Es lebe der Sport!
In wenigen Tagen beginnt die EM in Polen und der Ukraine. Bald darauf folgt mit den Olympischen Spielen in London gleich das zweite Großereignis. Längst stehen dabei nicht mehr nur die Athleten und ihre Performance im Vordergrund. Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind immens – vor allem für die Sportartikelhersteller.
„Mit der Ausrichtung eines Mega-Events wie der Fußballeuropameisterschaft gerät ein Land, das vorher ein weißer Fleck auf der Landkarte der globalen Wirtschaft war, oftmals erst in das Bewusstsein von Investoren und Konsumenten. Das Land signalisiert Wettbewerbsfähigkeit und Offenheit und erzeugt damit international Aufmerksamkeit“, so Jörn Quitzau von der Berenberg Bank und Henning Vöpel vom Weltwirtschaftsinstitut in Hamburg (HWWI) in einer aktuellen Studie. Doch nicht nur die Länder selbst, auch die großen Sportartikelhersteller wollen von den beiden Mega-Events profitieren. Schließlich ziehen insbesondere bei großen Fußballturnieren die Umsätze mit Fanartikeln wie Trikots, Schuhen und Bällen massiv an. Mit den Olympischen Spielen lassen sich dagegen vor allem die Markenbekanntheit und ein bestimmtes Image befördern.
Wirtschaftsfaktor Sportereignisse
So verkündete beispielsweise adidas kürzlich auf eine Pressekonferenz, dass man die Olympischen Spiele dazu nutzen wolle, um in Großbritannien (UK) die Marktführerschaft zu erringen. Die Herzogenauracher haben angekündigt, 100 Mio. Euro in die Hand zu nehmen, um dieses Ziel zu erreichen: „Spätestens 2015 wollen wir es geschafft haben“, so Herbert Hainer, Vorstandschef der adidas AG. Nicht nur in Großbritannien ist der Kampf um die Vormachtstellung ein Ringen mit dem ärgsten Konkurrenten, dem US-Unternehmen Nike. Mit 16,6 Mrd. Euro Jahresumsatz für 2011 liegen die Amerikaner trotz einer Aufholjagd der Deutschen – auf Basis aktueller Wechselkurse – noch immer deutlich vor der adidas AG mit einem 2011er-Umsatz von 13,3 Mrd. Euro. Die Nummer 3 der Branche, die Puma AG, kommt lediglich auf einen Umsatz von 3,0 Mrd. Euro.
Das Fell ist bereits verteilt
Allen Unterschieden zum Trotz lief es für die drei großen Marken zuletzt mehr als rund: Nike meldete für das erste Quartal ein Umsatzplus von 15%, der Gewinn konnte um 7% gesteigert werden. Beide Werte lagen über den Erwartungen der Analysten. adidas und Puma hatten in Sachen Umsatz bereits vorgelegt. So meldete adidas seine Zahlen für das erste Quartal nicht nur früher als erwartet, sondern konnte mit einem Umsatzwachstum von 17% sowie einem Plus von 30% beim operativen Betriebsgewinn (409 Mio. Euro) auch positiv überraschen. Nach Meinung der Analysten hat sich hier die Euro 2012 bereits positiv auf die Geschäfte ausgewirkt. Der Sportartikelhersteller Puma konnte – nach einem Rekordumsatz im vergangenen Jahr – im ersten Quartal zwar ebenfalls höhere Umsätze erzielen, musste jedoch ein niedrigeres Ergebnis ausweisen: Der Überschuss verringerte sich um etwa 5% auf rund 74 Mio. Euro. Die Analysten hatten hier mit einer Gewinnsteigerung gerechnet. Dennoch zeigte sich Puma-Chef Franz Koch optimistisch: „Aufgrund unseres starken Sportmarketing-Portfolios sind wir optimal vorbereitet, um die Chancen des Sportjahres 2012 bestmöglich zu nutzen und auch unser Umsatzziel von 4 Mrd. Euro im Jahr 2015 zu erreichen.“ Sieht man sich allerdings die Aktienkurse der drei Supersportler an, drängt sich angesichts der Konsolidierung der letzten Wochen der Eindruck auf, dass ein Großteil der Fantasie bereits in den Kursen eingepreist ist.
