Essen und Trinken geht immer
<span>Dass sich mit dem Verkauf von Lebensmitteln Geld verdienen lässt, daran besteht kein Zweifel. Weil bei Nahrung, Waschmitteln und Seife zuletzt gespart wird, gelten Nestlé & Co. als krisenfestes Investment. Das heißt jedoch nicht, man die Aktien der Konsumgüterriesen blindlings kaufen kann. Gefahr droht ausgerechnet aus den größten Wachstumsmärkten.</span>
Die Produkte der Nahrungs- und Konsumgütergiganten wie Nestlé, Coca-Cola und Procter & Gamble (P&G) sind so begehrt, dass die Unternehmen auch in konjunkturellen Schwächephasen noch wachsen können: „In einer Rezession verzichten Haushalte zwar auf die Anschaffung eines neuen Autos oder eines neuen Fernsehers, sie essen und trinken aber weiterhin und halten sich und ihre Wohnung sauber“, so Armin Kogge, Leiter Private Banking beim Bankhaus Ellwanger & Geiger in einem Interview mit der „Financial Times“. Bei Anlegern waren die Aktien zuletzt deshalb sehr begehrt.
Wachstumsstory bleibt intakt
So konnte beispielsweise P&G den Gewinn im soeben beendeten zweiten Geschäftsquartal 2012/13 im Vergleich zum Vorjahr von 1,69 Mrd. US-Dollar (USD) auf 4,06 Mrd. USD steigern. Der Quartalsumsatz des Riesen stieg um 2% auf 22,2 Mrd. USD. Der Konkurrent Unilever vermeldete für das abgelaufene Geschäftsjahr gar einen Umsatzanstieg von 10,5% auf 51,3 Mrd. USD. Der weltgrößte Nahrungsmittelhersteller Nestlé erzielte in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2012 ein Umsatzplus von 11% auf 67,6 Mrd. Schweizer Franken (CHF). 2010 war die Branche laut der Studie „FMCG 2011“ der Strategieberatung OC&C Strategy Consultants insgesamt um 7,9% und 2011 um 8,1% gewachsen: „Die Konsumgüter-Champions sind bislang gut durch die Krise gekommen. Allerdings ist abzusehen, dass sich das vergleichsweise starke Wachstum nicht unbegrenzt fortsetzen wird. Haupttreiber des Wachstums bleiben nach wie vor die Schwellenländer, während in den gesättigten Märkten die Entwicklung innovativer Produkte und die Bedienung neuer Trends im Vordergrund stehen“, so Chehab Wahby, International Managing Partner bei OC&C Strategy Consultants und Co-Autor der Studie.
Nahrungsmittelaktien gut gelaufen
Doch nicht nur das operative Geschäft hat sich gut entwickelt, auch die Aktienkurse kannten in den letzten drei Jahren vielfach nur eine Richtung. So legten die Titel von Nestlé (WKN: A0Q4DC) um über 52% zu, Papiere von Coca-Cola (WKN: 850663) um 46%, Unilever (WKN: A0JMZB) um 37% und P&G (WKN: 852062) um immerhin 25%. Die Titel von Kraft Foods kommen nach einem Konzernumbau inklusive Aufspaltung und Namenswechsel zu Mondelez International (WKN: A1J4U0) mit +50% ganz nahe an Nestlé heran. Wirklich spannend wird es jedoch, wenn man die Entwicklung weltweit betrachtet. Schnell wachsende regionale Player sind nämlich mittlerweile in der Lage, den westlichen Konzernen Paroli zu bieten. Sowohl beim Wachstum und erst recht bei der Börsenperformance: So stieg beispielsweise das Ergebnis des Tiger-Beer-Produzenten Asia Pacific Breweries (APB) in den vergangenen zehn Jahren jeweils um fast 20%. Kein Wunder also, dass Heineken vor wenigen Wochen alles daran setzte, den Brauer zu übernehmen. Der Versuch des Konzerns AB Inbev die mexikanische Brauerei Grupo Modelo (WKN: 896259) zu übernehmen, bescherte den Titeln auf Sicht der letzten 36 Monate einen Anstieg von 85%.
Die zehn größten Konsumgüterhersteller
Weitere Beispiele für erfolgreiche heimische Player finden sich mit dem brasilianischen Fleischproduzenten JBS oder dem mexikanischen Backwarengiganten Grupo Bimbo einerseits in Lateinamerika – zunehmend aber auch in China und Südostasien. Das zeigt sich nicht zuletzt auch daran, dass in den vergangenen Jahren bereits einige etablierte Unternehmen wie Sarah Lee, Beiersdorf oder Campbell aus der Rangliste der 50 größten Konsumgüterhersteller verdrängt wurden. Die zehn größten Konsumgüterhersteller waren im Jahr 2011 laut OC&C Strategy Consultants die Schweizer Nestlé AG mit einem Umsatz von 106,9 Mrd. USD, gefolgt von Procter & Gamble (USA) mit 82,6 Mrd. USD, PepsiCo (USA) mit 66,5 Mrd. USD, Unilever (UK/Niederlande) mit 64,7 Mrd. USD, Kraft Foods (USA) mit 54,4 Mrd. USD, Coca-Cola Company (USA) mit 46,5 Mrd. USD, der weltgrößte Bierbrauer AB InBev (Belgien) mit 39,0 Mrd. USD, JBS (Brasilien) mit 35,2 Mrd. USD, Archer Daniels Midland (USA) mit 32,7 Mrd. USD und Tyson Foods (USA) mit 31,2 Mrd. USD Umsatz. Das einzige deutsche Unternehmen in den Top 50 ist Henkel – auf Rang 42.
