Geliebt, gehasst, aber mit Sicherheit erfolgreich
Kapitalschutz-Zertifikate sind am Markt nicht unumstritten. Insbesondere Produkte mit hundertprozentiger Absicherung gelten unter Experten als unnötig und zu teuer. Doch bei den Anlegern stehen die Papiere hoch im Kurs. Nicht zu unrecht – wie ein Blick auf die Performance zeigt.
Die letzten Jahre waren kein einfaches Umfeld für Kapitalanleger. Mit den Schlagworten Niedrigzinsphase, Finanz- und Bankencrash, weltweite Rezession sowie Staatsschulden- und Euro-Krise lassen sich die Ereignisse der vergangenen Jahre in wenigen Worten zusammenfassen. Parallel dazu ist die Zahl der als sicher geltenden Anlageformen geschrumpft. Bei Deutschen Anlegern steht das Dreigestirn aus Gold, Immobilien und Bundesanleihen zwar nach wie vor ganz oben auf dieser Liste – doch bei näherer Betrachtung haben auch diese Anlageformen bereits an Glanz verloren.
Sichere Anlagen verzweifelt gesucht
Gold und Immobilien in guten Lagen sind bereits enorm teuer – Bundesanleihen werfen so gut wie keine Rendite ab. Dazu kommt: Im April mussten Verbraucher für Produkte und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs 2,1% mehr zahlen als noch vor einem Jahr. „Damit liegt die Inflationsrate bereits seit Februar 2011 über der 2%-Marke“, so das Statistische Bundesamt jüngst in einer Mitteilung. Unter Berücksichtigung der Inflation ist daher zumindest bei Bundesanleihen nicht einmal mehr der Kapitalerhalt gewährleistet. Letzterer ist aber das Mindestziel vermögender Anleger. Wohin also mit dem Vermögen, wenn Gold keine und Immobilien nur noch Magerrenditen abwerfen? Aktien bieten demgegenüber eine Beteiligung am Produktivkapital und eignen sich deshalb als Schutz vor Geldentwertung. Doch aufgrund der starken Schwankungen scheuen gerade viele deutsche Anleger ein Engagement an der Börse. Kein Wunder, dass gerade diese Klientel auf Produkte anspricht, die eine Partizipation an den Chancen des Aktienmarktes oder hohe Zinszahlungen versprechen und gleichzeitig den vollen Kapitalschutz in Aussicht stellen. Doch genau das bieten sogenannte Kapitalschutzprodukte.
Kapitalschutzprodukte immer beliebter
Das Kapitalschutzversprechen greift bei diesen Papieren regelmäßig erst am Ende der Laufzeit. Zu diesem Zeitpunkt erhalten die Anleger in der Regel mindestens ihr eingezahltes Kapital zurück. Zusätzlich partizipiert der Anleger in einem bestimmten Verhältnis an steigenden Kursen des zugrunde liegenden Basiswerts. Ein solches Modell scheint vielen Anlegern offensichtlich sehr attraktiv: Das spiegelt sich in der Entwicklung der Marktanteile wider. Laut der vom Deutschen Derivate Verband (DDV) veröffentlichten Statistik zum Marktvolumen im März 2012 stecken mittlerweile fast 70% des Geldes, das Anleger in Zertifikate investiert haben, in Produkten mit vollständigem Kapitalschutz. Damit hat sich der Marktanteil dieser besonders konservativen Produktgattung innerhalb der letzten fünf Jahre mehr als verdoppelt: Auf dem Gipfel des Zertifikatebooms, im September 2007, lag ihr Anteil bei lediglich einem Drittel. Insgesamt hatten die Deutschen im März rund 61,5 Mrd. Euro in dieser Kategorie veranlagt, die sich aus strukturierten Anleihen und klassischen Kapitalschutz-Zertifikaten zusammensetzt.
Schutzmechanismus zahlt sich aus
Dass sich dieser Hang zur Sicherheit ausgezahlt hat, zeigt ein Blick auf den von der European Derivatives Group berechneten Benchmark-Index für Kapitalschutz-Zertifikate: Seit Auflage im Januar 2006 erzielte der Kapitalschutz-Index eine jährliche Rendite von +2,6%. Damit wird der Index mittelfristig eindeutig seiner Aufgabe gerecht, vor Verlusten zu schützen, denn im Vergleichszeitraum musste der Basiswert EURO STOXX 50 einen jährlichen Verlust rund 6% hinnehmen. Darüber hinaus lag die Volatilität beim Kapitalschutzindex mit gerade einmal 2,1% deutlich unter jener der Benchmark (EURO STOXX 50: 26,1%). Auch mit einzelnen Produkten sind Anleger gut gefahren. Wer beispielsweise 2009 das PSD VarioZins Garant Produkt erwarb (WKN: AK0EMG) konnte sich an jedem der jährlichen Termine (2010, 2011, 2012) über eine attraktive Ausschüttung in Höhe von 6% freuen. Kumuliert liegt die Performance des Papiers – das an die Entwicklung von zehn europäischen Blue Chips gekoppelt ist – damit bislang bei +20%. Demgegenüber hat die Benchmark, der EURO STOXX 50, im gleichen Zeitraum um gut 11,4% verloren. Während Anleger beim DZ-BANK-Produkt am Ende der Laufzeit (05/2014) ihren Kapitaleinsatz zu 100% zurückerhalten, müssen Investoren, die ihr Geld in den Index gesteckt haben, sogar noch darum zittern. Allerdings darf nicht verschwiegen werden, dass das Konstrukt des PSD VarioZins komplex ist.
