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Express-Zertifikate - schnell und sicher soll es sein

Die weitere Entwicklung der Kapitalmärkte abzuschätzen war selten so schwierig wie heute. Die Staatsschuldenkrise – und mit ihr das Risiko heftiger Fieberschübe – wird uns wohl noch über einen längeren Zeitraum begleiten. In diesem Umfeld sind sichere Anlagen mit kurzer Kapitalbindungsdauer erste Wahl. Express-Zertifikate erfüllen diese Anforderungen spielend.

BÖRSE am Sonntag

Bundesanleihen gelten, ob des Vertrauens in die Solvenz des deutschen Staates und ihrer Liquidität, als einer der wenigen verbliebenen sicheren Häfen. Es ist der letztere Punkt, der gerade für Großanleger – trotz der Minimalverzinsung – den Ausschlag gibt. Neben der Gewissheit hier auf kurze Sicht in jedem Fall kein Geld zu verlieren, können sie auch noch so große Beträge in Sekundenbruchteilen in Bankguthaben zurückverwandeln. Auch Privatanleger sollten in der derzeitigen Situation Kapitalmarktprodukte meiden, bei denen das Ersparte längerfristig fest gebunden wird.

Nervosität befeuert Zertifikate

Um die durchschnittliche Verzinsung zu erhöhen, können Anleger – neben ausgewählten Staatsanleihen – den kleineren Teil ihres Vermögens in dividendenstarke Blue Chips und bestimmte Zertifikate investieren. Besonders interessant: Weil die Konditionen Letzterer in vielen Fällen von einem Anstieg der Nervosität an den Märkten profitieren, steigen Anleger in solchen Phasen nicht nur vergleichsweise günstig ein, sondern agieren gleichzeitig auch antizyklisch. Es ist daher kein Wunder, dass das Umsatzvolumen bei den Anlagezertifikaten im Mai, laut Meldung des Deutschen Derivate Verbandes (DDV), mit einem Plus von 12,4% deutlich angezogen hat. Schließlich erklomm das Fieberthermometer, der VDAX New, mit Werten deutlich jenseits der 30-Punkte-Marke, parallel dazu sein bisheriges Jahreshoch. Mit einem Umsatzplus von über 38% fiel der Anstieg bei Express-Zertifikaten überproportional stark aus. Höchste Zeit also, sich ihre Funktionsweise genauer anzusehen.  

Interessantes Risiko-Rendite-Profil

Wie der Name der Papiere bereits erwarten lässt, geht es bei dieser Struktur vor allem um Geschwindigkeit. Die Mechanik der Papiere soll dafür sorgen, dass der Anleger sein investiertes Geld – zuzüglich einer attraktiven Bonuszahlung – möglichst schnell zurück erhält. Darüber hinaus sind die Papiere aber mit einem Risikopuffer in Form einer Sicherheitsschwelle ausgestattet. Die Kombination aus Teilschutz und Rendite macht das Konstrukt in seinen defensiven Ausprägungen gerade derzeit besonders interessant. Als defensiv werden hierbei Varianten bezeichnet, bei denen ein hoher Sicherheitspuffer eingebaut ist, die Barriere lediglich am Ende der Laufzeit in Kraft tritt und der Anleger die maximale Rendite bereits dann vereinnahmen kann, wenn der Basiswert über dieser Schwelle notiert.

Schnell und sicher unterwegs

Damit die Kapitalbindungsdauer möglichst kurz ausfällt, ist eine Voraussetzung zu erfüllen: Der zugrunde liegende Basiswert muss an einem von mehreren Beobachtungsterminen auf oder über seinem Startniveau notieren. Ist dies der Fall, endet die Laufzeit sofort vorzeitig und der Anleger bekommt sein investiertes Kapital plus die vereinbarte Bonuszahlung ausbezahlt. Notiert der Basiswert hingegen unter dem Startniveau, kommt die Sicherheitsschwelle ins Spiel: Wird diese nicht gerissen, verlängert sich die Laufzeit – und das Verfahren wiederholt sich. Wichtig: Die entgangenen Bonuszahlungen gehen nicht verloren, sondern werden nachgeholt, wenn die Schwelle an einem späteren Beobachtungstermin überschritten wird. Gefährlich wird es erst, wenn auch dieses Sicherheitsnetz durchbrochen wird: Dann nämlich muss der Anleger die Verluste des Basiswertes in voller Höhe tragen.