Die Märkte der Zukunft
Mit Brasil Foods auf Platz 23, Marfrig Group (Platz 32) und der Grupo Bimbo auf Platz 40 der Rangliste wird der Vormarsch der Herausforderer eindrucksvoll sichtbar: „Trotz der bereits getätigten Akquisitionen konnten die FMCG-Champions in vielen der neuen Märkte keinen Boden gegenüber den lokalen Anbietern gutmachen. Um hier den Anschluss nicht zu verpassen, müssen die etablierten Spieler ihr Wachstum in den BRIC-Staaten und Afrika noch aggressiver als bislang vorantreiben“, erklärt Ludwig Voll, Partner bei OC&C und ebenfalls Co-Autor der Studie. Tatsächlich haben sich die einstigen Entwicklungsländer in einigen Bereichen bereits zu den wichtigsten Absatzmärkten überhaupt gemausert: Wer hätte vor 20 Jahren gedacht, dass Brasilien im Jahr 2011 der drittgrößte Markt für Kosmetika und Damenparfums sein würde? Und dies ist erst der Anfang: Für die Top-Manager der Handels- und Konsumgüterbranche ist China der weltweit wichtigste Markt, wie die Umfrage des 15th Annual Global CEO Survey 2012 von PriceWaterhouse Coopers (PwC) belegt. Bereits im Jahr 2015 könnte China die Vereinigten Staaten als den größten Lebensmittelmarkt weltweit ablösen und das Marktvolumen auf über 1 Mrd. Euro nahezu verdoppeln.
Das Beste aus beiden Welten
Für Privatanleger ist die Auswahl geeigneter Unternehmen mit Sitz in Brasilien, China oder Thailand allerdings kaum zu bewerkstelligen. Dazu kommt: Laut der Fondsgesellschaft M&G sind etliche Konsumgüterhersteller aus den Schwellenländern bereits überbewertet: Die Branche liegt laut M&G mittlerweile im Schnitt 80% über dem MSCI Emerging Market Index und 30% über ihrem historischen Durchschnitt. Wer dennoch auf Direktinvestments setzen möchte, greift zu Unternehmen mit Sitz im Westen und einem hohen Umsatzanteil in den Schwellenländern. Dieses Kunststück gelingt beispielsweise dem Brauereikonzern SAB Miller, der aus der Fusion einer südafrikanischen und einer US-amerikanischen Brauerei hervorging und deshalb Afrika zu seinen größten Absatzmärkten zählt. Aber auch Nestlé erwirtschaftet bereits 40% des Konzernumsatzes in Wachstumsregionen, Unilever kommt bereits auf einen Anteil von 50%. Bei der Kaffeehauskette Starbucks (WKN: 884437) dürfte Asien im vergangenen Jahr schon für einen Umsatzanteil von 10% stehen und einen Ergebnisbeitrag von mehr als 13% liefern, so die Schätzungen der Experten von JPMorgan. Weil sich die Verschiebung in Richtung Asien in den kommenden Jahren weiter verstärken wird, rechnen die Analysten für die kommenden Jahre mit jährlichen Wachstumsraten von mehr als 20%. Das hat seinen Preis: An der Börse verteuerten sich die Starbucks-Anteile in den letzten 36 Monaten um 161%. Besonders stark vertreten ist im Reich der Mitte auch das Fast-Food-Konglomerat Yum! Brands (WKN: 909190). Zu dem Unternehmen zählen Ketten wie Kentucky Fried Chicken (KFC), Pizza Hut und Taco Bell und mit 3.700 KFC-Filialen hat der Konzern in China heute mehr als doppelt so viele Filialen wie McDonald’s.
Konsumfonds mit Schwellenländerfokus
Eine andere Variante, um gezielt vom Wachstum des privaten Konsums in den Schwellenländern zu profitieren, stellen entsprechende Fonds dar. Neben dem mittlerweile häufig genannten Fidelity China Consumer Fund A (WKN: A1JH3J) sind auch der konsumorientierte Schwellenländerfonds Baring Global Emerging Markets Fund (WKN: 933592), der Henderson Horizon Asian Dividend Income Fund (WKN: A0LA7R) sowie der Nordea-1 Emerging Consumer Fund (WKN: A0RASQ) einen Blick wert.
Fazit
Konsumorientierte Fonds mit Fokus Schwellenländer sind en vogue. Anleger sollten jedoch zu Produkten greifen, die nicht zu stark auf einzelne Regionen festgelegt sind beziehungsweise Firmen mit Sitz in den USA oder Europa – und gleichzeitig hohem Umsatzanteil in den Schwellenländern – bevorzugen.