Der Dauerläufer
Aus Investorensicht könnte es sich daher lohnen, einen Blick auf die Sportfirmen der zweiten Reihe zu werfen. Denn mitunter locken die größten Kursgewinne mit Sportaktien, die wenig bekannt sind – und davon gibt es mehr, als man zunächst vermuten mag. Wer regelmäßig läuft oder der wachsenden Gemeinde der Marathonläufer angehört, dem dürfte die Marke Asics (WKN: 860398) bekannt sein. Die wenigsten Hobbysportler haben sich aber wahrscheinlich die Aktie des japanischen Turnschuhherstellers angesehen. Dabei ist Asics kein junges Unternehmen mehr, sondern seit Jahrzehnten einer der bekanntesten Anbieter von Laufschuhen. In den letzten Monaten kam der Kurs – trotz des Laufbooms – deutlich (–30%) zurück. Anleger sollten eine Bodenbildung abwarten und dann der jüngsten Buy-Empfehlung der Analysten von Sarasin Research folgen. Ganz anders die Aktie des Skiherstellers Head (WKN: 577203). In Sachen Performance ist man auf Sicht der letzten zwölf Monate sprichwörtlich auf Goldkurs: Das Plus liegt bei über 290%! Hinsichtlich der Profitabilität ist das Unternehmen hingegen ein Schlusslicht – Anleger sollten sich daher in Zurückhaltung üben.
Surfausrüster haben die Welle verpasst
Sehr positiv – wenn auch nicht ganz so explosiv – hat sich der Eigentümer von zwei weiteren bekannten Skimarken entwickelt: Die finnische Amer Group (WKN: 870547) erwarb nicht nur die Marke Salomon von adidas, sondern besitzt auch den Konkurrenten Atomic. Und nicht nur im Schnee sind die Finnen spitze: In den letzten zwölf Monaten hat die Aktie des Unternehmens um über 50% zugelegt. Da unter anderem auch noch die Marken Wilson, Mavic sowie Suunto zum Portfolio zählen, ist man keineswegs nur von der Wintersaison abhängig. Mit einer Dividendenrendite von 4,2% macht die Aktie im Depot auch ohne Fußballfantasie eine gute Figur. Apropos Aussehen. Die größten Wachstumstreiber für das Segment sind die Nachfrage asiatischer Konsumenten und die Entwicklung der Sortimente in Richtung sportlicher Mode und Lifestyle. So forciert adidas sein Mode- und Lifestyle-Angebot mit der Einführung einer entsprechenden Marke (Neo) – und der Puma-Mutterkonzern PPR übernahm das kalifornische Sportunternehmen Volcom. Letzterer ist ein Spezialist für Surf- und Skateboard-Bekleidung, der beispielsweise auch Jeans im Angebot hat. Die Kunst dabei ist freilich, den Kern der Marke zu bewahren und die Kompetenz in Sachen Ausrüstung für Profisportler herauszuarbeiten. Auch der amerikanische Anbieter Quicksilver (WKN: 892436) versucht, beides zu verbinden. Das Label ist vor allem als Ausrüster der Surferszene bekannt und nach eigenen Angaben der weltweite Marktführer in diesem Bereich. An der Börse erwischte man in den letzten Jahren jedoch kaum noch die richtige Welle: Seit Mitte 2010 hat sich der Kurs halbiert. Noch schlimmer (–70%) erwischte es den australischen Konkurrenten Billabong (WKN: 941033). Ein Kauf drängt sich in beiden Fällen – trotz der niedrigen Kurse – mangels Perspektive derzeit nicht auf.
Outdoor verleiht Flügel
Starkes Wachstum verzeichnet hingegen seit Jahren der Bereich Outdoor-Mode. Davon kann sich jeder selbst überzeugen, indem er beim Bummel durch eine deutsche Innenstadt die Zahl der mit Jack Wolfskin hochgerüsteten Familien bewundert. Da die Marke nicht börsennotiert ist, bleibt jedoch nur der Rückgriff auf den Konkurrenten Columbia (WKN: 912855). Die Amerikaner sind einer der wenigen börsengelisteten und zugleich weltweit tätigen Anbieter in diesem Bereich. Nach einer Konsolidierungsphase scheint die Aktie zuletzt wieder den Weg nach oben einzuschlagen. Ein ähnliches Chartbild zeigt die Aktie des japanischen Konzerns Descente (WKN: 863921). Letzterer besitzt mit arena, Avia sowie Babolat ein breites Portfolio und versucht seit einigen Monaten, die Outdoor-Marke Marmot in Deutschland zu etablieren. Gelingt es den Japanern, in diesem Markt Fuß zu fassen, könnte die Aktie zum neuerlichen Sturm auf den im letzten Jahr erreichten Gipfel ansetzen.
Fazit
Wer angesichts von EM und Olympischen Spielen auf die großen Sportaktien setzen möchte, hat den Zug wohl bereits verpasst. Trösten können sich Anleger mit einem Blick auf die zweite Reihe. Titel wie Descente, Amer und Asics dürften kurzfristig sportlicher unterwegs sein. Wer einen etwas längeren Anlagehorizont mitbringt, ist auch mit adidas gut ausgerüstet.