% aus dem Finanzbereich, Rohstoffe kommen lediglich auf 25%.
Fazit
Im weltweiten Vergleich steht Australien ausgesprochen gut da. Die Kombination aus stabilem finanzpolitischen Umfeld, Rechtssicherheit, Bevölkerungswachstum, Rohstoffreichtum und der Nähe zu den asiatischen Wachstumszentren lassen das Land hochattraktiv erscheinen.