Transparenz geht vor Absicherung
Abhängigkeiten von mehreren Aktien sind vorab nur schwer abzuschätzen. So hätten Anleger bei diesem Produkt in einzelnen Jahren nur 1% ausgezahlt bekommen, falls nur eine Aktie – an mindestens einem der zwölf jährlichen Bewertungstage – unter 55% des Startniveaus gefallen wäre. Für Privatanleger ist die Wahrscheinlichkeit eines solchen Szenarios kaum einschätzbar. Dass es auch einfacher geht, beweist Goldman Sachs mit einem Anfang Februar aufgelegten Produkt, das sich auf den EURO-STOXX-50-Kurs-Index bezieht (WKN: GS87DN). Das Papier mit knapp fünf Jahren Laufzeit ermöglicht eine Beteiligungsrate von 110% ohne Cap und – natürlich – einem vollständigen Kapitalschutz zum Laufzeitende (12/2016). Mittlerweile notiert das Zertifikat rund 10% unter seinem Emissionspreis. Da das Papier in jedem Fall zu 100 Euro zurückgezahlt wird, sichern sich Anleger, die das Papier heute kaufen – neben einer Partizipation an möglichen Kursgewinnen – daher in jedem Fall eine Verzinsung von rund 1,6% p. a. Doch wie ist so eine Konstruktion möglich – und wo liegt der Haken?
So funktioniert der Kapitalschutz
Um überhaupt ein kapitalgarantiertes Produkt generieren zu können, investiert der Emittent den größten Teil des eingezahlten Kapitals in eine Nullcouponanleihe (Zerobond). Auf diese Weise stellt er sicher, dass am Ende der Laufzeit mindestens das eingezahlte Kapital wieder zur Verfügung steht. Der Preis dieser Anleihe ist aber nicht immer gleich, sondern abhängig vom aktuellen Zinsniveau sowie der Laufzeit der Anleihe. Da sich der aktuelle Wert eines Zerobonds aus der Abzinsung seines Rückzahlungsbetrages ergibt, ist dieser umso niedriger, je höher das Zinsniveau liegt. Sind die Zinsen zum Zeitpunkt der Auflage dagegen vergleichsweise niedrig, kostet der Zerobond entsprechend mehr. Fehlt noch die Partizipation. Zu diesem Zweck wird das restliche Kapital in Call-Optionen auf den jeweiligen Basiswert angelegt. Die Optionskomponente wird nun wiederum stark durch die Volatilität beeinflusst. Je höher die Schwankungen, desto teurer die Optionen und desto niedriger die Partizipationsrate.
Kleine Stellschrauben mit großer Wirkung
In der aktuellen Niedrigzinsphase können daher kaum Zertifikate konstruiert werden, die bei einem hundertprozentigen Kapitalschutz auch eine hundertprozentige Partizipation ermöglicht hätten. Um trotzdem eine möglichst hohe Partizipationsrate ausweisen zu können, wird daher bei den anderen Ausstattungselementen gespart. So wurde bei einigen Produkten der maximale Gewinn durch die Einführung eines Caps begrenzt oder das Sicherheitsniveau heruntergesetzt. Zudem greifen Emittenten in einem solchen Umfeld gerne – wie bei dem oben genannten Produkt von Goldman Sachs – auf die performanceschwächeren Kursindizes als Basiswerte zurück oder glätten die Partizipation indirekt über eine Durchschnittsberechnung.
Fazit
Bei der Auswahl von Kapitalschutzprodukten sollten nicht nur die aktuellen Neuemissionen verschiedener Emittenten miteinander verglichen werden, sondern auch ältere Papiere miteinbezogen werden. Nicht von ungefähr raten die Zertifikate-Spezialisten des Analysehauses Scope Analysis zudem: „Anleger sollten sich von den glänzenden Konditionen nicht blenden lassen. Vor dem Kauf ist nüchtern zu betrachten, wann das Produkt nicht nur gut schützt, sondern auch Gewinne abwirft.“ Ist das nicht der Fall, sind Tagesgeldkonten die bessere Wahl.