Die Defensivkünstler

Unter defensiven Gesichtspunkten sind derzeit beispielsweise die Deep-Express-Zertifikate der LBBW (z. B. WKN: LB0MCE) oder die Easy-Express-Zertifikate der WGZ Bank interessant. Das vorgenannte Produkt der Schwaben mit einem Ausgabepreis von 101 Euro bezieht sich auf den EURO STOXX 50, hat eine maximale Laufzeit bis zum 22. Juli 2016 und einen Sicherheitspuffer von 40%. Einmal jährlich – zum ersten Mal am 19. Juli 2013 – wird der Indexstand mit einer zunächst bei 95% des Startwertes festgelegten Schwelle verglichen. Notiert der Index zu diesem Zeitpunkt höher, wird das Zertifikat sofort fällig und der Anleger erhält eine Rückzahlung in Höhe von 108 Euro. Liegt der Index niedriger, verlängert sich die Laufzeit um ein weiteres Jahr und der Rückzahlungsbetrag steigt um 8 Euro. Dabei sinkt die Schwelle Jahr für Jahr bis schließlich auf 60% des Startwertes im Jahr 2016. Am Ende der Laufzeit muss der Index – bei dieser Produktserie – lediglich über der letzten Schwelle von 60% und nicht über dem zuvor geltenden Auszahlungslevel notieren, damit der Anleger die maximale Rückzahlung in Höhe von 132 Euro erhält. Ist auch dies nicht der Fall, hat der Anleger die Verluste des Index 1 : 1 zu tragen.

Chancen und Risiken der Basiswerte abwägen

Da die großen Indizes weniger stark schwanken als Einzelwerte, empfiehlt es sich, auf Produkte mit einem entsprechenden Basiswert zu setzen. Im Mai lag der Anteil der Express-Zertifikate, die sich auf einen Index beziehen, dementsprechend auch bei 83%. Am häufigsten wird hierbei der EURO STOXX 50 gewählt und erst an zweiter Stelle der DAX.

Um die Chancen und Risiken einordnen zu können, sollten Anleger einerseits einen Blick auf die Höchst- und Tiefststände der letzten fünf Jahre werfen: Von seinem Rekordhoch bei rund 4.560 Punkten ist der EURO STOXX 50 mit rund 2.300 Punkten gut 50 % entfernt, der Abstand zum Tief von rund 1.810 Punkten beträgt dagegen lediglich 21%. Papiere mit einem Sicherheitslevel bei 40% des aktuellen Indexniveaus scheinen daher mehr als ausreichend abgesichert. Demgegenüber ist der DAX lediglich um rund 20% von seinem 5-Jahres-Hoch bei 8.100 Punkten entfernt. Der Tiefststand dieser Periode bei 3.660 Punkten liegt hingegen um gut 43% unter dem aktuellen Niveau. Das Rückschlagpotenzial des DAX ist bei dieser Betrachtungsweise also deutlich größer als das des europäischen Bruders. Andererseits handelt es sich beim DAX aber im Gegensatz zum EURO STOXX 50 um einen Performance-Index und die Berücksichtigung der Dividenden wirkt sich über längere Zeiträume erwiesenermaßen positiv aus.

Je schneller, desto besser

Zumindest in der aktuellen Situation darf der Unterschied in der Behandlung der Dividenden im Falle der Express-Zertifikate jedoch vernachlässigt werden. Denn Produkte, die bereits längere Zeit am Markt sind, besitzen in aller Regel ein attraktiveres Chancen-Risiko-Verhältnis als die Neuemissionen. Das ist zum einen in den Vertriebsprovisionen begründet, die sich bei und kurz nach der Emission negativ bemerkbar machen. Zum anderen lässt sich durch den Rückgriff auf gebrauchte Papiere aber auch die maximale Laufzeit steuern. Darüber hinaus gibt es Produkte mit besonders kurzer Laufzeit wie die Easy-Express-Zertifikate. Letztere zeichnen sich gegenüber der klassischen Variante durch eine Laufzeit von maximal einem Jahr verknüpft mit nur einem einzigen Beobachtungstag aus.

Auf die Ausgestaltung achten

Auch bei den Express-Strukturen steigt die Anzahl der Ausprägungen. Anleger sollten daher genau prüfen, in welchem Zeitraum der Sicherheitslevel eine Rolle spielt, ob der Puffer am Ende nur den Nennbetrag oder auch die Bonuszahlungen schützt und ob die Auszahlungsschwelle konstant ist oder sinkt. Bei einigen Varianten (z. B. Memory-Express-Zertifikate) wird zudem die Zahlung der Prämie und die Rückzahlung des Nominalbetrages entkoppelt.

Fazit

Insbesondere die defensiven Express-Strukturen nach klassischem Muster sind in der aktuellen Situation ein interessantes Investment. Durch den Rückgriff auf Express-Zertifikate mit kurzer Laufzeit und hohem Puffer lassen sich bei überschaubarem Risiko Renditen von rund 5% bis 6% p. a. erzielen. Im aktuellen Umfeld gehören die schnellen Papiere damit unter Risiko-Rendite-Gesichtspunkten zu den interessantesten Angeboten am Markt.